die Detektivin in Jeans
erhitzte Pflaster des
Bahnhofsvorplatzes glitzerte im heißen Mittagslicht. Es erschien Florian
Seibold zu heiß für Susis Pfoten.
Er nahm den Hund auf den Arm
und wandte sich nach rechts, wo der Bürgersteig an einem Drahtzaun
entlangführte, der die Gleisanlagen von der Straße trennte.
Nach etwa 200 Metern traten die
Gleise mehr und mehr zurück. Schließlich waren die Bahnhofsanlagen zu Ende. Der
Drahtzaun wurde von einem Bretterzaun abgelöst, hinter dem ausgeschlachtete
Autowracks sichtbar wurden, die über den Zaun hinausragten.
Auf einem rostigen, verbeulten
Blechschild stand zu lesen: Heinz Fischer — Gebrauchtwagen — Autoverleih.
Florian Seibold sah sich am
Ziel.
Doch er hatte den dringenden
Wunsch, sich vor der Unterhaltung mit dem Autohändler eine Weile auszuruhen. Er
schwitzte, und er war erschöpft.
Etwa 30 Meter weiter sah er auf
der anderen Straßenseite eine Frau mit einem Kinderwagen und zwei Kindern, die
einen Ball und kleine rote Eimer trugen. Sie kamen aus einem von hohen
struppigen Sträuchern umgrenzten Rondell.
Florian Seibold vermutete dort
einen Kinderspielplatz mit Bänken.
Er trug Susi an der
Firmeneinfahrt vorbei und ging zu dem Rondell, um zu verschnaufen.
Der Platz war leer bis auf
einen alten Mann, der auf einer der beiden Bänke saß.
Florian Seibold setzte Susi ab,
die laut bellend das Gestrüpp zu durchsuchen begann, trocknete mit seinem
Taschentuch seine schweißnasse Stirnglatze und nahm neben dem Mann auf der Bank
Platz.
Der Alte schien froh,
Gesellschaft erhalten zu haben. Er neigte sich zu Florian Seibold hinüber und
fing sogleich ein Gespräch mit ihm an.
„Heiß heute, nicht?“ meinte er.
Und als Florian Seibold dies kopfnickend bestätigte, fügte er hinzu: „Es müßte
mal wieder richtig regnen.“
Auch dieser Ansicht pflichtete
Florian Seibold kopfnickend bei, denn er war vom Gehen mit Susi auf dem Arm
ganz außer Atem.
„Sie habe ich aber auch noch
nicht in unserer Gegend gesehen. Sind Sie irgendwo zu Besuch?“ forschte der
Mann.
Florian Seibold ließ sich mit
seiner Antwort Zeit.
Er musterte den Nachbarn,
während er umständlich sein Taschentuch zusammenfaltete.
Der alte Mann hatte ein graues,
verwittertes Gesicht und gichtverzogene Hände. Seine Hose war ausgebeult und
voller Flecken. Trotzdem machte er keinen verwahrlosten Eindruck. Die
nachlässige Kleidung deutete eher darauf hin, daß er allein wohnte und niemanden
hatte, der auf ihn achtete und ihn betreute. Vermutlich war er Witwer.
„Ich suche nach einem billigen
Gebrauchtwagen für meinen Enkel“, erklärte Florian Seibold. Sein Enkel war acht
Jahre alt. Aber das wußte der Mann ja nicht.
„Bei Fischer drüben? Haben Sie
was gefunden?“ erkundigte sich der Nachbar.
„Ich dachte, ich sei noch ein
bißchen früh dran. Die Leute werden Mittagspause haben“, gab Florian Seibold
an. Doch im gleichen Augenblick drang lautes Hämmern von dem Firmengelände
herüber.
Der Alte lächelte. „Die kümmern
sich um keine Mittagspause.“
„Das ist aber sehr störend.
Hoffentlich wohnen Sie nicht in der Nachbarschaft?“
„Doch. Gleich hier nebenan, im
Haus hinter den Anlagen.“ Anlagen nannte er das verwahrloste Rondell mit seinen
staubigen, verkümmerten Sträuchern und einem Sandkasten, der kaum noch Sand,
aber jede Menge Hundekot, leere Zigarettenschachteln und Papierfetzen enthielt.
„Tagsüber ist es ja noch
auszuhalten mit dem Lärm von drüben“, fuhr der Mann mitteilsam fort. „Der Rummel
geht erst am Abend richtig los. Und als alter Mensch hat man doch das
Bedürfnis, früh schlafen zu gehen, nicht wahr? Mit den Hühnern ins Bett und
beim ersten Hahnenschrei raus, sagte man bei uns früher auf dem Land.“
Florian Seibold nickte höflich
zustimmend, obwohl er selbst eine andere Zeiteinteilung bevorzugte. Er blieb
meistens bis nach den Spätnachrichten auf, um dann noch ein paar Seiten in
einem Buch zu lesen, und morgens frühstückte er ungern vor acht Uhr.
„Meine Tochter wollte ja, daß
ich zu ihr in die Neubauwohnung in Rehling ziehe, als meine Frau vor zwei
Jahren starb. Aber ich bleib lieber in meinen gewohnten vier Wänden. Ein alter
Baum läßt sich nicht mehr verpflanzen, obwohl hier ja jetzt allerlei Gesindel
wohnt“, erzählte der Alte.
Florian Seibold nickte und
führte dann rasch das Gespräch wieder auf den Gebrauchtwagenhändler zurück.
„Meinen Sie, daß ich da drüben
was Billiges kriege? Soviel bleibt einem ja von der Rente nicht, um
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