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Die deutsche Götterlehre

Die deutsche Götterlehre

Titel: Die deutsche Götterlehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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Verwünschung , was wir von Verwandlung wohl zu unterscheiden haben. Die Verwandlung bedingt den Uebergang in eine andere Gestalt, in welcher das Verwandelte, allen Augen sichtbar bis zur Zeit der Erlösung verharrt; das Verwünschte aber behält seine Gestalt und wird nur unsern Sinnen entrückt, erscheint jedoch von Zeit zu Zeit wieder; das Verwandelte bleibt leiblich, das Verwünschte verliert sich und kann nur bedingungsweise wieder leibhaft werden, wie es in dem Belieben der unsichtbaren Geister steht, gröbere sinnliche Gestalten anzunehmen. Verschwinden ist also sich freiwillig entrücken, ein Vermögen der Götter und Geister, zuweilen auch der Helden, die im Besitz eines hehlenden Helms sind; entrückte Menschen sind geisterähnliche; eine andere Bezeichnung für sie ist: sie schlafen, nur von Zeit zu Zeit erwachen sie. Aber nicht nur Personen, auch Thiere und Sachen sind entrückbar, sie folgen der Person, wie dem Gestorbenen Pferd, Waffen u. a. folgte, was ihm im Leben lieb und werth war.
    Die Entrückung geschieht vorzugsweise gern in Berge, die zu bestimmten, altheiligen Zeiten sich öffnen und einzelnen Menschen Zutritt gestatten. In diesen Bergen 105 zeigt sich solchen Bevorzugten eine neue Wunderwelt, da herrscht meistens fröhliches, rühriges Leben, wie auf der Erde, nur dass Alles viel schöner und herrlicher erscheint; das göttliche Metall, das Gold, ist nebst dem Eisen der Waffen vorherrschend, aus ihm ist Alles gemacht, wenn es gleich den blöden Augen Sterblicher nicht danach aussieht. So entdeckte ein Schmied, der in den Hecken des Odenbergs nach einem Weissdorn zum Hammerstiel suchte, ein vorher nie wahrgenommenes Loch in dem Steingefälle, trat hinein und stand in einer neuen schönern Welt. Starke Männer kegelten da mit eisernen Kugeln, der Schmied schaute ihnen zu. Sie forderten ihn auf mitzuspielen was er ablehnte, weil die Eisenkugeln seinen Händen zu schwer wären. Die Männer blieben aber freundlich und sagten, er solle sich ein Geschenk wählen. Der Schmied bat um eine der Kugeln, trug sie heim und legte sie unter sein Eisengeräth. Als er sie nun später verschmieden wollte und rothgeglüht hatte, zersprang sie auf dem Ambos und jedes Stück war eitel Gold. In dem Luttenberg bei Bödeken in Westphalen wohnen die westphälischen Edeln (Helden), dort tafeln und trinken sie Tag und Nacht an langen Tischen, die unter der Last silberner Geräthe und köstlicher Speisen fast brechen, von zahlreichen Dienern bedient. Wenn ein neuer Gast von der Erde einkehrt, dann wird ihm ein prächtiger Sitz bereitet und alle empfangen ihn mit lautem Jubel. Auch steht da ein prächtiges Schloss mit herrlichen Sälen, deren Wände purpurne Teppiche schmücken.
    An der Spitze der in solchen Bergen wohnenden Helden stehen die alten Fürsten und Könige, deren Rolle in späterer christlicher Zeit auf dem Volke besonders theure Könige überging, wie denn auch in den Liedern gefeierte Helden also entrückt sind. So finden wir von den Letzteren Siegfried und Dietrich von Bern unter den Entrückten, von Deutschlands Carl den Grossen und Otto den Grossen, Friedrich Barbarossa, Carl V., König Artus in weitverbreiteten Sagen genannt. Im Guckenberg bei Fränkisch Gemünden ist vor Zeiten ein Kaiser mit seinem ganzen Heer versunken, im Kiffhäuser wohnt nach einigen Kaiser Otto, nach andern Friedrich der Rothbart. Ein Schäfer, der auf dem Kiffhäuser weidete, sah eines Tages eine Fallthür, die er öffnete. Er stieg eine lange Treppe hinab und kam in einen hochgewölbten Saal. Da sass Kaiser Otto mit seinem langen rothen Bart an einem grossen steinernen Tisch und um ihn her sassen viele hundert Ritter und Schildknappen in voller Rüstung. Schüchtern blieb der Hirt am Fuss der Treppe stehen, doch der Kaiser winkte ihm freundlich und zeigte auf einen Haufen glühender Kohlen, der in einem Winkel lag, davon solle er sich nehmen, aber nicht zu wenig. Widerstrebend füllte der Schäfer seine Hirtentasche, denn er glaubte, der Kaiser wolle ihn zum Besten haben, dann verneigte er sich tief vor denn Kaiser, seinen Rittern und Knappen und stieg die Treppe wieder hinauf. Droben wollte er die Kohlen aus der Tasche schütten, aber er fand sie in gediegenes Gold verwandelt. Ein anderer Schäfer wurde in die Rüstkammer des Rothbart geführt und bekam den Fuss eines Handfasses geschenkt, den der Goldschmied für echtes Gold erkannte.
    Fast alle, denen es gegönnt war, die alten Kaiser zu schauen, fanden sie schlafend.

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