Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Dichterin von Aquitanien

Titel: Die Dichterin von Aquitanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
Vom Netzwerk:
Beschwerden. Übt Euch in Geduld, Prinz von Deheubarth. Ich weiß jedoch nicht, was ich für Euch tun könnte«, erwiderte Walter de Clifford. Der walisische Prinz warf ihm einen verächtlichen Blick zu. Als Mann der Tat schätzte er Gegner, die Stellung bezogen. Walter de Cliffords ausweichende Zurückhaltung machte ihn vermutlich noch wütender als es eine völlige Ablehnung seiner Forderungen vermocht hätte. Plötzlich stand Gwenllian auf, um selbst das Wort zu ergreifen.
    »Es ist allgemein bekannt, mein Herr de Clifford, dass der König Euch in letzter Zeit oft mit seiner Gegenwart beehrt«, sagte sie mit einem breiten Lächeln, das nicht ganz ehrlich schien. »Wir sind nicht gekommen, um Euch zu beschuldigen, Roger de Clares Verbündeter zu sein, oder gar mit weiteren Kämpfen zu drohen. Doch möchten wir die bescheidene Bitte vortragen, dass Ihr Euren Einfluss auf den König geltend macht, damit diese unerfreulichen Ereignisse nicht
den Frieden gefährden, der uns allen hier in Wales zugutekommt.«
    Beim Anblick der Waliserin entspannte Walter de Cliffords Miene sich ein wenig, denn er schien die Dreistigkeit, mit der sie sich in ein Gespräch unter Männern mischte, nicht unangenehm zu finden. Cadells einstige Braut, die walisische Frühlingsblume, war gealtert, aber sie vermochte noch zu gefallen.
    »Ihr scheint mir eine umsichtige Frau, Madam«, sagte der normannische Burgherr mit freundlicher Stimme. »Tatsächlich kommt der König in letzter Zeit des Öfteren zu uns. Meine Tochter Rosamond sehnte sich nach einer Reliquie aus dem Heiligen Land, die sie dem Kloster von Godstow schenken wollte, in dem sie erzogen wurde. Seine Hoheit erwies uns die Ehre, diese Kostbarkeit selbst zu überbringen.«
    Er strahlte vor Stolz, als er sich dem blondgelockten Engel zuwandte. Rosamond de Clifford hob kurz den Kopf. Ihr Gesicht wurde rot wie eine Rose, die in voller Blüte stand.
    »Dann könntet Ihr dem König vielleicht sagen, dass …« erwiderte Gwenllian, doch diesmal fuhr ihr der Prinz Rhys ins Wort: »Mein Bruder Cadell wurde vor fast einem Jahr mit der Nichte des Königs vermählt. Die edle Dame ist heute mit uns gekommen. Es würde die Umstände dieser Verbindung sehr ungünstig gestalten, wenn es wieder zu Kämpfen zwischen Walisern und Normannen käme.«
    Marie zuckte zusammen, als habe sie einen Schlag erhalten. Bisher hatte sie ihre Rolle in dieser Auseinandersetzung nicht wahrhaben wollen, doch nun spürte sie, wie sich ihre Eingeweide verkrampften.
    »Es ist mir eine große Ehre, eine Verwandte unseres großen Herrschers an meiner Tafel zu begrüßen«, sagte Walter de Clifford und hob seinen Bierkrug in Maries Richtung. Die anderen Versammelten folgten seinem Beispiel, sodass
Marie zu ahnen begann, weshalb sie so sorgfältig herausgeputzt worden war.
    »Wir werden dem König all diese Umstände erläutern, wenn er uns wieder aufsucht«, beendete der Burgherr seine Rede. Er schien erleichtert, die Angelegenheit mit diesen Worten von seiner Tafel kehren zu können, und winkte dem Sänger zu, sein Spiel wieder aufzunehmen.
    Marie spürte den Blick des Engels auf sich ruhen, wurde von ihm abgemessen, gewogen und für unwichtig befunden. Zwar mochte sie die Nichte des Königs sein, doch war der lieber mit einer Reliquie zur schönen Rosamond gekommen, als seine nach Wales abgeschobene Verwandte aufzusuchen. So blieb sie für Walter Cliffords Tochter nichts weiter, als eine ältere, unscheinbare Frau, die keine besondere Aufmerksamkeit verdiente.
    Marie leerte noch einen Becher Bier, um den Rest des Abends zu überstehen.
    Nach der Rückkehr in Cadells Burg wurde sie von Unruhe geplagt. Der nächste Tag verging quälend langsam. Marie hatte kein Schreibmaterial mehr und vermochte ihre Gedanken auch nicht in die nötigen Bahnen zu lenken, um neue Geschichten zu ersinnen. So schritt sie wieder von einer Zimmerecke zur nächsten. Cleopatras Knabbern an ihrem Ohr tröstete sie ein wenig, doch gleichzeitig fragte sie sich, ob sie den Vogel würde schützen können, wenn es zu Kämpfen kam und sie selbst in dieser Burg vielleicht als Feindin angesehen wurde. Zum ersten Mal war sie froh, Cadell beim Abendmahl wieder zu sehen und anschließend mit ihm allein sein zu können, denn er vermochte ihr vielleicht Antwort auf Fragen zu geben, die sie quälten.
    Als sie zusammen im Schlafgemach den üblichen Bierkrug leerten, vergaß sie, heimlich den Trank hineinzuschütten.

    »Meint Ihr, Walter de Clifford wird mit dem

Weitere Kostenlose Bücher