die Detektivin in Jeans
um Gesine sorgte, nicht zu ängstigen.
Sandra fühlte sich schuldig.
Sie wußte, daß sie sich nicht anständig Gesine gegenüber verhalten hatte.
Ich hatte ja auch keine Ahnung,
was tatsächlich mit ihr los ist, verteidigte sie sich vor sich selbst.
Es hat dich aber auch nicht
interessiert, mahnte ihr Gewissen. Du mochtest Gesine nicht und wolltest sie
los sein. Da kam dir der Diebstahl des Himbeergeldes ganz gelegen, weil du
dadurch Grund hattest, endgültig mit Gesine zu brechen. Daß Gesine keine
Freunde hatte, kümmerte dich nicht.
Wo mochte Gesine sein?
Hielt sie sich versteckt? Irrte
sie irgendwo umher? Oder hatte sie sich gar von einer Brücke in den Fluß
gestürzt?
Sandra fühlte Angst und Wut in
sich aufsteigen. Angst um Gesine. Wut über sich selbst, weil sie sich
mitschuldig fühlte. Wut auch über den Erpresser, der Gesine so weit trieb.
„Was mag das bloß für ein
Schwein sein? Ich möchte wissen, wer Gesine erpreßt. Das muß doch rauszukriegen
sein. Einer allein bringt so etwas gar nicht fertig“, sagte Sandra. „Ich höre
mich mal um.“
„Du hältst dich da heraus“,
bestimmte ihre Mutter, die Sandras Unbedachtheit in solchen Dingen fürchtete.
„Das ist Sache der Polizei. Unterstehe dich, auf eigene Faust Nachforschungen
anzustellen. Wenn Gesine eine solche Angst hat, daß sie fortläuft und nicht
einmal jetzt ihre Namen bekannt gibt, steckt eine ganz brutale Bande hinter
dieser Erpressung.“
„Ich habe keine Angst vor
ihnen“, sagte Sandra.
„Bitte, Sandra“, bat ihre Mutter.
„Sei vernünftig. Du weißt, was kürzlich erst wieder in der Zeitung stand. Da
hat man ein Mädchen grundlos auf einem Spielplatz gefoltert. Diese Jugendbanden
sind zu allem fähig. Ich überlebte es nicht, wenn dir etwas passierte.“
„Ach, Mama, reg dich nicht auf.
Ich bin ja vorsichtig. Aber ich kann mich doch einmal umhören und mit Joschi
darüber sprechen.“
Das Telefon klingelte.
Frau Faber lief hinaus und hob
den Hörer ab.
Sandra hörte sie mit Frau
Bollerhey sprechen. Es konnte nur Frau Bollerhey sein, dem Inhalt des
Gespräches nach zu urteilen.
„Ja... Nein, sie weiß nichts.
Die Brosche...? Gesine muß sie gefunden haben. Ach...? Das tut mir leid. Bitte,
regen Sie sich nicht so auf, Frau Bollerhey. Sind Sie denn ganz sicher...? Wie
schrecklich...“
Als Frau Faber in die Küche
zurückkam, sah sie verstört und erschüttert aus. „Du hattest recht mit deiner
Vermutung, Sandra“, sagte sie. „Gesine hat gestohlen. Frau Bollerhey entdeckte
Schmuck in einer Schachtel unter ihrer Wäsche im Schrank. Frau Bollerhey hat
den Schmuck nie an Gesine gesehen. Sie weiß auch nicht, woher er stammt. Er muß
also gestohlen sein, sonst hätte Gesine ihn wohl nicht versteckt. Frau
Bollerhey gestand mir auch, daß ihr Mann verschiedentlich Wechselgeld vermißte,
das er lose in seinen Jackett- und Hosentaschen trug. Er hatte seiner Frau
nichts davon gesagt, weil er Gesine nicht verraten wollte, sich anfangs auch
nicht sicher war, ob er es nicht verloren hatte. Und dann fürchtete er auch,
daß seine Frau sich darüber aufregte. Erst jetzt hat er das bekannt.“
„Gesine hat also regelmäßig
gestohlen? Wo denn? In Kaufhäusern?“
„Hättest du das für möglich
gehalten? Sie ist so still und zurückhaltend.“
Sandra hob die Schultern. „Aber
richtig kennen wir sie nicht. Wer weiß, weshalb ihre Mutter sie tatsächlich zu
ihren Großeltern geschickt hat. Vielleicht war sie zu Hause schon in Diebstähle
verwickelt.“
„Ich finde das alles ganz
furchtbar.“ Frau Faber griff sich an die Stirn. „Man hätte ihr helfen müssen.
Ich verstehe nicht, weshalb ihre Mutter, falls sie davon wußte, nicht eine
Erziehungsberatung aufsuchte. Man kann ein Kind in einer solchen Lage sich doch
nicht einfach selbst überlassen.“
Sie trat zum Schrank und nahm
einen Teller heraus. „Iß mal was, Sandra. Das Kartoffelgulasch ist inzwischen
bestimmt eiskalt.“
„Ich habe keinen Hunger“,
meinte Sandra.
Doch als das Essen vor ihr
stand, langte sie tüchtig zu — bis eine Überlegung ihrer Mutter sie den Löffel
hinlegen ließ.
„Wo mag sie sich bloß mit ihren
Erpressern getroffen haben?“ sagte Frau Faber sinnend.
„Siehst du, es läßt dir auch
keine Ruhe. Aber mich willst du daran hindern, Nachforschungen anzustellen“,
sagte Sandra vorwurfsvoll.
„Weil ich dich kenne und
fürchten muß, daß du dich in Gefahr begibst.“
„Gesine ist leicht
einzuschüchtern. Es muß nicht
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