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Die Dichterin von Aquitanien

Titel: Die Dichterin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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strahlendem Lächeln in die Arme schloss.
    »Es wird anders werden, sobald wir unser Lehen haben«, versicherte Jean, als sie wieder Abschied nahmen und ihre Pferde bestiegen. »Amélie ist noch klein. Sie wird sich schnell an uns gewöhnen.«
    Marie wollte seinen Worten glauben. Sie verstand nicht, warum sie eine tiefe Schwermut niederdrückte, sobald die Umrisse von Jeans Elternhaus am Horizont verschwunden waren. Die ungute Ahnung, dass sie ihre Tochter sehr lange nicht mehr wiedersehen würde, saß wie ein Stachel in ihrem Bewusstsein.
    Als sie Poitiers erreichten, rissen aufregende Neuigkeiten Marie aus ihrer Trübsal. Henry, der das Osterfest bei seinem Vater in Chinon hatte verbringen sollen, war bei Nacht heimlich aus der Burg geflohen. Es hatte offenbar wieder Streit über das Erbe gegeben, und zudem hatte der König beschlossen, das Gefolge seines Sohnes zu verringern, indem er zahlreiche Ritter, darunter Régnier de Rancon, zum Teufel
jagte, weil ihm deren Benehmen missfiel. Wieder empfand Marie einen Anflug von Verständnis für ihren Onkel. Auch er mochte wohl keine Männer, deren hauptsächliche Leistung darin bestand, zu lärmen und zu prahlen.
    »Henry ist nun in Frankreich bei Louis«, erzählte Aliénor mit zufriedener Miene beim Mittagsmahl. »Dort wird er als englischer König gefeiert. Viele meiner Verbündeten haben bereits Ostern am französischen Hof verbracht.«
    Sie füllte ihre Schüssel erneut mit köstlich gewürzter Gemüsesuppe.
    »Richard und Geoffroy sollten sich bald ebenfalls auf den Weg machen«, fügte sie unterdessen hinzu. »Sonst pfeift ihr Vater am Ende nach ihnen, um sie meinem üblen Einfluss zu entziehen.«
    Geoffroy, der neben seiner Mutter saß, verzog angewidert das Gesicht. Seine Braut Constance kicherte.
    »Ein harte Hand würde Euch manchmal nicht schaden, so frech, wie Ihr seid«, meinte sie zu ihrem zukünftigen Gemahl.
    »Ich habe selbst schon eine harte Hand«, erwiderte er spöttisch und wollte sie in den Arm kneifen, aber sie wehrte seinen Angriff ab, wobei sie ihn fast vom Stuhl schubste. Marie musste lächeln. Ein wenig erinnerten die beiden sie an Rhys ap Gruffydd und seine Gwen. Vielleicht würden sie eine zufriedene Ehe führen können, sobald sie erwachsen waren. Die verlassene Marguerite saß mit ernster Miene daneben. Marie bemerkte, wie das zarte Gesicht von Alais sich ihr zuwandte.
    »Ma Dame, Richard ist sehr bedrückt nach dem letzten Weihnachtsfest. Heute wollte er in seinem Gemach bleiben, weil er keinen Hunger verspürte«, hauchte sie so leise, dass Marie sich vorbeugen musste, um sie zu verstehen. Dann wurde ihr bewusst, dass die Königin ihre Drohung wahr gemacht
hatte. Meir ben David war bei Hof nicht mehr erwünscht.
    »Er vermisst vermutlich seinen guten Freund«, meinte sie laut genug, damit Aliénor es mitbekam. Doch die Königin zuckte nur mit den Schultern.
    »Das wird sich legen, sobald er anderweitig beschäftigt ist. Richard liebt das Kriegshandwerk.«
    Das stimmte, doch Alais sah weiterhin bedrückt aus.
    »Ma Dame Marie«, begann sie nun ein wenig hörbarer als zuvor. »Mich haben Eure Geschichten immer getröstet, wenn ich unglücklich war.«
    Marie fühlte Freude in sich aufsteigen. Dieser Satz schien ihr ein weitaus größeres Kompliment denn alle Lobeshymnen, die sie gewöhnlich bei Hofe zu hören bekam.
    »Vielleicht könntet Ihr Richard ein wenig aufheitern«, fuhr Alais fort. Marie nickte, obwohl sie zweifelte, dabei Erfolg zu haben.
    »Sobald die Dienstboten das Geschirr abtragen, gehen wir los«, versprach sie.
     
    Ein hässlicher Klang hallte durch die Tür. Ein Zischen und Knallen, gefolgt von einem Schrei. Marie klopfte zaghaft, und als keine Antwort kam noch etwas lauter. Sie überlegte, ob es nicht klüger gewesen wäre, ihren Besuch durch einen Bediensteten ankündigen zu lassen, aber dazu war es nun zu spät.
    »Sire, wir möchten nach Euch sehen«, hauchte Alais. In dem Wissen, dass deren feine Stimme niemals durch die Tür dringen konnte, stieß Marie ebendiese langsam auf, obwohl ein solches Verhalten ausgesprochen dreist war. Aber sie mochte Richard. Etwas Übles geschah gerade eben in seinem Gemach.
    Das Erste, was sie sah, war Richards entblößter Rücken,
der von roten Striemen überzogen war. In seiner Hand lag eine Peitsche, die er gerade gehoben hatte, um sie wieder schwungvoll auf seine ungeschützte Haut niedergehen zu lassen. Über ihm hing ein Kruzifix, das Marie plötzlich bedrohlich schien, denn wie

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