Die Deutschen
wieder in sein Haus zurückkehrt und es in Verteidigungszustand versetzt.
Als das Volk das erfährt, stürzt es auf das Rathaus und klagt den Komtur an, daß er sich dem Recht entziehe und sich in Verteidigungszustand versetze. Die Autorität des Rates ist gegen die Wut des Volkes ohnmächtig.
In hellen Haufen und bewaffnet belagert es das Deutschordenshaus. Der Komtur, der sich mit seinen Dienern auf das Kirchengewölbe geflüchtet hat, bittet von dort aus um Gnade. Das Volk antwortet mit Flintenkugeln. Der gesamte Rat ersucht die Menge, von ihrem Vorhaben abzustehen. Aber es ist zu spät. Schon sind zwei Feldschlangen herbeigeschafft, und die Komtureikirche wird beschossen. Nach einer Weile werden Leitern an die Kirche gesetzt. Durch das zerschossene Dach dringen die Verwegensten vor und erschlagen den Komtur und seine Diener. Die Leichen der Erschlagenen werden auf das Straßenpflaster hinuntergeworfen. Dann drängt alles durch die geöffneten Türen in den Hof und beginnt zu plündern.
Unter dem Eindruck dieser Begebenheiten erklären sich das Domkapitel und einzelne Bürger bereit, was sie an Wiesen, Weiden und Saatland an der Weide besitzen, bis zu einer Rechtsentscheidung herauszugeben. Aber auf Betreiben Doves lehnt die Gemeinde das Anerbieten ab, denn man hofft, alles ohne Rechtsverfahren zu erlangen. Um die Angelegenheit nachdrücklicher betreiben zu können, beschließt die Gemeinde, den für die Weidesache eingesetzten Ausschuß auf vierzig Personen zu erhöhen.
Aber die Vierzig lassen sich keineswegs an der Weidesache genügen. Die nächste Aktion richtet sich direkt gegen die Autorität des Rats. Mitte Dezember berufen die Vierzig eine Volksversammlung und stellen dieser vor, man müsse den verbannten Hinrich Swancke in die Stadt zurückrufen. Man erzwingt vom Rat die Aufhebung des Verbannungsbeschlusses, womit dieser eine neue schwere Niederlage erleidet.
Das neue Jahr, 1531, beginnt unter neuen Stürmen. Am 2. Januar versammeln die Vierzig die gesamte Bürgerschaft und Dove schlägt vor, aus jedem der vier Kirchspiele noch sechzehn Männer hinzuzuwählen. Diese 104 Personen seien zu beauftragen, nicht nur in der Weidesache, sondern in allen städtischen Angelegenheiten mit dem Rate zu verhandeln.
Die Wahl wird sofort durchgeführt.
Die Ermahnungen des Rates, es bei dem alten Herkommen zu lassen und zu überlegen, was an der Verfassung etwa gebessert werden könne, bleiben ohne jeden Eindruck. Der Rat muß die Vertretung der Gemeinde durch die gewählten 104 Männer bestätigen. Zu ihrem Vorsitzenden wird Johann Dove gewählt.
Nach langen Verhandlungen und stürmischen Volksaufläufen bleibt dem Rat nichts anderes übrig, als mit Siegel zu bestätigen, daß die 104 zur Teilnahme an der Verwaltung bestätigt seien.
Unter den Verhandlungen, die in den nächsten Wochen zwischen dem Rate und den hundertundvier Männern geführt werden, steht an erster Stelle die Beseitigung des Kollegiums der Elterleute. Seit mehr als hundert Jahren hatten die Elterleute für die auf der Weser aus- und einlaufenden Schiffe das Tonnengeld erhoben. Nach dem Willen der Gemeinde soll das Tonnengeld fortan mit allen städtischen Einkünften in die gemeine Kiste kommen. Heftige Diskussionen und furchtbare Tumulte auf der Straße führen schließlich zur Durchsetzung der Forderung. Später erklären Elterleute und Schiffer, daß sie dies annehmen würden, was Rat und Gemeinde gemeinsam beschlössen. Dove fordert zum Besten der Gemeinde, daß die Elterleute Haus, Hof, Geld, Briefe, Silber und alles, was sie in Händen hätten und doch gemeines Gut sei, übergäben. Nach langem Kampf weichen die Elterleute der Gewalt. Zwei Laden mit Briefen, Silberzeug und anderem Besitz werden aufs Rathaus gebracht. Bald zeigt sich ein neuer Streitpunkt. Jedermann wußte, daß einige Augsburger und Nürnberger Handlungshäuser wirtschaftlich die Monopole beherrschten und die zunehmende Teuerung verursacht hatten. Wie auf den Reichstagen, so war überall in Deutschland die Macht der Fugger, der Welser, der Höchstetter übel verrufen.
Ähnliche Mittel, wie sie im Reich zur Beschränkung dieser Macht vorgeschlagen wurden, wollen die Hundertundvier gegen die bremischen Kaufleute anwenden. Kein Bürger soll mehr als zehn Last Korn im Jahre verschiffen. durch den Kanal aber und nach Lissabon nur die Hälfte dieser Menge. Kein Gast dürfe an der Ausfuhr von Korn und Holzwerk teilhaben. Der Rat erreicht nichts als einige geringfügige
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