Die Deutschen
Bombardement bereit. Alles geschieht mit Einverständnis des Königs, der dem Volk ganz anderes versprochen hat. Aber das Elend der Arbeiter wird nicht beendet, und die daraus resultierenden Revolten werden brutal niedergeschlagen. So werden am 31. Juli in Schweidnitz in Schlesien 22 Arbeiter durch die unter dem Befehl des Grafen Brandenburg stehenden Truppen getötet. Der Abgeordnete Stein aus Breslau, Oberlehrer an einer Höheren Bürgerschule, weist darauf hin, daß die Schuld an diesem Blutvergießen allein jene Offiziere treffe, die der neuen Ordnung der Dinge mit Gewalt ein Ende machen wollten, und er bringt folgenden Antrag ein: »Der Herr Kriegsminister möge in einem Erlaß an die Armee sich dahin aussprechen, daß die Offiziere allen reaktionären Bestrebungen fernbleiben, nicht nur Konflikte jeglicher Art mit dem Zivil vermeiden, sondern auch durch Annäherung an die Bürger und Vereinigung mit denselben zeigen, daß sie mit Aufrichtigkeit und Hingebung an der Verwirklichung eines konstitutionellen Rechtszustandes mitarbeiten wollen.« Der Antrag erhält noch einen Zusatz: »… und es denjenigen Offizieren, mit deren politischen Überzeugungen dies nicht vereinbar ist, zur Ehrenpflicht zu machen, aus der Armee auszutreten.«
Das Staatsministerium erklärt darauf in einem Beschluß: »Allgemeine Erlasse wie dieser sind nach unserer pflichtmäßigen Überzeugung nicht entsprechend dem Geiste und Wesen einer Armee. Sie sind geeignet, an Stelle des vertrauensvollen Gehorsams, womit der Offizier und Soldat – jeder auf seinem Standpunkte – den Befehl seines Oberen auszuführen hat, den Geist des Mißtrauens zu setzen, welcher Disziplin und Ordnung und den ganzen Wert der Armee mit der Zeit untergraben würde. Wir glauben daher, daß ein solcher Erlaß an die Armee von verderblichen Folgen sein werde und halten es für notwendig, daß dem Kriegsminister die Wahl der Mittel, um den von der Nationalversammlung erstrebten Zweck zu erreichen, überlassen bleibe.«
Damit ist einer Demokratisierung der Armee jede Möglichkeit genommen. Was vorher Empfehlung war, wird nun Gesetz, das mit 219 gegen 143 Stimmen angenommen wird. Die Bürgerwehr wendet sich mit einer Adresse an die Nationalversammlung: »Die Bürgerwehr Berlins sieht in dem durch die Mehrheit ausgesprochenen Willen der Nationalversammlung den Willen des preußischen Volkes und wird demgemäß Beschlüsse der Nationalversammlung mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln aufrechtzuerhalten wissen.« Doch Gesetz und Zustimmung bleiben leere Deklamationen, denn die Armee ist fest in den Händen des reaktionären Offizierskorps. Der König billigt den Rücktritt des Ministeriums, um an seine Stelle eine »Regierung des Widerstandes« zu setzen, die unter der Leitung des Generals von Pfuel steht. Pfuel, der ein Jugendfreund des Dichters Heinrich von Kleist war, enttäuscht seinen König. In seiner Eigenschaft als Kriegsminister erläßt er ein Rundschreiben an die Truppenbefehlshaber, welches dem Steinschen Antrag völlig Genüge leistet.
Aber dieser Minister hat wenig zu sagen. Der König ernennt Wrangel zum Oberbefehlshaber über sämtliche Truppen, und dieser spricht in einem Tagesbefehl vom 17. September klar aus, wie er seine Berufung auffaßt:
»Meine Aufgabe ist, die öffentliche Ruhe in diesen Landen, da wo gestört wird, wiederherzustellen, wenn die Kräfte der guten Bürger hierzu nicht ausreichen. Die Aufgabe ist schwer, aber sie wird ausgeführt werden. Ich gebe mich der bestimmten Hoffnung hin, daß ich keine Veranlassung haben werde, mit der militärischen Macht ein zuschreiten, denn mein Vertrauen zu den Bürgern, daß sie ebenfalls das Gute wollen, steht fest. Es sind jedoch im Lande auch Elemente vorhanden, die zur Ungesetzlichkeit verführen wollen. Den guten Elementen will ich eine kräftige Stütze sein, um ihnen die Erhaltung der öffentlichen Ordnung zu erleichtern, ohne die keine gesetzliche Freiheit möglich ist.«
In einem vertraulichen Schreiben äußert er sich: »Die hiesigen politischen Zustände sind trostlos; man gibt sich ganz dem Zufall hin und ist in vollständige Ratlosigkeit versunken. Jeder fühlt, daß etwas Energisches geschehen müsse, aber es geschieht nichts, um diesen beklagenswerten Zuständen entgegenzutreten, um den Staat und das Königtum zu retten; es sind tausend Ratgeber da, aber es kommt zu keinem kräftigen Auftreten. So eilen wir rettungslos der Anarchie und Republik entgegen.«
Nach einer Parade im
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