die Detektivin in Jeans
„Jeden
Tag.“
„Ich frag ja nur“, sagte Sandra
kleinlaut. „Also, bei Röttgers!“
„Sieht so aus. Die kaufen jedes
Stück dutzendweise ein“, sagte Joschi. „Was schließt du daraus?“
„Daß sie unecht ist. Daß Gesine
sich wegen solchem Mist hat erpressen lassen. Die ist ja bescheuert.“
„Nicht deshalb“, widersprach
Joschi, „sondern wegen des Diebstahls überhaupt. Es spielt keine Rolle, wieviel
die Ware wert ist, die jemand mitgehen läßt. Wenn du erwischt wirst, bist du
dran. Ich weiß das von meiner Mutter. Sie kriegen eine Prämie für jeden
Diebstahl, den sie aufdecken, selbst wenn es sich nur um einen Kugelschreiber
handelt.“
„Aber wie kann man sich nur
wegen solcher Kleinigkeiten der Gefahr aussetzen, als Diebin verurteilt zu
werden?“
Joschi wußte auch keine Antwort
darauf.
Sandra auf
Spurensuche
Am nächsten Morgen meldete eine
Notiz auf der Lokalseite der Tageszeitung, daß ein vierzehnjähriges Mädchen
vermißt werde. Es sei zu vermuten, daß sie von zu Hause fortgelaufen sei.
Es folgte eine Beschreibung von
Gesines Aussehen und den Kleidern, die sie vermutlich trug. Die Bevölkerung
wurde gebeten, sachdienliche Hinweise der Polizei mitzuteilen.
Sandra entdeckte die Meldung
beim Frühstück auf der Rückseite des Blattes, das ihr Bruder Rainer gerade las.
Sie sprang auf und riß Rainer
die Seite aus der Hand. „Laß mal sehen!“
„Wohl gebissen worden, was?“
fuhr Rainer auf.
Sandra entschuldigte sich nicht
einmal für ihre Unhöflichkeit. Sie las die umrandete Notiz stehend ein zweites
Mal. Dann lief sie mit der Zeitung ins Schlafzimmer zu ihrer Mutter.
Frau Faber ruhte sich vom
Nachtdienst aus. Seit ihrer Operation im vergangenen Jahr machten die
Geschwister sich an diesen Tagen ihr Frühstück selbst, um ihre Mutter schlafen
zu lassen.
Doch heute mißachtete Sandra
diese Rücksichtnahme.
„Mama!“ Sandra knipste die
Deckenbeleuchtung an, denn im Schlafzimmer waren die Rolläden heruntergelassen.
„Mama!“
In der Küche schrie Rainer:
„Was weckst du Mutter auf! Sandra!“
Ihre Mutter hob erschrocken den
Kopf und blinzelte verstört ins Licht.
„Mama, Gesine steht in der
Zeitung. Aber daß sie erpreßt worden ist, wird nicht erwähnt.“
„Bollerheys wollten es nicht“,
sagte ihre Mutter mit schlafschwerer Zunge.
Rainer erschien wütend an der
Tür. „Was ist mit dir los? Weshalb mußt du Mutter aufwecken?“
Frau Faber richtete sich auf.
„Laß gut sein, Rainer.“ Sie gähnte. „Habt ihr noch eine Tasse Tee für mich?“
„Entschuldige, Mama“, bat
Sandra zerknirscht. „Bleib liegen, ich bringe dir den Tee.“
„Nein, ich komme raus. Kann
mich ja wieder hinlegen, wenn ihr gegangen seid. Habt ihr schon gefrühstückt?“
„Wir sind noch dabei.“ Sandra
reichte ihrer Mutter den Bademantel. „Hast du Gesines Mutter gesehen? Was sagte
sie? Wie sieht sie aus?“
Ihre Mutter hob abwehrend die
Hände. „Gleich, Sandra, gleich! Gib mir eine Minute!“
Sandra begleitete ihre Mutter
ins Badezimmer, wartete an der Tür, bis sie ihre Hände gewaschen und ihre Haare
gekämmt hatte und lief ihr aufgeregt in die Küche voraus. Rainer hatte seiner
Mutter bereits Tee eingeschenkt.
Frau Faber, deren Gesicht allmählich
Farbe bekam, setzte sich an den Tisch. „Nein, danke, ich kann jetzt nichts
essen“, sagte sie zu Rainer, der ihr den Toasthalter zuschob.
Sie wandte sich an Sandra. „Was
steht denn in der Zeitung?“ Sandra las es ihr vor.
Frau Faber nickte. „Gestern
nachmittag, so gegen Abend, rief Frau Bollerhey mich an. Nicht Gesines Mutter,
die andere, Gesines Großmutter. Sie bat mich noch einmal eindringlich, nicht
über die Erpressung zu sprechen. Ihre Schwiegertochter möchte vermeiden, daß es
bekannt wird. Wir sollten der Polizei gegenüber nichts von den Briefen
erwähnen, die Gesine hinter lassen hat.“
„Du meinst, sie haben der
Polizei verschwiegen, weshalb Gesine abgehauen ist?“ fragte Rainer ungläubig.
„Anscheinend ja“, bestätigte
Frau Faber. „Es geht Bollerheys nur darum, Gesine zu finden und nach Hause
zurückzuholen. Gesines Mutter habe eine sehr gute Vertrauensstelle in Aussicht,
erzählte mir die alte Frau Bollerhey. Sie fürchtet, es würde ihr schaden, wenn
ihr neuer Arbeitgeber erfährt, daß die Tochter seiner künftigen Mitarbeiterin
Kaufhausdiebstähle begangen habe und damit erpreßt worden sei. Sie will Gesine
mitnehmen, sobald sie auftaucht, damit hier Gras über die Sache
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