Die Diebe von Troja - ein Abenteuer um Heinrich Schliemann
Schriftsteller und einem trickreichen König, stellt euch das vor!« Auch über die Gesichter seiner Zuhörer huschte ein Lächeln. Nur Jannis und Nikos wurden immer unruhiger. Nervös rutschten sie auf ihren Stühlen hin und her. Am liebsten wären sie aufgesprungen und hätten das Haus verlassen. Sie hatten doch wirklich Wichtigeres zu tun, als sich alte, wundersame Geschichten anzuhören. Die Mutter bemerkte die Ungeduld ihrer Söhne und ermahnte sie mit strengen, strafenden Blicken. Die Jungen wussten, was das heißen sollte: »Sitzt still, gebt endlich Ruhe und hört Dimmi zu! Das ist ein Gebot der Höflichkeit.«
In Dimmis Gegenwart schien sich der Vater etwas zu erholen und wandte sich leise an den Gast: »Dimmi, erzähl noch mehr vom alten Homer, erzähl die schöne Geschichte von Troja, vom Trojanischen Krieg, von Paris und Helena. Wir alle kennen sie, aber keiner erzählt sie so wunderbar wie du ...«
»Ja, Dimmi, bitte«, bat nun auch Stavroula. »Nichts wird Jorgos besser kurieren als eine Gedankenreise in die Vergangenheit ...« Und während Dimmi mit einem großen Schluck Wasser seine Kehle befeuchtete, sich zurücklehnte, räusperte und kurz die Augen schloss, ahnten Nikos und Jannis seufzend, dass soeben ihre schlimmsten Befürchtungen wahr wurden: Gleich würde hier, mitten in ihrem Haus, noch einmal der Trojanische Krieg toben und wahrscheinlich nicht so bald ein Ende finden.
Zeitreise wider Willen
W as ich euch erzählen will, ist lange her und doch ist es wirklich geschehen – die Geschichte vom Trojanischen Krieg. Blutige Kämpfe, Tapferkeit und Tod, List und Betrug, all das fand nicht nur in den unsterblichen Gesängen des großen Homer statt, sondern auch in der blutigen Wirklichkeit und – wie ihr wisst – möglicherweise genau hier, in der Troas, im alten Troja, in Hissarlik. Der Krieg um Troja ereignete sich zu einer Zeit, als die Menschen an Götter glaubten, die inzwischen fast vergessen sind, an Zeus, Hera, Athene, an Apoll, Artemis und viele andere, und nicht zuletzt an Aphrodite, die Göttin der Liebe ... und ebenso an gewaltige, mutige Helden, an den listig-schlauen Odysseus genauso wie an den tapferen Achill.«
Jannis und Nikos sahen sich an und verdrehten heimlich die Augen. Über den Trojanischen Krieg hatten sie schonmanches Mal gehört, aber Dimmi schien heute eine besonders ausführliche Variante zu wählen.
Der Alte erzählte weiter: »So lange ist das her und man mag es kaum mehr glauben: Die Troas war früher ein wunderbares Land, die Felder brachten reiche Ernten, auf den Weiden grasten Rinder, die Wälder waren voller Wild und das Meer voller wohlschmeckender Fische. Und mittendrin, die ganze Landschaft überragend, thronte die prachtvolle, mächtige, stolze Stadt, das unglückliche Troja.«
Seine Zuhörer versuchten sich vorzustellen, was Dimmi mit leuchtenden Augen beschrieb, geradeso, als sähe er es leibhaftig vor sich. Leicht war das nicht. Wer sich heute in der Troas, in der Gegend rund um Hissarlik, umschaute, sah etwas anderes. Reichtümer waren selten geworden und auch von der wundersamen Stadt Troja war nichts mehr zu sehen, sie war nicht mehr da, verschwunden, untergegangen, versunken, mit all ihren mächtigen Stadtmauern und Palästen. Doch wenn man den alten Geschichten und Kyrie Schliemann, dem deutschen Archäologen, glauben wollte, musste sie einmal da gewesen sein, genau hier – möglicherweise verborgen in dem Berg von Hissarlik, wo der Kyrie fieberhaft nach ihr suchen und graben ließ.
Voller Begeisterung erzählte Dimmi weiter und ließ in seinen Worten die Vergangenheit lebendig werden: »Ein ganz besonderes Geschenk hatte der griechische Gott des Nordwindes der Gegend gemacht. Jeden Sommer, also in der Zeit, in der die Schiffe durch die Meerenge, die Dardanellen,segeln wollten, ließ er Boreas, den Nordwind, wochenlang und ohne Unterbrechung blasen. Das hatte zur Folge, dass die Schifffahrt durch die Meerenge vollständig zum Erliegen kam, kein Schiff konnte mehr hindurch. Und die Kapitäne mit ihren reich beladenen Schiffen konnten nichts anderes tun als warten, warten und nochmals warten.«
Nikos’ und Jannis’ Blicke trafen sich und sie mussten ein Stöhnen unterdrücken. Warten, warten, warten, auch sie mussten das. Es war wirklich zum Verzweifeln!
»Und das taten sie hier, in Troja, hier warteten die Kapitäne, bis der Nordwind nachließ. Währenddessen begannen sie, mit ihren kostbaren Waren Handel zu treiben. So wurde Troja zu
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