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Die Deutschen

Die Deutschen

Titel: Die Deutschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Artur Müller
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Demonstrationen vor der Hofburg. Sie erreichen die Berufung gesamtösterreichischer Stände zur Ausarbeitung einer Verfassung und die Bildung einer neuen Regierung.
    Revolution in Wien. 13.–15. März 1848

    In einem Artikel für die »New York Daily Tribune« analysierte Friedrich Engels die wirtschaftlichen und politischen Zustände Österreichs vor der Revolution folgendermaßen:
    »Die Regierung des Fürsten Metternich drehte sich um zwei Angelpunkte. Erstens suchte sie jede einzelne der verschiedenen Nationen, die unter österreichischer Herrschaft standen, durch alle übrigen Nationen, die sich in gleicher Lage befanden, in Schach zu halten; zweitens, und das war immer der Grundsatz absoluter Monarchien, stützte sie sich auf zwei Klassen, die feudalen Grundherren und die Börsenfürsten; gleichzeitig aber spielte sie den Einfluß und die Macht dieser beiden Klassen gegeneinander aus, so daß die Regierung selbst volle Handlungsfreiheit behielt. Der Grundbesitzeradel, dessen ganzes Einkommen aus den verschiedensten feudalen Revenuen bestand, konnte nicht umhin, eine Regierung zu unterstützen, die seinen einzigen Schutz gegen jene niedergetretene Klasse von Leibeigenen bildete, von deren Ausplünderung er lebte … Die großkapitalistischen Börsenspekulanten waren ihrerseits durch die Riesenbeträge, die der Staat ihnen schuldete, an die Regierung Metternichs gekettet. Österreich, das 1815 seine volle Macht wiedererlangte … war nach Abschluß des Friedens auf den großen europäischen Geldmärkten sehr bald wieder kreditfähig geworden und hatte in dem Maße, wie sein Kredit stieg, neue Schulden aufgenommen. So hatten alle großen Geldmänner Europas erhebliche Teile ihres Kapitals in österreichischen Staatspapieren angelegt; sie waren daher alle an der Aufrechterhaltung des Kredits dieses Landes interessiert, und da die Aufrechterhaltung des österreichischen Staatskredits immer neue Anleihen erforderte, sahen sie sich gezwungen, von Zeit zu Zeit neues Kapital vorzustrecken, um den Kurs der schon vorher von ihnen erworbenen Staatspapiere zu stützen …
    Solange Metternich reichlich Geld in Frankfurt und Amsterdam bekommen konnte, hatte er natürlich die Genugtuung, die österreichischen Kapitalisten zu seinen Füßen zu sehen … Auf diese Art war Metternich der Unterstützung der beiden mächtigsten, einflußreichsten Klassen des Reiches sicher, und obendrein verfügte er über eine Armee und eine Bürokratie, wie sie für die Zwecke des Absolutismus nicht besser geeignet sein konnten … Was die übrigen Klassen der Bevölkerung betrifft, so machte sich Metternich, ganz im Geiste eines Staatsmanns des ancien régime, wenig aus ihrer Unterstützung. Ihnen gegenüber kannte er nur eine Politik: soviel wie möglich in Form von Steuern aus ihnen herauszupressen und sie gleichzeitig ruhig zu erhalten … Zu diesem Zweck wurde jede alteingebürgerte, erblich überkommene Autorität in der gleichen Weise hochgehalten wie die Autorität des Staates; die Autorität des Grundherrn über den kleinen Bodenpächter, des Fabrikanten über den Fabrikarbeiter, des kleinen Handwerksmeisters über den Gesellen und Lehrjungen, des Vaters über den Sohn wurde von der Regierung allenthalben strengstens gewahrt, und jede Art von Unbotmäßigkeit wurde ebenso geahndet wie eine Gesetzesübertretung, mit dem Universalwerkzeug der österreichischen Justiz – dem Stock … Was auch an Feindseligkeit zwischen den Klassen vorhanden sein mochte … wie sehr das Volk auch die unteren Staatsbeamten hassen mochte: mit der Zentralregierung war man alles in allem so ziemlich zufrieden. Der Kaiser wurde angebetet, und die Tatsachen schienen dem alten Franz i. recht zu geben, wenn er die ihm selbst aufgestiegenen Zweifel über die Dauerhaftigkeit des Systems mit der gemütlichen Bemerkung abtat: ›Immerhin, mich und den Metternich halt’s noch aus.‹ Und doch ging unter der Oberfläche eine langsame Bewegung vor sich, die alle Bemühungen Metternichs zuschanden machte. Reichtum und Einfluß der Industrie- und Handelsbourgeoisie nahmen zu. Die Einführung von Maschinerie und Dampfkraft in die Industrie wälzte in Österreich, wie überall, die alten Verhältnisse und Lebensbedingungen ganzer Gesellschaftsklassen vollständig um; sie verwandelte Fronbauern in freie Männer, kleine Landwirte in Fabrikarbeiter; sie untergrub die alten feudalen Handwerkerzünfte und raubte vielen von ihnen jede Möglichkeit des Weiterbestehens … Die

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