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Die Dichterin von Aquitanien

Titel: Die Dichterin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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ihren Hass.«
     
    Der verletzte William wurde bereits nach drei Tagen in den Palast getragen. Da seine Wunden nicht versorgt worden waren, wirkte er ebenso bleich wie das Tuch, auf dem er lag. Aliénor ließ Boten ausschicken, um die besten Ärzte Poitiers in ihren Palast zu holen. Bald schon wurden einige Mönche und Gelehrte vorstellig, die Williams Wunden ausbrannten, doch der Ritter schwebte weiterhin zwischen Leben und Tod. Aliénor ließ eine Messe für ihn lesen, zog sich dann wieder mit Raoul de Faye und Richard zurück, um die Lage in ihren Ländereien zu besprechen. Danach suchte
sie zur Entspannung den Kreis ihrer Damen auf. Ein Brettspiel war im Gange, als einer der Diener klopfte und eintrat.
    »Ein weiterer Medicus möchte Euch seine Aufwartung machen, Hoheit«, sagte er. Aliénor nickte und bat, den Fremden eintreten zu lassen.
    Ein Mann mit dunklem, krausem Haar erschien. Marie musterte den langen weißen Kittel des Unbekannten, seinen wallenden Bart und die Locken an seinen Schläfen. Etwas Fremdartiges ging von ihm aus, schwang bereits im Klang seines Namens mit. David ben Jehuda. Ein Medicus aus Salerno. Seine Unterhaltung mit der Königin verlief sehr kurz, denn er erhielt sogleich den Auftrag, nach dem entkräfteten Ritter zu sehen.
    »Er ist Jude«, erklärte die Königin gleichmütig, als er das Gemach verlassen hatte. »Neben den Mauren sind sie in der Heilkunde die Besten. Marie, man könnte meinen, du hast noch niemals einen Juden gesehen, so fassungslos, wie du ihn angestarrt hast.«
    Marie senkte beschämt den Blick. Sie hatte von den Mördern Christi gehört, sie einmal während einer Reise nach Paris aus der Ferne betrachtet, war ihnen aber nie zuvor persönlich begegnet.
    »Ist es nicht ungehörig, dass ein jüdischer Arzt einen frommen Christen versorgt?«, fragte Sybil de Faye und erntete wieder einen verärgerten Blick der Königin.
    »Ich will, dass der Ritter am Leben bleibt. Wenn dieser Arzt ihn rettet, werde ich ihn dafür belohnen, wie es sich geziemt. Aber wir müssen es nicht überall herumerzählen.«
    Sie musterte die versammelten Damen eindringlich. Besonders Emma wurde von Aliénors graublauen Augen geradezu durchbohrt. Sie biss sich auf die Lippen, und zu Maries Staunen plauderte sie das Geheimnis tatsächlich nicht aus.
    Für einen vermeintlichen Mörder schien David ben Jehuda
erstaunlich geschickt, wenn es galt, Leben zu retten. Nach einer Woche konnte William bereits auf seinen Beinen stehen, die von den Schwertern der Lusignans aufgeschlitzt worden waren. Doch als der jüdische Arzt nochmals erschien, um den Dank der Königin zu empfangen, durften nur Marie und Richard anwesend sein. Aliénor überreichte dem Medicus einen Goldbarren und versprach seinem Volk jenen Schutz, den es auch in England genoss. Der Mann mit dem Kraushaar sank auf die Knie.
    »Wenn es Euch genehm ist, Hoheit, so würde ich gern meinen Sohn an Eurem Hof vorstellen«, sagte er dann. »Er liebt die Kunst und wünscht sich, den Klängen der Troubadoure lauschen zu dürfen.«
    Aliénor legte nachdenklich die Stirn in Falten. Marie begriff, dass diese Bitte sehr gewagt, fast ungehörig war. Dennoch nickte die Königin schließlich.
    »Euer Sohn kann kommen, wenn es ihm gefällt, doch wäre es vorteilhaft, wenn er sich wie ein christlicher Edelmann kleidet und benimmt. Ich werde ihn dem zukünftigen Herrscher über Aquitanien vorstellen«, meinte sie, ihren Blick auf Richard gerichtet. Ihr Lieblingssohn verzog kurz das Gesicht, aber er widersprach nicht.
     
    Der ganze Hofstaat hatte sich im Empfangssaal versammelt, als der Neffe des gefallenen Grafen von Salisbury seine Belohnung entgegennahm. Eine vollständige Rüstung mit Kettenhemd und Helm wurde hineingetragen, Diener führten ein Schlachtross, das bereits gesattelt, mit geschmücktem Zaumzeug und goldenen Sporen versehen war. Eine Truhe folgte. Marie sah, wie Chemises aus feinem Tuch und seidene Surcots ausgebreitet wurden. Vier wollene Umhänge, deren Kragen mit Hermelin- und Zobelfell verziert waren, ergänzten die prächtige Ausstattung eines Ritters edler Abkunft.
Emma hatte Marie erklärt, dass dieser William als vierter Sohn kein eigenes Vermögen hatte erben können. Sein Gesicht strahlte, als er vor Aliénor auf die Knie sank.
    »Nun, da der Graf von Salisbury von uns geschieden ist, wird mein Sohn Richard die Befehlsgewalt über meine Truppen haben«, fügte Aliénor hinzu. »Der tapfere William soll ihn dabei unterstützen. Daher

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