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Die Dichterin von Aquitanien

Titel: Die Dichterin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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staunend, und Marie musste darum bitten, dass keine Finger zwischen die Gitterstäbe gesteckt wurden. Cleopatra sprang krächzend im Käfig herum. Die Aufmerksamkeit schien ihr nicht zu missfallen.
    Während die Damen sich um ihren Vogel scharten, sank Marie auf das ihr zugewiesene Bett. Es war weicher als die Strohmatte in ihrer Kammer in Huguet, mit einem Tuch aus strahlend weißem Leinen bezogen, und die wollene Decke wies keine Löcher auf. Dennoch wusste Marie nicht, wie es ihr gefallen würde, in einem großen Raum voller fremder Frauen zu schlafen. Zwar hatte sie die Zimmer der Herbergen manchmal mit anderen Reisenden geteilt, doch da war sie völlig erschöpft gewesen und hatte dies nicht als dauerhaften Zustand betrachtet. Nun ahnte sie, dass sich in diesem Raum die nächste Zeit ihres Lebens abspielen sollte. Gab es hier keinen Winkel, wo sie jemals würde allein sein können?
    »Ihr dient alle der Königin?«, wandte sie sich an Torqueri.
    »Ja, das tun wir, wenn sie uns braucht. Ihre engsten Vertrauten dürfen manchmal an ihrer Seite nächtigen, doch hier in Chinon teilt der König ihr Lager.«
    Marie schüttelte verwirrt den Kopf.

    »Tut er das denn nicht immer?« In Huguet hatten Ehepaare stets Seite an Seite geschlafen.
    Torqueri lächelte nachsichtig.
    »Aber nein. Oft weilt er an einem anderen Ort. Er muss ein riesiges Reich regieren. Aliénor vertritt ihn dort, wo er gerade nicht sein kann.«
    In Maries Erinnerung erschien das Gesicht der schönen Dame mit neuer Klarheit.
    »Wann kann ich die Königin treffen?«, fragte sie ungeduldig, während sie ihre Habseligkeiten in der ihr zugewiesenen Truhe verstaute.
    »Am Abend im großen Saal«, erwiderte Torqueri und ließ sich auf Maries Lager nieder. Die anderen Damen wahrten etwas mehr Abstand, doch Marie spürte ihre Blicke wie Nadeln auf der Haut.
    »Ist es wahr, dass du unter Bauern aufgewachsen bist?«, fragte ein rundliches Mädchen mit dem Gesicht eines Kindes.
    »Ich wuchs in einem Dorf auf«, erwiderte Marie. »Doch als ich ein kleines Mädchen war, traf ich Königin Aliénor, und sie meinte zu mir, dass wir uns sicher eines Tages wieder begegnen würden.«
    Sie streckte das Kinn hoch und stellte erleichtert fest, dass diese Geschichte auf die neugierige Halbwüchsige Eindruck zu machen schien.
    »Dann solltest du besser wieder deinen Bauernkittel anziehen, den du mitgebracht hast«, sagte Emma d’Anjous spöttisch. »Sonst kann ihre Hoheit dich womöglich nicht erkennen.«
    »Wenn sie mich nicht erkennt, dann liegt es daran, dass ich damals ein Kind gewesen bin«, erwiderte Marie. »Welche Kleidung ich trage, dürfte unwichtig sein.«
    Einige der anwesenden Damen nickten. Marie atmete erleichtert
auf. Manchmal konnte Verstand die beste Waffe gegen boshafte Bemerkungen sein. Doch Emma wagte sich nun langsam wieder aus ihrer Ecke, durchquerte den Raum und blieb dicht neben Marie stehen.
    »In diesem Fall hast du ja Glück, denn dann stört es die Königin sicher nicht, dass dein Schleier einen Riss hat«, sagte sie mit einem dünnen Lächeln auf ihren Lippen. »Haben die Ratten in deinem Dorf ihn zerfressen?«
    Dieser Hieb saß, denn Marie war stolz auf ihr Gewand aus Saint Denis gewesen. Entsetzt fühlte sie, wie Tränen ihr in die Augen schossen, doch Torqueri de Bouillon kam ihr zu Hilfe.
    »Nun lass doch die Sticheleien, Mädchen. Wir müssen hier alle miteinander auskommen. Wenn Maries Schleier zerrissen ist, kann sicher eine von uns ihr eine unversehrte Kopfbedeckung leihen. Oder treiben sich auch in unseren Truhen Ratten herum?«
    Gekicher ertönte, und Emmas blütenweißes Gesicht färbte sich rosa. Marie zog ihren Schleier vom Kopf und untersuchte das feine Gewebe. Sie brauchte wesentlich länger als Emma, um die schadhafte Stelle zu finden.
    »Das Loch ist sehr klein, man sieht es kaum. Ich denke, ich werde den Schleier trotzdem tragen, aber ich danke Euch für Eure Hilfe«, meinte sie zu Torqueri, denn bisher hatte keine der übrigen Frauen es für nötig befunden, ihr tatsächlich einen anderen Kopfputz anzubieten. Die ältere Frau musterte Marie aufmerksam, streckte dann die Hand aus, um ihr kurz übers Haar zu streichen.
    »Du hast schöne Locken, Marie, ebenso wie Emma, auch wenn deren Farbe bei dir weniger auffällig ist. Diese dichte Haarpracht liegt wohl in der Familie. Auch König Henri hat sehr kräftiges Haar.«
    Nur für einen winzigen Moment richteten ihre klugen Augen
sich auf Emma. Maries Blick folgte ihnen, und sie

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