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Die Deutschen

Die Deutschen

Titel: Die Deutschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Artur Müller
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durchkreuzen. Das ist die schwerste Versündigung an der Arbeiterschaft, die überhaupt denkbar ist. Das Werk, das von der großen Masse der Arbeiterschaft getragen wird, darf nicht durch kleine Minderheiten zerstört werden. Alle solche Versuche müssen an dem gesunden Sinn und der entschlossenen Ablehnung der Arbeiterschaft scheitern, oder die Arbeiterschaft selber wird scheitern. Der gestrige Sieg des Volkes über das alte System ist nur mit geringem Blutvergießen bezahlt worden. Soll nun der Welt nach solchem herrlichen Triumph das Schauspiel einer Selbstzerfleischung der Arbeiterschaft in sinnlosem Bruderkampf geboten werden?
    Das darf nimmer geschehen! Der gestrige Tag hat in der Arbeiterschaft das Gefühl für die Notwendigkeit innerer Einheit hoch emporlodern lassen! Aus fast allen Städten, aus ganzen Ländern, aus ganzen Bundesstaaten hören wir, daß die alte Partei und Unabhängige sich am Tage der Revolution wieder zusammengefunden und zu der alten geschlossenen Partei geeint haben. In Bayern ist diese Einigung für den ganzen Staat vollzogen. Dort gibt es keine Parteispaltung mehr! Soll Berlin dahinter zurückstehen?
    Die Einigung muß auch hier durchgeführt werden … Es geht um Wohl und Zukunft der ganzen Arbeiterklasse. Und wenn auch noch soviel Verbitterung sich eingefressen hat, wenn auch der eine Teil dem anderen manches aus der Vergangenheit vorwirft, ein Tag wie der gestrige ist groß und überwältigend genug, um all das vergessen zu machen.
    Das Versöhnungswerk darf nicht an einigen Verbitterten scheitern, deren Charakter nicht stark genug ist, um alten Groll überwinden und vergessen zu können. Liegt doch solcher Groll den Massen selber vollkommen fern, ist doch auch gestern zwischen Arbeiter und Arbeiter die Einigkeit fast instinktiv hergestellt worden. Kein Führer darf das hemmen. Gibt es unter ihnen solche, mit denen die Einigung nicht gemacht werden kann, dann muß sie gemacht werden ohne sie! An keiner Personenfrage darf ein Werk von so ungeheurer Bedeutung scheitern.
    Die alte Sozialdemokratische Partei erstrebt die Einigung mit aller Kraft auch unter eigenen Opfern. Sie weiß sich in diesem Bestreben eins mit dem gesunden Instinkt der Arbeiterschaft, deren große Masse es nie begreifen würde, wenn man gestern Schulter an Schulter auf der Barrikade gestanden hat, daß man sich morgen auf der Barrikade gegenüberstehen sollte. Die Sozialdemokratische Partei verfolgt in ihrem Streben dabei keinerlei eigennützige Ziele, sie ist nur ganz durchdrungen von dem Gedanken, daß das Werk der Rettung aus dem Abgrund, in den uns der überwundene Imperialismus gestürzt hat, nur von einer einmütigen und geschlossenen Arbeiterschaft ausgeführt werden kann.
    Die Bruderhand liegt offen – schlagt ein!«
    Richard Müller, führender Kopf der Revolutionären Obleute, meint dazu: »Der ›Vorwärts‹ war an diesem Tage die Zeitung, die sich jeder Arbeiter zu verschaffen suchte. Ihm stand die vom Spartakusbund neu herausgegebene ›Rote Fahne‹ gegenüber, deren Erscheinen den meisten Arbeitern noch unbekannt war und die an diesem Tage auch nur in einer kleinen Auflage erscheinen konnte.
    Was der ›Vorwärts‹ schrieb, wirkte ungemein stark auf die Arbeiter; selbst auf die, die noch am gestrigen Tage seine erbittertsten Feinde waren. Die ganze Kriegspolitik mit ihren Wirkungen auf die Lage der Arbeiter, der Burgfrieden mit der Bourgeoisie, alles, was die Arbeiter bis aufs Blut gereizt hatte, war vergessen … Bis zum gestrigen Tage war jeder Artikel, jede Notiz des ›Vorwärts‹ mit Mißtrauen aufgenommen worden, jetzt wurden sie als ehrlicher, aufrichtiger Willensausdruck hingenommen.«
    Die Straßen der Berliner Innenstadt, gestern Schauplatz der revolutionären Erhebung des Volkes, sind an diesem Sonntag morgen leer. Die Arbeiter sind fast vollzählig in ihren Betrieben versammelt, um die Arbeiterräte zu wählen, die für 17 Uhr in den Zirkus Busch zusammengerufen sind, um die Regierung der siegreichen Revolution zu bestimmen. Aber die Revolutionsstimmung ist in eine Sieges- und Festtagsstimmung umgeschlagen. »Kein Bruderkampf!« Die Parole der spd wird zum Willen der Massen. Viele spd -Funktionäre, die an der bewaffneten Demonstration nicht teilnahmen, werden heute zu Arbeiterräten gewählt, um die Demonstranten von gestern zu vertreten. Ein großer Teil der neugewählten Arbeiterräte besteht aus Anhängern Friedrich Eberts.
    Die »Rote Fahne« erklärt in einem Aufruf:

    »An die

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