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Die Deutschen

Die Deutschen

Titel: Die Deutschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Artur Müller
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Kabinettsmitglieder, indessen hat die konstituierende Versammlung darüber zu entscheiden. Es ist von der Einsicht der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei zu erhoffen, daß sie mit der Sozialdemokratischen Partei noch zu einer Verständigung gelangt.
    Der Vorstand der
    Sozialdemokratischen Partei Deutschlands.«

    Nach dieser Veröffentlichung lehnt Karl Liebknecht die Beteiligung an einer SPD-Regierung ab. Die Mehrheit der uspd -Führer nimmt jedoch die Vorschläge der spd an, wobei sie allerdings betont, daß die politische Gewalt in den Händen der Arbeiter- und Soldatenräte liegen müsse. Am Ende einigen sich beide Parteien auf eine provisorische Regierung, den »Rat der Volksbeauftragten«, der aus drei Vertretern der spd (Ebert, Landsberg, Scheidemann) und drei Vertretern der uspd (Barth, Dittmann, Haase) bestehen soll. Die Massen sind noch nicht zur Ruhe gekommen. Sie besetzen inzwischen die übrigen Regierungsgebäude.
    Am späten Abend versammeln sich die Revolutionären Obleute im Plenarsaal des Reichstages. Er wird mit roten Tüchern ausgeschlagen. Als Vorsitzender fungiert Emil Barth. Er begrüßt den »siegreichen Aufstand der Berliner Garnison, die sich auf die Seite des Volkes gestellt und den fast unblutigen Sieg der Revolution herbeigeführt hat«.
    Es wird beschlossen, folgenden Aufruf zu erlassen:

    »Arbeiter! Soldaten! Genossen! Brüder!
    Der große, sehnsüchtig erwartete Tag ist erschienen. Seit dem 9. November hat das deutsche Volk die Macht in den Händen. Seit dem 9. November ist Deutschland Republik, und zwar sozialistische Republik der Arbeiter und Soldaten. Unsere Herzen sind voller Stolz. Aber wir haben keine Zeit, uns unserer Freude hinzugeben. Nun gilt es, die organisatorische Grundlage für das neue Gemeinwesen herzustellen. Ungeheure Aufgaben erwarten uns. Vor allem die, eine Regierung zu bilden, die unseren Idealen entspricht und den gewaltigen Problemen gewachsen ist. Grundlage dieser Regierung ist, daß die gesamte gesetzgebende, ausführende, verwaltende und richterliche Gewalt ausschließlich in Händen der Vertreter der Arbeiter und Soldaten ruht. Diese Vertreter zu bestellen, ist Eure erste praktische Aufgabe.
    Deshalb Soldaten, Brüder, tretet am Sonntag, 10. November, spätestens 10 Uhr, in den Kasernen und Lazaretten zusammen und wählt Eure Vertreter. Auf jedes Bataillon fällt 1 Delegierter, ebenso auf jede kleinere selbständige Formation und jedes Lazarett.
    Arbeiter! Arbeiterinnen! Brüder! Schwestern! Tretet auch Ihr am Sonntag, 10. November, um 10 Uhr in Euren Betrieben zusammen. Auf je 1000 Beschäftigte, Männer oder Frauen, fällt 1 Delegierter. Kleinere Betriebe schließen sich zusammen. Am Sonntag um 5 Uhr treten die so Gewählten im Zirkus Busch zusammen. Arbeiter! Soldaten! Sorgt für die Ausführung dieser Anordnungen. Bewahrt Ruhe und Ordnung!
    Berlin, 9. November 1918
    Der provisorische
    Arbeiter- und Soldatenrat«

    Friedrich Ebert, besorgt, daß die »bolschewistische« Revolution doch noch siegen könnte, entschließt sich in dieser nächtlichen Stunde für die Parole: Versöhnung, Einigkeit, kein Bruderkampf. Der Kaiser scheint schon vergessen. Er sitzt in seinem Hofzug bei der Tafel. Um 10 Uhr abends erklärt sich S. M. bereit, am nächsten Morgen um 5 Uhr den Hofzug in Richtung holländische Grenze zu besteigen.
    Während sich der Exkaiser schlafen legt, arbeiten die Funktionäre der Revolutionären Obleute und der spd. Die einen mobilisieren die Arbeiter und Soldaten für den »entscheidenden Kampf«, und die anderen versuchen, den Mobilisierten begreiflich zu machen, daß Einigkeit, Ruhe und Ordnung die »sicherste Garantie einer siegreichen Revolution« seien.
    Die Morgenausgabe des »Vorwärts« vom Sonntag, 10. November 1918, bringt einen Leitartikel mit der Überschrift »Kein Bruderkampf!« Es heißt darin, daß der Sieg des deutschen Volkes und insbesondere des Berliner Proletariats ohne Beispiel in der ganzen Geschichte dastehe. Aber es müsse jetzt für die Zukunft gesorgt werden. Die Aufgabe sei nur zu lösen, wenn die Arbeiterklasse einig und geschlossen bleibe. »Ohne das geht es nicht! Wenn Gruppe gegen Gruppe, Sekte gegen Sekte arbeitet, dann entsteht das russische Chaos, der allgemeine Niedergang, das Elend statt des Glückes … Schon gestern ist von einzelnen kleinen Gruppen, oft unter unbekannter und unverantwortlicher Führung, der Versuch gemacht worden, eigene Wege zu gehen und die Arbeit des Arbeiter- und Soldatenrates zu

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