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Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Titel: Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Peetz
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wahrheitsgemäß geantwortet
hatte. Sie war verblendet genug gewesen, keine seiner Antworten ernst zu
nehmen. Sie war so in ihren eigenen Vorurteilen und Ängsten gefangen gewesen,
dass sie nicht in der Lage war wahrzunehmen, was wirklich um sie herum vorging.
Vielleicht konnte Judith sich auf ihr Bauchgefühl verlassen, Carolines
Intuition hatte sich als Totalversager erwiesen. Eine Frage blieb: »Das mit
Ihrem Job im Finanzministerium, stimmte das?«
    Steiner hielt inne:
»Sie haben den psychiatrischen Bericht im Netz gefunden?«
    Caroline nickte.
    »Ich habe ein bisschen
zu viel, zu genau und zu oft bei einer Frankfurter Bank nachgefragt«, gestand
Steiner. »Der Vorstandsvorsitzende hatte gute Beziehungen ins Ministerium.«
    Sein Bericht deckte
sich mit dem, was Caroline von Nora erfahren hatte.
    »Mein Verfahren gegen
die Kündigung läuft noch. Drei meiner Kollegen haben ihre Prozesse gegen die
psychiatrischen Gefälligkeitsgutachten bereits gewonnen.«
    Caroline hatte keinen
Grund, am Wahrheitsgehalt seiner Aussage zu zweifeln. »Es tut mir leid«, gab
Caroline kleinlaut zu.
    »Ist schon okay«,
meinte Steiner. »Solange Sie versprechen, das nächste Mal meine Hemden
ordentlicher zusammenzulegen.«
    Caroline lächelte
schief. »Was haben Sie hier so lange gemacht? Angeln? Ausflüge? Das ergibt doch
keinen Sinn.«
    »Ich habe
vierundvierzig Institutionen und Projekte besucht, in die die Apothekenkette in
den letzten Jahren investiert hat. Da hat man ein bisschen Ruhe verdient. Vor
allem, wenn man noch nicht weiß, wohin einen der nächste Auftrag führt. Seit
der Geschichte in Frankfurt verzichte ich auf einen festen Wohnsitz.«
    In Carolines Kopf
kreisten tausend Fragen, die sie gerne gestellt hätte: Was war mit Eva, dem Kuss…
    »…und den Rest«,
ergänzte Steiner, der genau zu ahnen schien, was in ihrem Kopf vorging, »fragen
Sie am besten Ihre Freundin. Die kann Ihnen manches genauer erklären.«
    Caroline schluckte:
»Könnten Sie, wenn Sie mich schon durchschauen, nicht ein wenig Mitleid mit mir
haben?«
    Steiner reagierte
überraschend freundlich: »Wenn ich mich wieder mal streiten will, darf ich Sie
anrufen?«, fragte er. »Ich glaube, wir haben mehr gemein, als Sie denken.«
    Das war das Netteste,
was Steiner ihr in all den Tagen gesagt hatte. Und vielleicht hätte Caroline
ebenso freundlich geantwortet, wenn nicht ausgerechnet in diesem Moment ihr
Telefon geklingelt hätte. Sie brauchte gar nicht nachzusehen. Es war ihr
anonymer Verfolger. Und sofort war da wieder das Gefühl des Ausgeliefertseins.
Sie war auf der Suche nach ihrem Stalker wieder bei null angekommen.
    Caroline nahm das
Gespräch an, griff die Quietscheente, hielt sie an das Mikrofon und drückte sie
mit aller Macht zusammen. Wenigstens flogen ihrem Anrufer jetzt die Ohren weg.
»Auch Paranoiker können Feinde haben«, entschuldigte sie sich.
    »Wenn Sie mich fragen,
ich empfehle einen Aufenthalt in Hilden. Eine Woche mit einer Herde
Therapie-Lamas bringt einen auf den Boden der Tatsachen zurück«, sagte Steiner,
nahm seinen Koffer und rollte aus ihrem Leben. Es tat Caroline leid. Sie hatte
die Chance, ihn wirklich kennenzulernen, verpasst.
    Sie wandte sich zum
Gehen und bemerkte, dass Eva aus einem sicheren Versteck Steiners Abgang
verfolgte. Anders als Caroline flüchtete sie vor einem letzten Zusammentreffen.
    »Wir sehen uns«, rief
Steiner und winkte, ohne sich noch einmal umzudrehen.

56
    Eva widmete sich der
Gartenarbeit. Als ob sie damit die Nacht vergessen machen könnte. Die Schmerzen
im Knöchel waren nichts gegen die im Kopf, wo ein Nilpferd lebte, das sich von
Rotwein ernährte und alles kurz und klein trampelte.
    »Schön, dass du wieder
auf den Beinen bist«, sagte Caroline.
    Eva wusste nicht, was
die Freundin von ihr wollte. Zur Sicherheit arbeitete sie stur weiter. Sie
drückte mit den Händen eine Kuhle in die mühevoll aufgelockerte Erde und setzte
fein säuberlich eine Salatpflanze hinein. Nicht zu tief, sonst schimmelten die
unteren Blätter ab. Hinter ihr zog sich bereits eine lange schnurgerade Reihe.
Die einfache Tätigkeit, die simplen Regeln folgte, gefiel ihr. Gartenarbeit
suggerierte, dass man das Leben unter Kontrolle hatte.
    »Ich hätte dich nicht
so angehen dürfen«, gab Caroline schuldbewusst zu.
    »Geht schon wieder«,
antwortete Eva. »Ich habe in meiner Handtasche einen Schokoriegel gefunden. Das
tröstet.«
    »Bist du sauer auf
mich?«, fragte Caroline.
    »Ja und nein«, gab Eva
zu.

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