Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Diebe von Freistaat

Die Diebe von Freistaat

Titel: Die Diebe von Freistaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
Vom Netzwerk:
schlanken Hände hatten die richtige Zahl von Fingergelenken. Aber immer noch glühten die roten Punkte.
    »Wenn ein Urteil für Oberst Nizharu bestimmt ist«, sagte Jarveena fest, »hoffe ich, daß es bald vollstreckt wird.«
    »Das ließe sich machen!« sagte Enas Yorl mit seltsamer Betonung. »Für einen Preis.«
    »War nicht er damit gemeint? Ich dachte ...«
    »Du dachtest, es künde sein Geschick an und er sei deshalb so besorgt über seinen Verlust? Auf gewisse Weise stimmt das auch. Auf gewisse Weise ... Und ich kann dafür sorgen, daß sein Schicksal sich erfüllt. Für einen Preis.« »Welchen — Preis?« Obwohl sie es zu verhindern suchte, zitterte ihre Stimme. Wieder erhob er sich von seinem Stuhl und schüttelte seinen Umhang, daß er weit um ihn wallte und mit weichem Rascheln über den Boden strich.
    »Mußt du das fragen? Einen, der so offensichtlich vom Verlangen nach Frauen erfüllt ist? Du weißt doch nun, daß ich deshalb mit diesem Zauber bestraft wurde, ich verschwieg es dir nicht.«
    Eis schien sich um Jarveenas Herz zu bilden. Ihr Mund dörrte aus.
    »Warum denn so scheu?« schnurrte Enas Yorl und nahm ihre Hand in seine. Ich versichere dir, du hattest bestimmt schon üblere Bettgefährten.«
    Es stimmte. Die einzige Möglichkeit, die sie gefunden hatte, die ermüdenden Meilen zwischen dem nun vergessenen Hain und Freistatt zurückzulegen, hatte darin bestanden, sich hinzugeben: Kaufleuten, Söldnern, Pferdeknechten, Wachleuten ...
    Mit einem letzten Aufbegehren sagte sie: »Dann verratet mir zuvor, wem die Todesurteile gelten.«
    »Ich will dir die Antwort nicht vorenthalten. So wisse denn, daß eines für einen Ungenannten ist, den man fälschlich des Mordes an einem anderen beschuldigen wird. Und das zweite ist für den neuen Statthalter, den Prinzen.«
    Danach erlosch das Licht und sie leistete keinen Widerstand, als er sie an sich zog.
    Jarveena erwachte spät. Es war gewiß schon eine halbe Stunde nach Sonnenaufgang. Sie lag in ihrem eigenen Bett, doch von ihr abgesehen war der Schlafsaal leer. Sie empfand eine wundervoll wohlige Müdigkeit. Enas Yorl hatte nicht übertrieben. Wenn er schon in jungen Jahren so geschickt gewesen war, wunderte sie sich nicht, daß die Braut seines Nebenbuhlers ihn vorgezogen hatte. Widerstrebend öffnete sie die Augen und sah etwas auf dem Kopfkissen liegen. Verwirrt blinzelte sie und schaute erneut, dann streckte sie eine Hand aus und berührte grüne, schillernde pulvrige —
    Schuppen!
    Mit einem Aufschrei sprang sie aus dem Bett, gerade als Melilot mit wutgerötetem Gesicht herbeigestürmt kam.
    »Da bist du also, du kleine Schlampe! Wo warst du die ganze Nacht? Ich habe auf dich gewartet, bis mir die Augen zufielen! Ich war inzwischen schon sicher, daß die Wachen dich verhaftet und in den Kerker geworfen hatten! Also sprich schon! Was hat Nizharu gesagt?«
    Nackt und verwirrt, wie sie war, fühlte Jarveena sich entsetzlich verlegen. Da fiel ihr Blick auf etwas ungemein Beruhigendes. Am hölzernen Haken über ihrem Bett hingen ihr Umriang, Wams und Beinkleid, genau wie ihr kostbarer Schreibkasten, genau, als hätte sie selbst sie aufgehängt, ehe sie zu Bett ging.
    Sie griff nach dem Schreibkasten und öffnete das Fach, wo sie dergleichen gewöhnlich verbarg, und brachte triumphierend die zwei Goldstücke zum Vorschein, die sie vom Oberst erhalten hatte - nicht jedoch das Silberstück, das sie für sich selbst bekommen hatte.
    »Das bezahlte er für eine falsche Übersetzung des Schriftstücks«, erklärte sie. »Aber Ihr solltet keine machen.«
    »Was?« Melilot entriß ihr die Goldmünzen und wollte schon mit den Zähnen ihre Echtheit prüfen, als er sich doch zurückhielt.
    »Wie würde es Euch gefallen, zum Hofschreiber des Statthalters ernannt zu werden?«
    »Bist du verrückt?« Dem fetten Mann quollen die Augen schier aus den Höhlen. »Durchaus nicht.« Ohne sich von Melilots Anwesenheit stören zu lassen, langte Jarveena unter das Bett, holte den Nachttopf hervor und führte ihn seinem vorgesehenen Zweck zu. Inzwischen erklärte sie den Plan, den sie sich ausgedacht hatte.
    »Aber das bedeutet, daß du das Schriftstück gelesen hast!« sagte Melilot überlegend, während er sich ihren Vorschlag durch den Kopf gehen ließ. »Es ist doch verhext! Wie hast du es da fertiggebracht?«
    »Ich gar nicht, wohl aber Enas Yorl.«
    Melilots Lippen bewegten sich, ohne einen Laut hervorzubringen und sein Gesicht wurde fahl. »Aber sein Palast wird von

Weitere Kostenlose Bücher