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Die Depressionsfalle

Die Depressionsfalle

Titel: Die Depressionsfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien> , Alfred Springer
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sind, und zweitens alles, was der Therapeut sagt, daraufhin zu erforschen, ob es im Interesse des Patienten oder im eigenen Interesse geschieht, d. h. ob es aus eigener Konflikthaftigkeit erwächst oder aus dem Bestreben, eigene Bedürfnisse – z.B. Neugier – zu befriedigen. 30 Dies alles bedeutet keineswegs eine Einschränkung des empathischen Entgegenkommens des Therapeuten – im Gegenteil: mit technischer Neutralität wird Achtung und Wertschätzung den Patienten gegenüber ausgedrückt.
Was bedeutet Widerstand?
    Es mag befremdend klingen, aber so sehr depressive Patienten mit Sicherheit ihren Zustand schlecht ertragen und sich mit Sicherheit eine Besserung wünschen, so sehr hängen sie aber auch an dieser Situation, und immer wieder, ohne dass sie das bewusst möchten, arbeitet irgendetwas in ihnen gegen eine Heilung, gegen eine Besserung. Es scheint so zu sein, dass das vertraute Leid leichter zu ertragen ist als die Unsicherheit, was einen dann erwarten möge. Offensichtlich scheint es auch so zu sein, dass viele Depressive die Tatsache, dass es auch gute Tage im Leben gegeben hat, völlig vergessen haben. Die Summe aller dieser teils bewussten, aber auch sehr unbewussten Einstellungen und Aktivitäten wird als Widerstand bezeichnet.
    Widerstand ist Abwehr, ausgedrückt in der Übertragung. Diese Abwehr kann die Behandlung einerseits sehr beeinträchtigen, aber andererseits, wenn vom Therapeuten richtig erkannt, auch letztlich für den Fortschritt der Behandlung wichtig sein. Natürlich muss derTherapeut sich fragen, ob ein Fehler gemacht, etwas übersehen oder überhört worden ist, und der Patient zurecht irritiert ist. Wenn dem nicht so ist, empfiehlt es sich, den Widerstand als solchen anzunehmen. Die Formulierung „sich am Widerstand entlangzutasten“ sagt am besten aus, wie damit umgegangen werden soll. Die Schwierigkeit besteht darin, den Patienten dabei zu helfen, auf eine auf Heilung ausgerichtete Weise mitzuarbeiten, ob durch Widerstand oder anders. Der Widerstand kann sich auf das Denken („alles, was Sie da sagen, ist Unsinn, Sie verstehen mich nicht“), auf Gefühle (Patient reagiert in der Sitzung wütend, zornig, ohne dass es dazu wirklich einen Anlass gibt) und auch auf das Verhalten beziehen (Patienten kommen immer wieder zu spät, sagen Sitzungen ab, ohne dass sie einen nachvollziehbaren Grund dafür angeben).
    Die unten gezeigte Übersicht aus der „psychotherapeutischen Werkstatt“ soll eine Vorstellung davon vermitteln, wie einzelne Merkmale (Symptome) der Depression die Aufmerksamkeit der Psychotherapeuten auf die seelischen Konflikte lenken, die dieser Symptombildung zugrunde liegen. So kann man sich vorstellen, wie die Theorie und ihre praktische Anwendung im psychoanalytischtherapeutischen Prozess miteinander verbunden sind.
Beispiele für Merkmale (Symptome) der Depression und jeweils dazupassende Themen der psychotherapeutischen Interventionen:
Symptomatik
Themen der therapeutischen Interventionen
Narzisstische (selbstverliebte) Leere
Selbstwertgefühl – Identität – „Wer/was bin ich, werde ich morgen sein; wie, glaube ich, erleben mich andere?“
Objektsucht/Objektscheu
Angst vor und gleichzeitig Wunsch nach Verschmelzung mit Objekt (Therapeut); Verschlucken versus Verschlucktwerden. Die Selbstablehnung der Depressiven kann durch analoge Einstellung des Partners verstärkt werden → Paartherapie erforderlich.
Trennungsangst
Wichtige andere werden als Verstärkung des Selbst benützt; Alleinsein bedeutet immer Verlassensein; Trauer scheint unmöglich.
Ausrichtung auf Ordnung
Sadistisches Gewissen, Selbstvorwürfe, Tendenz zur Perfektion; Milderung der Schuldangst, Armutserleben relativieren; Cancerophobie ernst nehmen.
Depression und Schmerz
Hilflose Resignation.
    Körperempfindungen verstehen und erklären, physiologische Begleitmuster der Affekte, Wirkungsweisen der eingenommenen Psychopharmaka und Nebenwirkungen erklären.
    Welche sprachliche Formulierung und welchen Zeitpunkt der Psychotherapeut für die Mitteilung des (auf Grund der Theorie) sich anbietenden Zusammenhanges wählt, hängt von der momentanen Situation des betreffenden Patienten und von der Art und Qualität der therapeutischen Beziehung (Übertragung) ab. Das Ziel dieses Vorgehens besteht darin, den Patienten zu helfen, sich selbst zu verstehen und damit ein bestimmtes

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