die Detektivin in Jeans
Schmortopf auf eine Zeitung
schüttete, einwickelte und das Paket in den Abfalleimer warf.
Einen Vater, der, wie Joschis
Vater beispielsweise, Übriggebliebenes aufgewärmt zum Nachtmahl aß, gab es bei
den Fabers leider nicht. Sandras Eltern waren geschieden.
Sandra betrachtete die Frau an
der Spüle. Manchmal konnte sie einen ja verrückt machen mit ihrer übertriebenen
Fürsorge und so. Mißtrauisch war sie auch. Wollte immer genau wissen, was
Sandra trieb, wenn sie abends allein war und ihre Mutter Nachtdienst hatte.
Nein, leicht hatte Sandra es nicht mit ihr. Aber man konnte sich auf sie
verlassen, und immer zeigte sie sich verständnisvoll.
„Was siehst du mich so an?“
fragte Marlene Faber.
„Ich habe über dich
nachgedacht.“
„Aha! Und was kam dabei
heraus?“
„Daß du ziemlich in Ordnung
bist.“
Ihre Mutter lachte. „Deine
Schmeichelei hat doch sicher etwas zu bedeuten?“
„Ehrlich...“, begann Sandra,
fing jedoch geistesgegenwärtig ihren Protest ab. „Du bringst mich auf eine
Idee! Also, wenn du schon mal fragst...! Die schicke silbergraue Lurexhose, die
ich vorführe, ist irre.“
„Was kostet sie denn?“
„Ich bekomme doch den
Einkaufsgutschein fürs Vorführen“, erwiderte Sandra ausweichend.
„Was sie kostet, habe ich
gefragt.“
„Hundertneunundzwanzig“,
murmelte Sandra kleinlaut.
Ihre Mutter blickte sie nur an.
Und Sandra wußte Bescheid.
Der Einkaufsgutschein im Wert
von dreißig Mark reichte gerade für einen Sommerrock. Sommerröcke konnte Sandra
nicht ausstehen. Sie seufzte. Es blieb also mal wieder bei ihrer
Standardkleidung: Jeans mit Bluse, oder Jeans mit T-Shirt, oder Jeans mit
Rolli.
Sandra versuchte es trotzdem
noch einmal. „Vielleicht legt Oma was drauf?“
„Untersteh dich, sie schon
wieder anzubetteln!“
„Aber die Hose steht mir
wirklich himmlisch. Du mußt mich erst einmal darin sehen.“
„Wenn du dich jetzt nicht
beeilst, führt ein anderes Mädchen sie vor“, warnte ihre Mutter.
Sandra lief mit einem Schrei
zur Tür hinaus und ins Badezimmer.
Sie fönte gerade ihre Haare,
als ihre Großmutter eintraf.
Frau Ansbach lebte draußen vor
der Stadt in einem alten Haus am Fluß. Das Haus gehörte Florian Seibold, einem
siebzigjährigen Rechtsanwalt und Strafverteidiger in Ruhe, dem Frau Ansbach den
Haushalt führte.
Frau Ansbach kam nur selten und
ungern in die Stadt. Sie war ihr zu laut und zu schmutzig. Heute machte sie
eine Ausnahme, um Sandras Auftritt als Mannequin zu bewundern.
Joschi klingelte kurz nach Frau
Ansbach an der Wohnungstür.
Auch er schien gerade seine
Haare gewaschen zu haben. Sie glänzten noch feucht. Entgegen seiner Gewohnheit
war er sauber und ordentlich gekleidet: blaue Hose mit Bügelfalten, blauer
Blazer, weißes, offenes Hemd. Doch sein Gesicht wirkte düster wie ein Regentag
im November.
„Mein Vater hält im Parkverbot.
Ob‚s noch lange dauert, soll ich fragen.“
„Sandra, bist du soweit?“ rief
Frau Faber über den Flur.
Sandra kam aus dem
Schlafzimmer, das sie mit ihrer Mutter teilte. Sie stutzte, als sie Joschis
ungewohnte Kleidung sah.
„Sehe ich aus?“ fragte Sandra
erwartungsvoll.
Joschi fand Sandra immer
hinreißend, denn er war in Sandra verliebt. Sandra schien das allerdings eher
lästig zu finden. Für sie war er leider nur „der Joschi“. Sie brauchte seine
Hilfe bei den Schularbeiten. Sie war an Joschi gewöhnt. Sonst war da nichts.
Trotzdem gab Joschi die Hoffnung nicht auf, Sandra eines Tages mehr zu bedeuten
als nur der , Junge von nebenan“.
Sandra deutete auf ihre großen,
perlmuttfarbenen Ohrclips. „Sie passen zu der silbergrauen Lurexhose, die ich vorführe“,
sagte sie zu ihrer Großmutter, um sie auf den geplanten Angriff auf ihren
Geldbeutel vorzubereiten.
Ihre Mutter durchschaute sie.
„Sandra!“ sagte sie mahnend.
Joschi riß die Korridortür auf.
„Ich lauf schon vor und sag, daß Sie kommen.“
Ausgerechnet
Gesine!
In der Innenstadt herrschte
Hochbetrieb. Joschis Vater quälte sich mit dem Wagen im Schrittempo durch die
verstopften Straßen.
Drei Autos vor ihnen schaltete
die Ampel auf Rot. Sie hielten am Bürgersteig.
„Wir steigen hier aus und laufen
die paar Schritte zu Fuß“, schlug Marlene Faber vor.
Sie gingen durch eine Passage
zur Parallelstraße, in der das Kaufhaus lag, in dem sie erwartet wurden.
Sandra und Joschi erreichten es
vor den beiden Damen und blieben wartend am Haupteingang stehen.
„Ach, herrje!“ sagte Sandra
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