die Detektivin in Jeans
sagte eine Mitschülerin.
„Die Kekse sind für Gesine. Sie
hat ihre Geldbörse verloren und konnte sich deshalb nichts kaufen. Die Klabusch
meint, sie dürfe jetzt keine fettigen Fritten oder so was essen. Ihr Frühstück
war alles, was Gesine heute hatte.“
„Ich habe noch eine halbe Rolle
Schokogebäck“, sagte Sandra.
„Bringst du es ihr schon mal
rüber? Sie liegt auf der Böschung hinter dem Viadukt. Ich hole was zu trinken.“
Doris lief weiter.
„Also, die ist ja wirklich
doof. Sie hätte sich doch was leihen können“, bemerkte Ingrid.
Gesine war leichenblaß. Kalter
Schweiß stand auf ihrer Oberlippe. Sie hatte Magenschmerzen, und ihren Kopf
schien ein eiserner Ring zusammenzupressen.
Frau Klabusch kniete vor ihr
und rieb ihre Stirn mit einem Erfrischungstuch ab.
Sandra gab Frau Klabusch die
Schokorolle.
Frau Klabusch nahm einen Keks
heraus. „Hier, Gesine, du mußt etwas essen.“
Gesine schüttelte den Kopf.
„Dir ist nur flau. Wenn du
etwas gegessen hast, wird dir besser. Wie kann man auch mit leerem Magen einen
solchen Aufstieg unternehmen, und das auch noch bei dieser Hitze!“ schimpfte
Frau Klabusch. Sie drängte Gesine das Gebäckstück zwischen die Lippen. „Nun sei
vernünftig. Iß!“
Gesine nahm Frau Klabusch den
Keks ab und fing an zu kauen.
„Na also!“ Frau Klabusch
seufzte erleichtert und stand auf.
„Als ich voriges Jahr die
Hungerkur machte, bin ich im Kino zusammengeklappt“, sagte eines der Mädchen.
„Und ganz umsonst, was?“
spöttelte eine Mitschülerin mit einem Blick auf ihre pummelige Figur.
Die anderen lachten.
Doris brachte einen Pappbecher
voll Limonade.
Doch wieder weigerte Gesine
sich zunächst, ihn anzunehmen, obwohl sie halb verdurstet sein mußte. Ihre
Lippen waren rissig vor Trockenheit. „Wem... wem muß ich das bezahlen? Wieviel
kostet‚s?“ erkundigte sie sich schwach.
„Das ist erledigt“, erwiderte Frau
Klabusch. Das Geld für die Limonade stammte von ihr. „Ich verstehe nicht,
weshalb du uns nichts von deinem Mißgeschick gesagt hast. Wir hätten dir doch
etwas von uns abgegeben.“
Frau Klabusch wußte zwar, daß
Gesine wenig Sympathien in der Klasse fand. Doch sie war sicher, daß die
Mitschülerinnen ihre Erfrischungen mit Gesine geteilt hätten.
Gesine nahm den Becher und
leerte ihn, ohne ihn abzusetzen.
Langsam kehrte Farbe in ihr
Gesicht zurück.
„Geht‚s dir jetzt besser?“
fragte Frau Klabusch.
Gesine nickte.
Plötzlich fing sie an zu
weinen.
Die Mädchen starrten sie
betroffen und verlegen an.
„Na, na, na, was soll denn das?
Dazu gibt es doch keinen Grund“, sagte Frau Klabusch tröstend. „Es kann jedem
einmal passieren, daß er schlapp macht. Dafür brauchst du dich nicht zu
schämen.“
Sie scheuchte die Mädchen mit
einer Handbewegung fort. „Geht mal wieder zu den anderen.“
Sandra und Doris wollten sich
ebenfalls entfernen. Doch Frau Klabusch hielt sie zurück. „Bleibt ihr zwei bei
Gesine. Ihr kennt sie ja noch am besten, nicht?“ Sie hatte Gesine früher
manchmal auf dem Schulhof in Sandras Gruppe stehen sehen. Und von Doris wußte
sie, daß sie ihren Tisch mit Gesine teilte.
„Ich muß mal nach den anderen
sehen. Vielleicht braucht noch jemand meine Hilfe. Iß noch etwas, Gesine. Und
kommt bald nach. Es wird Zeit für uns, aufzubrechen“, sagte sie und
ging-
„Wein doch nicht. Weshalb
weinst du denn so, Gesine?“ fragte Doris.
„Fehlt dir was? Hast du
Schmerzen?“ erkundigte sich Sandra.
Gesine schüttelte verzweifelt
den Kopf und schluchzte weiter.
Ihr fehlte nichts. Ihr fehlte
alles.
Sie hatte ihre Geldbörse nicht
verloren. Aber sie durfte sich nichts zu essen oder zu trinken kaufen, weil sie
das Verpflegungsgeld, das ihre Oma ihr für unterwegs mitgegeben hatte, Fedor
abliefern mußte. Sie hatte ihre Montagsrate wieder nicht beisammen. Und nun
fürchtete sie sich.
Sie fürchtete sich ganz
entsetzlich vor Fedor und Hortense.
Am vergangenen Montag
nachmittag war ein schweres Gewitter über der Stadt niedergegangen. Deshalb hatte
ihre Großmutter ihr nicht erlaubt, auszugehen. „Wer wird denn bei diesem Wetter
schwimmen? Außerdem bist du erkältet. Du läufst mir heute nachmittag nicht
wieder in der Stadt herum“, hatte sie gesagt und vereitelte so Gesines Zahlung
an die Fedorbande.
Am nächsten Morgen tauchte Ruth
plötzlich neben Gesine auf dem Schulhof auf.
Sie drängte Gesine hinter die
Sporthalle. „Du kannst dich auf etwas gefaßt machen, soll ich dir
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