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Die Depressionsfalle

Die Depressionsfalle

Titel: Die Depressionsfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien> , Alfred Springer
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Zustandsbildern und wirkt irgendwie auch bei schweren psychopathischen Depressionen.“ 43
    Ab 1939 bemühte sich die Firma Smith, Kline & French, das rechtsdrehende Isomer des Amphetamin (Dextroamphetamin) zu vermarkten. Diese Substanz wurde schließlich 1942 patentiert und ab 1944 unter dem Firmennamen Dexedrine auf den Markt gebracht. Zu den vorgeschlagenen Anwendungsbereichen des Arzneimittels zählten „milde Depressionen“. Dieser Indikationsbereich grenzte Dexedrin von Benzedrin ab, das in Fällen von „reaktiven abnorm depressiven Verstimmungen“ indiziert war. Insofern sind die Amphetamine die ersten Arzneimittel, die direkt als Antidepressiva vermarktet wurden. Im Jänner 1941 bewarb Smith, Kline & French auch das alte Benzedrin als Antidepressivum („Particularly appropriate in depressive states“). Der Begriff Antidepressivum selbst tauchte dann erstmals 1947 auf und bezog sich auf ein Kombinationspräparat aus Benzedrin und einem Schmerzmittel, bevor 1948 Dexedrin in der Firmenwerbung zum „Antidepressivum der Wahl“ wurde.
    Man muss diese Werbungsslogans als Reaktion auf den wachsenden Markt an Arzneimitteln auf Amphetaminbasis verstehen. 1943 hatte die Firma Abbott Methamphetamin unter dem Namen Desoxyn auf den Markt gebracht. Die Substanz wurde damit beworben, dass sie stärker wirksam sei als Amphetamin, ihre Wirkung rascher eintrete und länger anhalte und dass sie weniger Nebenwirkungen auslöse. Desoxyn und das später von Burroughs Wellcome auf den Markt gebrachte Methedrine wurden als „Appetitzügler“ und nicht direkt als Antidepressiva beworben, aber nichtsdestoweniger in der Psychiatrie mit der Indikation Depression zum Einsatz gebracht.
    Der französische Psychiater Jean Delay, der in Paris in führender Position in die Entwicklung der medikamentösen Behandlung depressiver Leidenszustände involviert war, beschrieb 1949 die beiden Wege, auf denen man die Behandlung der Depression betreiben könne. Er folgte in seiner Darstellung dem traditionellen Schema der Wirkprinzipien Dämpfung und Erregung. Delay schrieb, dass das Barbiturat Amytal „psycholeptisch“ wirke. Es führe zu einer Reduktion der psychischen Spannung und unterdrücke den psychologischen Tonus. Dagegen übe Methamphetamin eine „psychagoge“Wirkung aus. Es steigere die innerseelische Spannung und wirke als Stimulans. Beide Substanzen seien geeignete Antidepressiva, besonders geeignet für die Behandlung des „depressiven Stupors“, und zwar auf verschiedenen Wegen: Amytal schwächt die Angst ab und erlaubt es dem Patienten, depressive Inhalte und Vorstellungen zu äußern, während Methamphetamin die Angst steigert und damit die Produktion dieser Vorstellung erzwingt. 44
    Auf Seiten der Pharmaindustrie wurden weiterhin die Amphetamine als Ausgangssubstanz für gewinnversprechende Innovationen benutzt. Mit dem Medikament Dexedrine, das auf d-Amphetamin-Sulfat basiert, brachte Smith, Kline & French 1952 das erste Arzneimittel, dessen Wirkung zeitversetzt freigesetzt wird, auf den Markt. 1955 erschien eine Therapiestudie, die den Stellenwert des Methamphetamin als Antidepressivum festschrieb. Gerald Rudolph, ein erfahrener Psychiater, berichtete über die teils stationäre, teils ambulante Behandlung von 219 Patienten in Bristol. 82 Prozent dieser Fälle zeigten eine Verbesserung ihres Zustands, von diesen wieder die Hälfte eine merkliche. Dementsprechend zog Rudolph den Schluss, Methamphetamin sei das „Arzneimittel der Wahl“ in diesen Fällen. In einem Editorial der bedeutenden medizinischen Zeitschrift
The Lancet
wurde daraufhin festgestellt: „Für die Behandlung der Depression hat sich der Wert der Amphetamine nunmehr etabliert.“ 45
Ritalin – ein spezielles Amphetamin
    Ab 1954 wurde dann auch Methylphenidat (Ritalin), ein enger Verwandter des Amphetamin, als Antidepressivum empfohlen. Die Substanz war bereits 1944 in den Laboratorien von CIBA von Leandro Pannizon entwickelt worden und genoss den Ruf eines milden Stimmungsaufhellers. Der Name Ritalin leitet sich vom Vornamen der Frau von Pannizon ab, die die Substanz im Selbstversuch eingenommen und eine angenehm anregende Wirkung verspürt hatte. Später sagte sie, dass sie Ritalin regelmäßig eingenommen hätte, bevor sie ein Tennismatch spielte. CIBA vermarktete die Substanz ab 1954 in der Schweiz als

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