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Die Deutschen

Die Deutschen

Titel: Die Deutschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Artur Müller
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Bourgeoisie, durch ihre Geschäfte immer häufiger zu Reisen ins Ausland veranlaßt, brachte von dort manch märchenhafte Kunde von den zivilisierten Ländern mit, die jenseits der kaiserlichen Zollschranken lagen; und schließlich beschleunigte der Bau von Eisenbahnen die industrielle wie geistige Entwicklung … So wurde zu Ende des Jahres 1847 Österreich, wenn auch in geringerem Maße, von jener politischen und politischreligiösen Agitation erfaßt, die damals in ganz Deutschland überhandnahm, und wenn ihr Umsichgreifen in Österreich auch weniger geräuschvoll vor sich ging, so fand sie doch genügend revolutionäre Elemente, worauf sie wirken konnte. Da war der Bauer, frondienst- oder feudalzinspflichtig, zu Boden gedrückt durch die Abgaben, die der Grundherr oder die Regierung aus ihm herauspreßte; dann der Fabrikarbeiter, durch den Polizeistock gezwungen, sich zu jeglicher Bedingung abzurackern, die der Fabrikant festzusetzen für gut befand; dann der Handwerksgeselle, dem die Zunftgesetze jede Aussicht versperrten, sich in seinem Gewerbe jemals selbständig zu machen; dann der Kaufmann, der in seinem Geschäft auf Schritt und Tritt über sinnlose Vorschriften stolperte; dann der Fabrikant, in Konflikt mit den eifersüchtig über ihre Privilegien wachenden Handwerkerzünften oder mit Beamten, die, auf den eigenen Vorteil erpicht, in alles ihre Nase steckten; dann der Lehrer, der Gelehrte, der Beamte mit höherer Bildung, in vergeblichem Kampf mit einer unwissenden, anmaßenden Geistlichkeit oder mit stupiden, herrschsüchtigen Vorgesetzten. Kurz, es gab keine einzige Klasse, die zufrieden gewesen wäre … So reifte auch in Österreich langsam aber sicher ein gewaltiger Umschwung heran, als plötzlich in Frankreich ein Ereignis eintrat, das den drohenden Sturm sogleich entfesselte und die Behauptung des alten Franz, zu seinen und Metternichs Lebzeiten werde der Bau schon noch halten, Lügen strafte.«
    Die Rede, die der feurige Führer der magyarischen Nationalpartei, Ludwig Kossuth, am 3. März 1848 im Preßburger Reichstag hält, wird zur Taufrede der Revolution in Wien. Kossuth ruft aus: »Die Zukunft unseres Vaterlandes ist nicht gesichert, solange das Regierungssystem in den anderen Provinzen allen konstitutionellen Grundsätzen grob widerspricht, solange der Staatsrat, der die gemeinschaftlichen Angelegenheiten der Monarchie ordnet, in seinen Elementen, seiner Zusammensetzung und seiner Tendenz dem Absolutismus huldigt. Die Unbeweglichkeit der Regierungsmänner verdammt den Reichstag zu einer wahren Tretmühlarbeit, macht alle Bemühungen der Volksfreunde vergeblich. Aus den Beinkammern des Wiener Systems weht eine verpestete Luft uns an, die unsere Nerven lähmt, unsern Geistesflug bannt. Die Quelle alles Übels liegt in der verkehrten Politik der österreichischen Minister, für die es wohl schmerzlich sein mag, ein Stück nach dem anderen von dem Gebäude einstürzen zu sehen, das ein langes Leben aufgebaut, welche aber durch längeres Beharren bei ihrem Systeme die Zukunft der Dynastie kompromittieren. Wo die Grundlage fehlerhaft ist, da ist das Verhängnis des Sturzes unausweichbar. An uns ist es, die Dynastie zu retten, ihre Zukunft an die Verbrüderung der verschiedenen Völker Österreichs zu binden, statt des schlechten Bindemittels der Bajonette und des Beamtendruckes den festen Kitt einer freien Verfassung zu setzen … In der innigsten Verschmelzung der verschiedenen Provinzen der Monarchie liegt die Gewähr für die Ruhe, die Stütze der Dynastie, der Schutz unserer Freiheit. Wir bitten daher, den kaiserlichen Thron mit konstitutionellen Einrichtungen zu umgeben, allen Ländern Österreichs eine Verfassung verleihen zu wollen.«
    Seit der zweiten Märzwoche ist Wien nicht wiederzuerkennen. Jedermann spricht von Politik, und zwar mit dem größten Freimut, ohne daß die plötzlich machtlos gewordene Polizei einschreitet.
    Wachsende Ratlosigkeit und Schwäche nimmt in den obersten Regierungskreisen des Kaisertums überhand. Da nach der Erfahrung von Jahrzehnten freiwillige Zugeständnisse von der Staatskonferenz nicht zu erwarten sind, so richtet bereits am 6. März der niederösterreichische Gewerbeverein eine Adresse an die Staatskonferenz, die u. a. aussprach: »Nur ein festes Anschließen der Regierung an die Stände und Bürger, und Offenheit kann das alte Vertrauen wiedergewinnen.« Da vorauszusehen ist, daß diese Adresse in den Akten der Staatskonferenz begraben wird, bereiten die

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