die Detektivin in Jeans
Gerechtigkeit?“
Ruhwedel nahm die
Herausforderung nicht an. „Wir bemühen uns, fair zu sein und unsere Bürger zu
schützen. Das gilt auch für einen Tatverdächtigen“, erwiderte er kalt.
Inspektor Panke mischte sich
jetzt ein. Sandra hörte ihn sagen: „Frau Siegmund, Sie gaben an, daß Torsten
Holtkamp seit einem Jahr nicht mehr in Ihrem Lokal gewesen ist, und daß Sie
nach Ihrer Eheschließung mit Herrn Siegmund einige bauliche Veränderungen
vorgenommen haben...“
„Wir haben nur die Wände täfeln
und die Fenster vergrößern lassen“, warf Maria ein.
„Und eine neue Getränkevitrine
eingebaut“, ergänzte ihre Mutter.
„Ist an dem Sicherungskasten
für die Lichtleitungen etwas geändert worden? Befand er sich früher schon zwischen
Vitrine und Tür?“
„Ja, natürlich! Er war immer
da. Nur sitzt er jetzt mehr im Winkel, weil die Vitrine vergrößert worden ist.
Dadurch wird er etwas verdeckt“, sagte Frau Siegmund.
„Der Täter muß also über genaue
Ortskenntnisse verfügen“, überlegte Ruhwedel. „Hatte Ihr Mann Feinde?“
Na, endlich nimmt er die
richtige Spur auf! dachte Sandra. Doch die Wirtin wehrte sich empört gegen
diesen Verdacht. „Mein Mann ist ein freundlicher, umgänglicher und
verträglicher Mensch. Wer mit ihm Streit bekommt, muß es schon sehr darauf
anlegen.“
„Man hat oft Feinde, ohne daß
einem dies bewußt ist, und ohne daß man etwas dafür kann. Geschäftsneider...
persönliche Rivalen... Ihnen ist aber nichts Derartiges bekannt?“ fragte
Ruhwedel.
„Nein, bestimmt nicht“,
erwiderte Frau Siegmund, und ihre Stimme klang pikiert.
„Mit einigen Gästen hat er sich
manchmal schon ziemlich angelegt“, sagte Ingo.
„Was redest du denn da?
Natürlich gibt es hin und wieder Ärger beim Feierabendbieten. Es sind immer
einmal Gäste da, die unbedingt weitertrinken möchten. Gerd ist aber immer
höflich geblieben. Das wißt ihr“, wies seine Mutter ihn zurecht.
„Und der Lohnkellner? Ihr Mann
hat ihn entlassen, nicht wahr?“ fragte Panke.
„Wir haben ihm ordnungsgemäß
und fristgerecht gekündigt“, erklärte Frau Siegmund.
„Kommen wir also nochmals auf
den fraglichen Abend zurück“, sagte Ruhwedel.
Doch Maria unterbrach ihn. „Ich
muß zu meinen Gästen!“
„Es dauert nicht mehr lange.
Bitte, gedulden Sie sich noch einen Moment. Oder besser — wir kommen mit Ihnen.
Ich möchte mich drinnen noch einmal umsehen“, sagte Ruhwedel.
Sandra, die annahm, daß sie
durch die Innentür in die Gaststube gingen, wagte sich die letzten Stufen
hinunter, um die Lokalbesichtigung und das weitere Gespräch an der Tür zwischen
Flur und Gaststube zu belauschen.
Doch da öffnete sich die
Küchentür in den Flur.
„Bist du oben schon fertig,
Sandra?“ fragte Frau Siegmund.
Sandra drehte ihr Gesicht ins
schützende Halbdunkel des unteren Flurdrittels, das nur vom Oberlicht der
Hoftür erhellt wurde, und sagte hastig: „Das Staubtuch ist mir in den Hof
gefallen.“
Im Hinauslaufen hörte sie
Ruhwedel fragen: „Jemand aus Ihrer Familie?“
„Nein“, erwiderte Frau
Siegmund. „Nur eine Schülerin. Sie verdient sich in den Ferien ein bißchen
Taschengeld mit Gelegenheitsarbeiten .“
Sandra atmete auf. Da hatte sie
ja noch einmal Glück gehabt. Ruhwedel schien sie nicht erkannt zu haben.
Sie wartete eine Weile, bis sie
sicher sein konnte, daß die Gesellschaft in der Gaststube verschwunden war.
Sie getraute sich jetzt nicht
mehr zu lauschen. Schnell ging sie nach oben und setzte ihre Putzarbeit fort.
Am Abend erlebte sie zu Hause
eine Überraschung.
Ihre Mutter war im Dienst auf
dem Fernmeldeamt. Sandra machte es sich vor dem Fernsehapparat im Wohnzimmer
bequem. Nach der anstrengenden und ungewohnten Arbeit im „Anker“ war sie müde
und zu weiteren Unternehmungen weder aufgelegt noch fähig. Sie hoffte jedoch,
Joschi würde herüberkommen, um den Abend mit ihr zu Hause zu verbringen.
Sie streifte ihre Schuhe ab und
zog die Füße auf den Sessel.
Da klingelte das Telefon.
Sandra ging barfuß zum Telefon,
um den Hörer abzuheben.
Ihre Großmutter war am Apparat
und überschüttete Sandra mit einem Schwall von Fragen und Vorwürfen. „Was
machst du denn wieder für Sachen, Sandra? Weiß deine Mutter davon? Kind, du
bringst dich noch um Kopf und Kragen! Daß du immer so eigenmächtig handeln
mußt. Wenn dir nun mal etwas passiert...!“
Sandra, zunächst völlig
verdutzt, fand endlich ihre Sprache wieder. „Was ist denn los, Oma?
Weitere Kostenlose Bücher