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Die Dichterin von Aquitanien

Titel: Die Dichterin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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holen wir unsere Tochter und vergessen all diese Machtkämpfe. Du musst nur Geduld haben, Marie. Bitte, bleib bei der Königin und warte auf mich. Du hast selbst immer wieder gesagt, dass wir vernünftig sein müssen.«
    Der Ernst in seiner Stimme besänftigte ihre Empörung über Richard. Jean hatte recht, es ging hier um ihrer beider Zukunft.
    »Natürlich werde ich auf dich warten. Jahrelang, falls es nötig sein sollte«, erklärte sie. Jean lächelte nachsichtig.
    »Ich glaube nicht, dass dieser Krieg Jahre dauern wird. Die Königin hat es geschickt eingefädelt. Es ist hier am Hof ein offenes Geheimnis, dass sie Henri die meisten seiner Vasallen abspenstig gemacht hat. Es wird ein völlig überraschender Angriff werden, und er hat einfach nicht genug Männer, um sich erfolgreich wehren zu können.«
    Marie nickte nur. Es klang alles so einfach, ein Spiel mit feststehendem Ausgang, so wie die Aufführung an Ostern vor der Kathedrale. Doch war ihr Onkel, der königliche Bär, wirklich so leicht zu übertölpeln? Eine ungute Ahnung überkam sie, und sie zog Jean an sich. Seine bevorstehende Abreise machte ihr bewusst, wie trist und leer ein Leben ohne ihn wäre.

    »Ich lasse euch jetzt allein«, sagte Hawisa mit einem verschmitzten Lächeln. »Ich glaube, die Königin verzeiht dir sogar, wenn du heute Abend nicht an ihrer Tafel erscheinst. Ich treibe in der Küche etwas zu essen für euch auf.«
    Dann fiel die Tür hinter ihr zu. Marie verdrängte alle düsteren Gedanken aus ihrem Bewusstsein, denn sie wollte die letzten Stunden mit Jean genießen. Vielleicht würde sie eines Tages wieder schöne Träume brauchen, um die Wirklichkeit ertragen zu können.
     
    Dieses Jahr fanden an Pfingsten keine Turniere statt, da alle Ritter mit echten Kämpfen beschäftigt waren. Die Vasallen der Normandie hatten sich gegen ihren König erhoben. In der Bretagne machten sich die Truppen von Aliénors Verbündeten bereit. Der schottische König attackierte jenen Monarchen, dem er einst zusammen mit den walisischen Prinzen den Vasalleneid hatte leisten müssen, auf der englischen Insel. Louis von Frankreich belagerte gemeinsam mit Henry und Richard die große Burganlage von Verneuil. Von allen Seiten stürzten sich Aliénors Kämpfer auf den alten Bären. Er war in die Enge gedrängt, ganz gleich, wie er noch um sich schlagen mochte.
    Die Königin glich wieder jener strahlenden Schönheit, die Marie einst auf einem edlen Ross hatte sitzen sehen. Das glückliche Leuchten des Triumphs verjüngte sie weitaus wirkungsvoller denn all ihre Schminkutensilien. Fast täglich trafen Boten ein, deren Pergamentrollen ein Lächeln auf die Lippen Aliénors zauberten. Doch eines Nachmittags öffnete sie ein Schreiben, das sie in schallendes Gelächter ausbrechen ließ.
    »Ich wusste es«, meinte sie an ihre Damen gewandt. »Raimond de Toulouse ist auf die dumme Idee verfallen, meinem Gemahl mitzuteilen, wer hinter dieser Verschwörung steckt.
Dieser Dummkopf schlägt sich tatsächlich auf die Seite des Verlierers.«
    Emma hob den Blick von ihrer Stickerei und zuckte mit den Schultern. Ihr Verehrer Foulques war am Hofe geblieben, sodass der Verlauf der Kämpfe sie nicht sonderlich interessierte. Auch Raoul de Fayes Töchter sahen ausgesprochen gelangweilt aus. Raimond de Toulouse konnte tun und lassen, was ihm gefiel, sie wünschten sich nur eine baldige Rückkehr der Ritter nach Poitiers, damit wieder mehr Leben an den Hof kam.
    »Habt Ihr eine Nachricht von Eurem Gemahl erhalten?«, fragte Marie, die eine einfache Näharbeit in den Händen hielt. Seit Jeans Abreise war ihr Einfallsreichtum ein ausgetrockneter Brunnen. Sie lenkte sich durch andere Tätigkeiten ab. Da ihr das kunstvolle Sticken keine Freude bereitete, übernahm sie etliche Aufgaben von Hawisa.
    »Es ist der Bischof von Rouen, der mir schreibt«, sagte Aliénor. »Er erinnert mich, dass ich meinem Gemahl Gehorsam und Loyalität schuldig bin. Wenn ich jetzt zu Henri zurückkehre, meint er, werden mir alle Vergehen vergeben werden.«
    Marie fröstelte. Dies klang wie ein letztes Friedensangebot.
    »Er glaubt tatsächlich, mich einschüchtern zu können«, fuhr die Königin fort. »Dabei müsste Henri doch wissen, dass ich kein Dummchen bin, das sich duckt, sobald er mit der Peitsche knallt. Er muss völlig verzweifelt sein, um auf solch abstruse Einfälle zu kommen.«
    Nun kicherten die anderen Hofdamen pflichtbewusst, denn sie gingen davon aus, dass ein derartiges Verhalten von

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