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Die Diebe von Troja - ein Abenteuer um Heinrich Schliemann

Die Diebe von Troja - ein Abenteuer um Heinrich Schliemann

Titel: Die Diebe von Troja - ein Abenteuer um Heinrich Schliemann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Vry
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eher hätte man doch angenommen, dass die Welt untergeht, bevor Aglaia noch einen Mann abbekommen würde.«
    Nikos und Jannis sahen sich an. Würde gleich von Spyros die Rede sein?
    Tatsächlich fuhr Dimmi fort: »Nun ja, des einen Glück ist des anderen Leid. Ich sage nur: Spyros. Der Arme ist der Auserkorene, er ist Aglaias Bräutigam und wird bald die größte Schreckschraube der Gegend, die wohl hässlichste Frau der Troas, heiraten.«
    Nikos und Jannis bemerkten, dass Elena bei diesen Worten zusammenzuckte.
    Dimmi fuhr fort: »Es sei denn, Spyros wacht eines Tages auf und ist steinreich. Dann kann er sich freikaufen von diesem seltsamen Handel, den sein Vater da angezettelt hat. Aber ich fürchte, darauf kann er lange warten ...«
    Elena ergriff überraschend heftig das Wort: »Aber Dimmi, hoffen ist doch erlaubt. Wo wären wir ohne unsere Hoffnungen und Träume? Vielleicht hat der arme Spyros ja Glück und entdeckt eines Tages vor seiner Haustür eine Kiste voller Gold ...« Bei dieser schönen und wunderbaren Vorstellung verklärte sich ihr Blick. Währenddessen hatte Nikos seinen Bruder nicht aus den Augen gelassen. Jetzt war auch er überzeugt, Dimmi hatte es ja soeben mit eigenen Worten bestätigt: Wenn es jemanden gab, der so dringend Geld oder auch Gold brauchte wie kein anderer, dann war es Spyros! Seine Zukunft, sein Glück, sein ganzes Leben hingen davon ab. Konnte irgendjemand verdächtiger sein als er?
    Für einen Moment senkte sich Schweigen über den Raum und jeder der Anwesenden hing seinen eigenen Gedanken nach. Dimmi nutzte die Gelegenheit, setzte sich gemütlich zurecht und begann von Neuem mit einer kleinen Erzählung:
    »Vor einigen Tagen war ich in Canakkale, um einen alten Freund zu besuchen, den ich seit Langem nicht gesehen hatte. Dort angekommen, band ich meinen Esel an einen Baum und war gerade im Begriff, den Hof meines Freundes zu betreten, als sich vier Hunde auf mich stürzten. Ich versuchte, sie durch laute Drohungen einzuschüchtern, warfSteine nach ihnen, aber all das blieb ohne Erfolg. Die Bestien umzingelten mich, fletschten ihre Zähne, kamen immer dichter und dichter an mich heran und waren kurz davor, mich zu zerfleischen. Was sollte ich tun? Ich schrie laut um Hilfe, aber zu meinem großen Unglück war niemand auf dem Hof und auch nicht in der Nähe, denn mein Freund hatte mich noch nicht so früh erwartet. So war ich ganz auf mich gestellt. Ganz auf mich? Aber nein, nicht ganz, und Not macht bekanntlich erfinderisch, wie man so schön sagt ...« Für einen Moment hielt er inne. »In dieser schrecklichen Lage fiel mir nämlich etwas ein, etwas, das ich vor einiger Zeit gelesen hatte und das in diesem Moment schlagartig in meiner Erinnerung auftauchte. Eine Begebenheit, geschrieben vor mehr als 2000 Jahren von dem berühmten und großartigen Schriftsteller namens Homer, ihr habt sicher von ihm gehört. Schließlich sind es seine Werke, die diesen deutschen Archäologen Schliemann hierher zu uns gebracht haben.«
    Stavroula, Elena und sogar Jorgos nickten und die Brüder stöhnten leise. Das konnte ja ewig dauern, bis Dimmi fertig war! Dimmi überhörte es und nahm das Nicken als Ermunterung, um mit seiner Erzählung fortzufahren.
    »In einem seiner Bücher schreibt Homer über Odysseus, den weisen, listenreichen König der Griechen. Der befand sich einmal in einer ähnlichen Situation wie ich ...« Und Dimmi lehnte sich mit geschlossenen Augen zurück und rezitierte den Text, den er auswendig kannte: »›Sobald die bellenden Hunde den Odysseus sahen, kamensie heulend herbeigelaufen; Odysseus aber setzte sich klugerweise auf die Erde und ließ seinen Stab aus der Hand fallen ...‹ Ja, und genau so wie der weise König verhielt ich mich auch. Ich setzte mich auf den Boden, machte mich so klein wie irgend möglich und rührte mich nicht von der Stelle. Das habe ich von Odysseus gelernt: Ich zeigte den Tieren auf diese Weise meine Demut, meine Unterwerfung und sie verstanden, bildeten einen Kreis, ließen mich zwar nicht mehr aus den Augen, aber sie ließen mich in Ruhe. Hätte ich mich auch nur einmal gerührt, wären sie über mich hergefallen. Zum Glück erschien nach einiger Zeit mein Freund auf dem Hof und befreite mich aus meiner unglücklichen Situation. Er half mir bei Kaffee, Süßigkeiten und gutem Zuspruch, mich zu erholen, und schon bald konnte ich laut über das lachen, was mir passiert war: Mein Leben, zumindest meine Gesundheit, verdankte ich also einem uralten

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