Die Dienerin - Gesamtausgabe
dass sie ihn immer noch liebte. Aber typisch Frau, wollte sie ihn noch ein wenig zappeln lassen. Bis er bettelte, und alle Sünden beichtete. Und natürlich um Vergebung bat. Aber das konnte sie gerne haben, so lange sie zu ihm zurückkehrte.
„Was ist denn das für eine Begrüßung Selda? Spricht man so von seiner großen Liebe?“
Selda blitzte ihn wütend an. Wenn doch nur Blicke töten könnten, oder wenigstens verstümmeln dachte sie.
„Du warst es vielleicht einmal, und ich betone vielleicht Abdullah. Aber ganz sicher heute nicht mehr.“
Apo merkte, dass Selda wirklich sauer war, sie sprach sonst nie seinen vollen Namen aus, sie sagte immer Apo. Sie hatte vielleicht während ihrer ganzen Ehe, die immerhin drei Jahre dauerte, nicht einmal fünf Mal seinen vollen Namen ausgesprochen.
„Mädchen, ich bin nur wegen dir nach New York geflogen, weißt du nicht mehr, das war doch unser Traum damals, erinnerst du dich nicht mehr daran?“
Selda konnte es nicht fassen, wie dumm Apo war. Und diesen Mann habe ich geliebt, sogar geheiratet? Wie blöd war ich denn damals? Aber sie war heute ganz bestimmt nicht dumm. Sie wusste ganz genau, was und vor allem wen sie wollte. Und es war definitiv nicht Apo. Sie dachte die ganze Zeit an John.
„Es war mein Traum, nur mein Traum. Das weißt du sehr gut.“
„Das ist doch unwichtig! Wichtig ist nur, ich bin hier, und du bist hier. Wir können heute die Zeit zurück drehen, wir haben beide aus unseren Fehlern gelernt. Ich weiß, ich bin deiner nicht würdig, aber ich liebe dich. Ich will alle meine Fehler wieder gut machen. Ich weiß, du liebst mich auch. Ich sehe in deine Augen und ich sehe dass du mit deinem Stolz kämpfst. Bitte Selda, gib uns eine Chance. Wir gehören zusammen, wir sind aus dem gleichen Holz.“
Selda schaute Apo lange einfach nur an. Er wirkte verzweifelt, wie ein hoffnungslos verliebter Teenager. Er war so, wie er ganz am Anfang war, als sie sich gerade erst kennengelernt hatten. Er sprach wie damals, und er schaute so treuselig wie damals. Er hatte ihr damals die Welt zu Füßen legen wollen, er hatte ihr so viel versprochen, aber fast nichts davon gehalten. Geldsorgen und Alltagsfrust kamen immer dazwischen, und beide wurden immer unglücklicher.
„Selda, ich bin heute ein andere Mensch, ich möchte, dass wir uns wieder ein Leben aufbauen und diesmal wird alles anders. Erinnerst du dich an unser zufälliges Treffen in der Stadt als du bummeln warst? Weißt du wie oft ich durch die Geschäfte gezogen bin, um dir zufällig zu begegnen? Ich war zu stolz, um an deine Tür zu kommen, um zu zugeben, dass ich dich zurück wollte. Und jetzt bin ich für dich 10000 Kilometer geflogen, nur um bei dir zu sein, nur um dein schönes Lächeln einmal zu sehen, dich einmal berühren zu dürfen. Bitte schick mich nicht weg, ich will unser Leben wieder zurück.“
Selda wankte. Sie konnte sich nicht dagegen wehren, aber die Erinnerungen waren alle plötzlich da. Die alten Träume, die alten Gefühle, alles was sie längst begraben hatte, wurde n mit einem Mal lebendig. Sie fühlte sich in jene Zeit versetzt, sie waren jung, und hatten wirklich geglaubt, der Glaube würde Berge versetzen und ihnen würde alles gelingen, nur weil sie jung waren. Heute wusste sie genau, dass das kompletter Unsinn war. Ob ein Traum in Erfüllung ging, hing von so vielen Faktoren ab, und einige konnte sie weder manipulieren noch irgendwie steuern. Vieles war ganz banal einfach Zufall. Das Alter machte einen weise, ob man wollte oder nicht. Sie schaute Apo in die Augen und sie sah Verzweiflung, pure Verzweiflung. Seine Worte schienen ehrlich zu sein. Beide standen immer noch an der Tür zur Suite. Apo fragte gar nicht nach, wie sie sich so eine teure Suite überhaupt leisten konnte. Er fragte nicht einmal, was sie in New York tat und warum sie hier. Und ob sie allein hier war. Selda bekam Zweifel an seiner Ehrlichkeit, da griff er nach ihren Händen. Er hielt sie einfach fest und schaute ihr fest in die Augen.
„Liebst du mich wirklich Apo? Tust du das wirklich?“
„Ja Selda, ich liebe dich. Ich liebe dich seit dem Augenblick, als ich dich das erste Mal gesehen habe. Ich war ein Idiot, denn ich habe dich verlassen, du bist das kostbarste, was ich je besessen habe. Du bist mein Leben Selda.“
Selda stand nur da, Apo hielt noch immer ihre Hände fest.
„Komm herein“, sagte Selda leise.
32 .
Frederick musterte John
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