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Die Dichterin von Aquitanien

Titel: Die Dichterin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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attackiert. Dann flog ein bronzener Pokal gegen die Wand. Er war nicht ganz leer gewesen, sodass blutrote Flecken auf dem Teppich erschienen.
    »Vielleicht hat sie einfach aus ihren Fehlern gelernt«, begann Marie und versuchte, ihre Hände auf Emmas Schultern zu legen, wurde aber abgeschüttelt.
    »Und solche Fehler dürfen wir natürlich nicht machen, weil wir eben keine reichen Erbinnen sind sondern zwei gewöhnliche Bastarde!«, schrie Emma ihr ins Gesicht, doch plötzlich schien ihre Wut aufgebraucht, denn sie sank auf einen Stuhl und bedeckte ihr Gesicht mit den Händen. Marie setzte sich an ihre Seite.
    »Sie hat uns doch zugestanden, dass wir Fehler machen durften, riet lediglich zu mehr Vorsicht in der Zukunft.«
    Emma schien nicht mehr zuzuhören, wischte nur noch erschöpft ihre Wangen trocken.
    »Ich bin so dumm gewesen, Marie. So unglaublich dumm, dass ich mir deshalb die Augen auskratzen könnte«, murmelte sie leise und ballte ihre Hände zu Fäusten. Marie strich ihr über den Rücken.
    »Du bist eben nur ein Mensch. Wir sind alle manchmal schwach.«

    Kurz war sie versucht, von ihrem eigenen Fehltritt zu erzählen, aber Emma kam ihr zuvor.
    »Er sagte nicht einmal, dass er mich heiraten würde, erzählte nur, er wünsche sich eine Gemahlin, die mir glich. Ich wollte ihn und mein eigenes Leben an seiner Seite haben, deshalb legte ich mir seine Worte so zurecht, wie sie mir gefielen. Und dann beging ich die größte Dummheit meines Lebens, weil ich einfach nicht anders konnte. Wie wird man so beherrscht wie diese Gräfin de Champagne?«
    Marie seufzte kopfschüttelnd.
    »Das weiß ich nicht. Vielleicht hat auch die Gräfin ihre Geheimnisse. Vergleiche dich nicht mit ihr, das hat keinen Sinn.«
    Nun sank Emmas Kopf auf ihre Schulter, und Marie strich sanft über das prachtvolle, rote Haar.
    »Meinst du, er hat das wirklich gesagt? Dass ich nur besser war als eine Hure, weil er für mich nicht zahlen musste?«, bohrte Emma weiter.
    »Das ist jetzt unwichtig.«
    »Mir ist es wichtig.«
    Emma fuhr auf und drückte Marie Handgelenk so fest, dass es schmerzte.
    »Wenn ich wenigstens mit ihm reden könnte!«, presste sie hervor. »Seit jener Nacht wich er mir immer aus. Ich will von ihm selbst hören, warum er niemals wieder versuchte, sich mit mir zu treffen. Er soll mir in die Augen sehen, wenn er mich verhöhnt.«
    Sie sprang auf, zog einen ihrer Schleier aus ihrer Truhe und versuchte, ihn vor dem Spiegel in eine gefällige Form zu bringen, doch zitterten ihre Hände so heftig, dass der Stoff ihnen immer wieder entglitt. Schließlich warf sie ihn wutschnaubend zu Boden, schenkte sich stattdessen einen weiteren Becher Wein ein, den sie entschlossen in einem Zug leerte.

    »Henrys Ritter sind wieder hier«, sagte sie. »Ich werde jetzt zu Régnier gehen und mit ihm sprechen.«
    Marie fuhr entsetzt auf.
    »Lass das um Gottes willen bleiben. Morgen schon redet der ganze Palast über dich, wenn du in einem Gemach voller Ritter auftauchst und dort einen Streit beginnst.«
    »Aber ich muss ihn zur Rede stellen!«, rief Emma mit feucht funkelnden Augen. »Kannst du dir vorstellen, wie entsetzlich die Zeit danach war? Tagelang hoffte ich auf eine neue Nachricht von ihm. Als mir klar wurde, wie sehr ich belogen und benutzt worden war, konnte ich nur noch beten, nicht schwanger zu sein. Ich hatte Albträume vor Angst, wachte jede Nacht schweißgebadet auf. Und er lebte einfach weiter, als ob nichts gewesen wäre!«
    Marie schluckte. Auf einmal empfand sie Dankbarkeit, dass Jean sein Möglichstes getan hatte, ihr diese qualvolle Sorge zu ersparen.
    Emma machte ein paar Schritte zur Tür hin, dann drehte sie sich plötzlich um und packte erneut Maries Handgelenk.
    »Komm mit mir, bitte!«, flüsterte sie. »Du bist immer so klug und vernünftig. Du kannst mich in Grenzen weisen.«
    Marie zweifelte, ob eine solche Beschreibung ihrer Person zutreffend war, doch musste sie Emma von ihrem waghalsigen Vorhaben abbringen. Falls noch mehr vernichtende Gerüchte die Runde machten, würde Aliénor wohl endgültig die Geduld mit ihnen verlieren. Während sie verzweifelt nach den richtigen Worten suchte, wurde sie von ihrer Tante mit einem heftigen Ruck in den Gang gezerrt und stolperte hinterher. Zwar hätte sie sich losreißen können, doch schien es ihr keine gute Idee, Emma allein weiterstürmen zu lassen.
    »Du musst deine Zofe vorausschicken«, keuchte sie, während sie Emma im Eilschritt folgte. »Eine Dame läuft nicht so

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