Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben
rang nach Luft:
»Der Film erzählt die Geschichte einer Anwältin, die auf dem besten Weg ist,
einen Serienmörder im Prozess rauszuhauen«, presste sie mühsam hervor. »Und
dann ist da dieser heimliche Zeuge, der sie bedroht. Weil er Angst hat vor dem
Täter.«
Caroline war blass
geworden. »Das ist einer von Fridos Filmen?«
»Er synchronisiert sie
sogar selber«, nickte Eva. »Keine große Arbeit. Es gibt kaum Dialog. Mehr
Massaker.«
»Spul noch mal zurück«,
forderte Caroline sie auf. Beim zweiten Hören entdeckte sie noch mehr
Versatzstücke, die sie von ihrem Verfolger kannte. »Mein anonymer Anrufer
kupfert seine Drohungen wortwörtlich aus einem japanischen Splattermovie ab«,
sagte sie entgeistert.
»Ganz schön
einfallslos«, meinte Eva.
Doch Caroline
interessierte etwas anderes: »Vielleicht gibt es einen Zeugen, der in der Sache
Lenny Fischer noch nicht gehört worden ist. Und womöglich steht der auf Fridos
Kundenliste.«
»Frido weigert sich,
die Namen herauszugeben. Er nennt das Betriebsgeheimnis«, klagte Eva.
Caroline ließ sich
davon nicht beeindrucken. »Möglicherweise kann man ihn damit überzeugen, dass
seine Aussage helfen kann, eine Straftat aufzuklären…«
Eva zückte ihr Handy,
wählte und hielt Caroline, noch bevor sich jemand melden konnte, den Hörer hin:
»Frag ihn selber.«
Caroline durchschaute
ihr Manöver sofort: »Hast du Angst, Frido sr. ist dran?«
Eva nickte betroffen.
»Ich habe Angst, wie er reagiert. Kiki hatte recht: Es war nicht besonders
klug, alles zu erzählen.«
Caroline widersprach
energisch: »Besser, du besprichst das mit Frido als mit dem Scheidungsrichter.«
Eine halbe Stunde später
hatte Caroline einen minderjährigen Mandanten für ihre Kanzlei gewonnen. Sie
würde ihm in seiner Auseinandersetzung mit dem Erzbischöflichen Gymnasium
beistehen. Im Gegenzug bekam sie seine Kundenliste. Als seine Anwältin unterlag
sie selbstverständlich der Schweigepflicht.
In der Tür tauchte Kiki
auf. »Und, was ist?«, fragte sie neugierig.
Neben ihr erschien
Estelles Kopf: »Machst du mit?«
Eva hatte keine Ahnung,
wovon die Freundinnen sprachen: »Wobei?«
»Beim Bowling.«
»Hilft das bei
Beziehungsproblemen?«, fragte Eva.
»Bei deinen nicht. Aber
vielleicht bei Kikis«, erklärte Estelle.
»Wir können doch gar
nicht bowlen«, gab Eva zu bedenken. »Keine von uns.«
»Verloren haben wir
schon«, verkündete Kiki fröhlich. »Jetzt können wir nur noch gewinnen.«
59
So etwas hatte Kiki noch
nie erlebt. Fiebrige Aufregung hatte das Dorf erfasst. Auf der Hauptstraße,
sonst Flaniermeile für Kühe und versprengte Dorfbewohner, herrschte Stau. In
Birkow reichte ein falsch geparktes Auto, um den Verkehr dauerhaft zu blockieren.
Beim Bauer Möller beschwerten sich die schwarzbunten Kühe laut im Stall, weil
sie ihren angestammten Platz im Freien abtreten mussten. Da nicht genug
Fremdenzimmer vorhanden waren, zelteten die angereisten Teilnehmer auf den
Kuhweiden rund ums Dorf.
»Das Bowlingturnier ist
offensichtlich das Woodstock von Birkow«, stellte Estelle nüchtern fest.
Überall herrschte
hektische Betriebsamkeit. Improvisierte Getränke-, Grill- und Souvenirstände
wuchsen aus dem Boden. Zusammen mit Judith schob Kiki Sonderschichten im
Genossenschaftsladen. Auf den Bierbänken vor der Minol-Tankstelle herrschte
buntes Treiben. Bei vielen Mannschaften gehörte ausführliches Vorglühen zur
konsequenten Vorbereitung. Peggys nostalgischer Eierlikör fand gerührte
Abnehmer. Erst nach drei Herrengedecken, so schien es, war die
Betriebstemperatur erreicht, die eine optimale Beschleunigung der Bowling-Bälle
zuließ.
Judith nahm schon mal
die Konkurrenz in Augenschein: »Sportlich vorbelastet sind die nicht gerade«,
raunte sie Kiki zu.
»Ich glaube, darum geht
es gar nicht«, hielt Kiki dagegen.
Der Birkow-Cup ersetzte
das jährliche Dorffest. Gesprächsthema Nummer eins war, ob man Bruno Schwarzer
dieses Jahr als Bowlingkönig ablösen konnte. Der Jackpot war nur deswegen so
hoch, weil Schwarzer Jahr um Jahr seinen Gewinn von 250 Euro stehen ließ. Sechs Jahre war er
ungeschlagen. Die Dienstagsfrauen hatten sich vorgenommen, der Siegesserie ein
Ende zu bereiten.
»Alles Gute für euch«,
rief das Hamburger Ehepaar, das sie an der Tankstelle ablöste. Einmal zurück in
der Sandkrugschule musste es schnell gehen. Kiki bediente sich an Max’
Kleiderschrank und verteilte seine weißen T-Shirts als Mannschaftstrikots, die
sie eilig mit dem
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