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Die Dichterin von Aquitanien

Titel: Die Dichterin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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sie schon wie ein junger Mann wirken, und sein Anblick konnte wohl jedes Mädchenherz begeistern. Die Aufmerksamkeit blieb jedoch einseitig, denn er sah an seiner Verlobten einfach vorbei, wenn er immer wieder zu dem Sohn des jüdischen Arztes spähte, dem es nicht erlaubt war, bei der königlichen Familie zu sitzen. Alais wirkte so hilflos und verloren zwischen all den fremden Menschen, dass Marie ihr gern Mut zugesprochen hätte, doch fielen ihr keine passenden Worte ein. Sie wollte auch ein kleines Mädchen nicht mit vagen Versprechungen beruhigen. Die Zukunft der Tochter des französischen Königs war ungewiss.
    »Sobald ich als König von England gekrönt bin, werde ich dort Turniere erlauben«, riss die unnötig laute Stimme des jungen Henry sie aus ihren Gedanken. Er saß neben seiner Gemahlin Marguerite. Die beiden wechselten nur selten Worte miteinander. Sie waren noch zu jung für den Vollzug der Ehe und schienen auch nicht mit besonderer Ungeduld darauf zu warten.
    »Das ist eine hervorragende Idee, denn auf diese Weise werden Ritter für den Kampf geübt«, meinte William, der nun Befehlshaber von Henrys Gefolgsmännern war. »Doch solltet Ihr dies vielleicht mir Eurem Vater besprechen, Hoheit. Er hatte vermutlich Gründe, Turniere in diesem Land zu verbieten. Versucht ihn von Eurem Vorhaben zu überzeugen, damit es nicht zu unnötigem Missmut kommt.«
    Marie staunte über Williams Bemühen, auf allen Seiten
Frieden zu wahren. Sie hatte ihn für einen ehrgeizigen Schmeichler gehalten, doch schien er nicht nur über Kampfgeschick sondern auch über Verstand zu verfügen. Falls er im Leben vorankam, so verdiente er diesen Aufstieg.
    Henry verzog das Gesicht. Er mochte keine Ermahnungen.
    »Warte einfach ab, wie sich die Dinge entwickeln und höre auf meinen Rat. Du solltest nichts überstürzen«, mischte Aliénor sich versöhnlich ins Gespräch und strich ihrem Sohn über die Schulter. Er duldete diese Berührung für einen Augenblick, um sie dann verlegen abzuschütteln.
    »Wenigstens kann ich mein Gefolge angemessen versorgen, wenn ich gekrönter König bin«, erklärte er trotzig. Marguerite schenkte ihm einen nachsichtigen Blick. Sie schien weitaus reifer als ihr jungenhaft hochmütiger Gemahl. Marie bemerkte, wie sie ihre Augen kurz auf den Ritter William richtete. Ein warmes Leuchten blitzte in ihnen auf. Falls die zukünftige Königin Englands sich bereits einen Mann an ihrer Seite wünschte, so war es nicht ihr Gemahl.
    Als das Geschirr abgetragen wurde, wandte Aliénor sich kurz an Emma und Marie.
    »Ich muss mit euch reden. Kommt nachmittags zur hora nona in mein Gemach«, erklärte sie. Marie überkam eine unangenehme Ahnung, denn die Königin hatte unzufrieden geklungen. Emma verzog nur das Gesicht. Sie hasste Befehle.
     
    Auf dem Weg zur Königin kam ihnen Isabelle de Vermandois entgegen. Sie lief so schnell, dass sie Maries Gruß völlig überhörte. Ihren Wangen waren gerötet, und sie wischte sich mit dem Ärmel ihrer Chemise die Augen ab, murmelte dabei leise Worte, die unverständlich blieben, aber empört klangen. Maries Unbehagen nahm zu.
    Die Königin empfing sie freundlich, ließ Wein einschenken
und einen Weizenkuchen verteilen. An ihrer Seite saß die Gräfin de Champagne. Mit ihrem Engelshaar und den hellblauen Augen erinnerte sie Marie manchmal an eine erhabene Heiligengestalt.
    »Es gibt ein paar unangenehme Vorfälle, die ich mit euch besprechen muss«, begann Aliénor so beiläufig wie möglich. »Zu der Zeit, als die Turniere stattfanden und die Stadt von jungen Rittern überschwemmt wurde, machten einige Gerüchte die Runde.«
    Maries Eingeweide zogen sich zusammen. Sie sah, wie Emma schluckte und sich trotzig aufrichtete.
    »Ich habe ihnen keine besondere Bedeutung beigemessen«, fuhr die Königin fort. »Junge Männer sind unbeherrscht und prahlen gern.«
    »Ein weiterer Grund, warum sie eine angemessene Erziehung brauchen«, warf die Gräfin ein. »Wir müssen ihnen Ideale vermitteln, die ihr Benehmen mäßigen.«
    »Ja, natürlich«, meinte Aliénor etwas ungeduldig. »Aber hier geht es um die augenblickliche Lage. Ich möchte nicht unnötig hart klingen, doch ist mir zu Ohren gekommen, dass meine Hofdamen sich ungebührlich betragen haben sollen.«
    Marie wurde schwindelig. Sie wollte ihre Hand nach Emma ausstrecken, doch wäre diese Berührung aufgefallen.
    »Um es deutlicher auszudrücken«, ging Aliénors Stimme unbarmherzig auf sie nieder. »Es hieß, dass mein Hof

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