Die Diebe von Troja - ein Abenteuer um Heinrich Schliemann
mitten ins Herz. Auch sie spürte das süße Gift der Liebe durch ihren Körper strömen, auch sie hatte sich Hals über Kopf in den trojanischen Prinzen verliebt. Von diesem Moment an waren die beiden unzertrennlich.«
»Ja, und der König, was sagte der dazu?«, fragte Jannis dazwischen.
Dimmi lachte bitter. »Ja, Menelaos war darüber natürlich alles andere als glücklich. Vielleicht hätte er seine Frau ziehen lassen können mit dem Mann, für den ihr Herz nun schlug, aber welcher Mann tut das freiwillig? Ich kenne keinen! Nein, selbst dann nicht, wenn die Frau hässlich sein sollte wie die Nacht. Na ja, dann vielleicht schon ... Aber Helena war wunderschön und Menelaos liebte und brauchte seine Frau, in jeder Hinsicht. Der junge Prinz sah also nur einen Ausweg: Er musste seine Angebetete entführen. Und genau das tat er! Eine richtige Entführung war das natürlich nicht, wenn ihr versteht,was ich meine. Helena nämlich war begeistert, als ihr Liebster plötzlich vor ihr stand, um sie in seine reiche und prächtige Heimatstadt zu holen. Sie wehrte sich nicht, sondern stieg bereitwillig auf das Schiff ihres Geliebten und gemeinsam segelten sie über die Meere nach Troja ...«
Über Elenas Gesicht huschte der Anflug eines Lächelns.
Dimmi fuhr fort: »Schon bald entdeckte der verlassene Menelaos, was passiert war, er alarmierte sofort all seine griechischen Freunde, Fürsten und Helden, unter ihnen auch Achill und Odysseus, lauter starke, mutige und furchtlose Männer. Schon viele Jahre zuvor hatten sie dem König nämlich etwas geschworen: Falls Helena einmal geraubt werden sollte, würden sie sie zurückholen, um jeden Preis! Zunächst verfolgten sie Paris und Helena bis nach Troja. Nachdem sich die beiden aber in der Stadt verschanzt und die Tore wieder hinter sich verschlossen hatten, versuchten die Griechen vergeblich, in die Festung einzudringen. Zehn Jahre lang schafften sie das nicht, zehn Jahre lang herrschte Krieg.
In dieser Zeit wurde unendlich viel Blut vergossen, die mutigsten Helden ließen ihr Leben, Hektor, Patroklos und Achill, die Amazonenkönigin Penthesilea, um nur einige zu nennen, und auch Paris überlebte die Kämpfe nicht. Na ja, um es kurz zu machen«, sagte Dimmi mit Blick auf den verletzten Jorgos: »Erst nachdem der listenreiche Held Odysseus ein riesiges Pferd aus Holz hatte bauen lassen und es den Trojanern als Geschenk überreicht hatte, kamendie Griechen ihrem Ziel einen Schritt näher. Sie stellten das gezimmerte Tier vor dem Stadttor ab, machten kehrt und taten so, als würden sie auf Nimmerwiedersehen aus Troja verschwinden. Die Trojaner freuten sich über das Kriegsende und über das schöne Geschenk, sie zogen das Pferd in ihre Stadt, genehmigten sich noch einen Gutenachttrunk und legten sich schlafen. Damit war ihr Schicksal allerdings besiegelt, denn was sie nicht ahnten: Im Innern des Pferdes hatten sich mehrere Männer versteckt. Und die, kaum war Ruhe in der Stadt eingekehrt, krabbelten leise aus dem hölzernen Tier, öffneten von innen die riesigen Stadttore und ließen die draußen wartenden griechischen Krieger hinein, Tausende, Zehntausende. Ich kann euch sagen, ein unglaubliches Kampfgetümmel muss sich damals in Troja abgespielt haben. Jetzt floss Blut ohne Ende und bald mischten nicht nur die stärksten und mutigsten Männer, sondern auch Göttinnen und Götter mit. Die Göttin der Liebe beispielsweise, Aphrodite, war eine von denen, die zu dem Liebespaar Paris und Helena hielt, andere Göttinnen und Götter wiederum kämpften auf Menelaos’ Seite. Innerhalb kürzester Zeit lag die Stadt in Schutt und Asche, viele Einwohner und die meisten der kühnsten griechischen Helden waren tot.«
So hatten Nikos und Jannis die Geschichte bisher noch gar nicht betrachtet. Dass vor mehr als zweitausend Jahren die großen Helden der Griechen genau hier gekämpft, gelebt und geliebt hatten, erfüllte sie alle mit einem unglaublichenStolz. Sie selbst waren Griechen und, wer weiß, vielleicht sogar mit dem einen oder anderen der großen Helden von einst entfernt verwandt. ›Solch einen Feigling wie mich hat es früher bestimmt nicht gegeben‹, dachte Jannis beschämt.
»Und was wurde aus Helena? Das habe ich mich bisher nie gefragt ...«, rief Elena dazwischen.
Dimmi antwortete: »Ja, Helena überlebte. Ob sie aber nach den vielen Jahren und den furchtbaren Strapazen noch immer so schön war wie am Anfang, möchte ich bezweifeln, aber egal ... Als ihr Mann sie nach der
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