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Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Titel: Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Peetz
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überraschenden Aussagen zu verwirren und damit von ihrer Abwehrhaltung
abzulenken.
    »Sie kommen mir so
bekannt vor«, versuchte Caroline eine neue Strategie. »Ich überlege die ganze
Zeit, ob wir uns nicht schon mal begegnet sind.«
    Steiners Antwort kam
direkt und ohne Nachdenken. »Nein«, sagte er. Einfach Nein und dann gar nichts
mehr.
    Carolines schöne
Kommunikationstheorie erwies sich als wenig tragfähig. Sie klang vermutlich
wenig intelligent, als sie platt nachfragte: »Nein?«
    Steiner blieb souverän.
Es gab nicht einen winzigen Moment des Zögerns in seinem Verhalten. Er hielt es
nicht einmal für nötig, Caroline genauer anzuschauen, um sein Urteil zu
überprüfen. Er wusste es einfach. »Nein«, wiederholte er noch einmal.
    Mit gekonnter Technik
vertäute er die drei Stangen zu einer stabilen Konstruktion. Das Dreibein
stand. So jemand, dachte Caroline, kann sicher auch eine Schlinge knüpfen.
    »Jetzt müssen Sie nur
noch Feuer machen«, meinte er. »Aber als alte Pfadfindermutter wissen Sie ja,
wie das geht«, sagte er zu Caroline und winkte freundlich zum Abschied. »Wir
sehen uns.«
    Er verschwand in
Richtung Haupthaus. Was auch immer er da wollte.
     
    Die Freundinnen blieben
überwältigt zurück: Was für ein Auftritt!
    Judith kapierte nichts
mehr: »Ihr kennt euch?«, wandte sie sich ratlos an Caroline.
    »Ich weiß es nicht.
Nein. Eigentlich nicht. Denke ich«, stammelte Caroline.
    Man hatte sie immer für
ihr gutes Gedächtnis und ihren klaren Verstand geschätzt. Seit sie übersehen
hatte, dass ihre Freundin Judith ein Verhältnis mit ihrem Mann unterhielt, der
jetzt ihr Exmann war, hatte sie zunehmend den Boden unter den Füßen verloren.
Konnte sie den eigenen Wahrnehmungen und Erinnerungen überhaupt noch trauen?
    Selbst Estelle war
aufgefallen, dass Steiner seltsame Dinge sagte: »Seit wann bist du eine
Pfadfindermutter?«, fragte sie.
    »Vincent war mal bei
den Pfadfindern. Vor zwanzig Jahren«, antwortete Caroline.
    »Vielleicht kennt ihr
euch daher«, mutmaßte Judith.
    »Oder es war ein Witz«,
warf Estelle ein. Sie fand das alles nicht so schlimm und Steiner kein bisschen
gefährlich: »Warum engagieren wir den Trapper nicht?«, schlug sie vor. »Der
kann uns sicher ein Wildschwein grillen. Falls wir heute Abend immer noch
keinen Strom haben.«
    Caroline ärgerte es
maßlos, dass sie sich Steiner gegenüber hilflos fühlte. Noch mehr ärgerte es
sie, dass die Batterie ihres Telefons leer war. Sie hatte beim Joggen das
dunkle Dorf bemerkt und falsch kombiniert. Natürlich schliefen die Bauern und
Dorfbewohner nicht länger als sie. Auf Stromausfall war sie nicht gekommen.
Statt vernünftig mit den verbliebenen Ressourcen umzugehen, hatte sie sich das
Horoskop angehört. Die Texte schrieb vermutlich eine fleißige, aber chronisch
unterbezahlte Volontärin, die ihren Frust jeden Morgen an einem anderen
Sternzeichen ausließ. So war das letzte bisschen Batterie sinnlos
draufgegangen. Caroline konnte nicht einmal mehr in der Kanzlei anrufen, um
ihre findige Auszubildende Nora auf Steiner anzusetzen. Nora, ganz Kind ihrer
Zeit, war ausgewiesene Google-Expertin und konnte sicher rausbekommen, wo die
Querverbindung zwischen Caroline und Steiner lag. Ihre eigene Recherche in der
Nacht hatte erbracht, dass es im Bundesgebiet 28   493 Menschen mit dem Nachnamen Steiner gab. Die
meisten davon lebten in südlichen Gefilden. In der irrigen Annahme, dafür am
Morgen genug Zeit zu haben, hatte sie darauf verzichtet, die 148   000 Treffer, die sie bei Google unter Thomas
Steiner erzielte, genauer zu recherchieren.
    »Ist der merkwürdig
oder bin ich es?«, fragte sie.
    »Vielleicht musst du
Kiki fragen«, schlug Estelle vor. »Ich habe keine Ahnung, was das für Leute
sind, die hier freiwillig Urlaub machen.«
    Caroline war
durcheinander. Wenn Steiner es tatsächlich auf sie abgesehen hatte, was
bedeutete dieser merkwürdige Auftritt? War das wie bei einer Katze, die im
Konflikt zwischen Tötungswillen und Spiellust eine Maus erst drangsalierte,
bevor sie ihr endgültig den Garaus machte?

20
    Eva konnte es nicht
glauben: Das musste er sein. Oder nicht? Das war doch der Mann, der sie gestern
aus dem Schlamm gezogen hatte?
    Von der Terrasse, wo
die Dienstagsfrauen sie auf einer Liege zwischengelagert hatten, beobachtete
Eva, wie Steiner den Freundinnen beim Aufbau des Grills half und ebenso
plötzlich, wie er aufgetaucht war, wieder verschwand.
    »Was ist los? Was macht
der denn hier?«, rief

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