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Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Titel: Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Peetz
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auszuwischen. Leider besaß
er nicht mal ein Handy. Ihnen blieb nichts anderes übrig als abzuwarten.
    Caroline hatte sich in
der Zwischenzeit in die Regeln vertieft: »Jeder Teilnehmer hat zwei Chancen«,
verkündete sie. »In der Mannschafts- und in der Einzelwertung.«
    Das Siegerteam wurde
mit einer Minicruise Rostock-Helsinki auf einem Schiff von Finnlines belohnt.
Kiki interessierte viel mehr der begehrte OBI -Warengutschein
für den Einzelgewinner. Der Riesenscheck wartete griffbereit hinter der Theke.
So nah. Und doch so fern.
    »Ohne Mannschaft kein
Einzel«, las Caroline aus dem Reglement.
    Nervosität breitete
sich bei den Dienstagsfrauen aus. Die ersten sechs Mannschaften begannen mit
ihren Würfen. Kiki zuckte zusammen. Der Geräuschpegel war enorm. Die Discobässe
hämmerten, die bunten Polyesterkugeln donnerten über das Holzparkett, die Pins
knallten gegeneinander, Spieler jubelten und verzweifelten. Die Gläser klangen.
Siegerlaune und Verzweiflung hielten sich die Waage. Der Alkohol trübte bei
mancher Mannschaft zwar den Blick aufs Ziel, niemals aber die ausgelassene
Laune.
    »Das ist wie Karneval«,
befand Estelle. »Man fühlt sich sofort zu Hause.«
    Kiki begutachtete die
Konkurrenz. Neben den Dienstagsfrauen spielte eine fröhliche Damentruppe in
blau-weiß gestreiften Blusen und dunkelblauen Westen von Lidl mit, der
Kindergarten war angetreten, die vier Söhne samt halbwüchsiger Enkel vom
Möllerbauern, daneben die Küchentruppe vom Hotel am See und die
Gemeindeverwaltung von Birkow. Nicht wenige Mannschaften waren extra angereist.
Der Birkow-Cup hatte eine Strahlkraft in die weite Umgebung.
    Die Dienstagsfrauen
waren in der zweiten Runde an der Reihe. Sie sollten bei ihrem ersten Auftritt
im k.-o.-System gegen die Silberlocken von der Schachvereinigung Mirow bowlen.
Die Konkurrenz war hart. Vor allem, wenn man mit einem Spieler zu wenig antrat
und Gefahr lief, disqualifiziert zu werden, bevor es überhaupt angefangen
hatte. John Wayne hatte sie im Blick. Kiki wurde nervös, Caroline genervt.
    Nur Judith blieb
gelassen. »Wir gewinnen. Das sagen die Karten«, wiederholte sie. »Es kann
nichts schiefgehen.«
    Fraglich war nur, ob
das Schicksal über ihren bevorstehenden Sieg informiert war. Vier Minuten vor
dem Anpfiff, der hier sicher nicht Anpfiff hieß, fehlte Rico noch immer. John
Wayne wackelte bedenklich mit dem Kopf. In seinen Augen blitzte die Entschlossenheit,
Recht und Ordnung durchzusetzen. Für ihn war Bowling weder Sport noch Spaß,
sondern Lebensinhalt und todernst.
    Es ging los. Aus dem
Augenwinkel sah Kiki die Gegenmannschaft bereits frohlocken. Die älteren
Schachherren freuten sich sichtlich, gegen eine unvollständige und vollständig
ahnungslose Damenmannschaft anzutreten. Caroline rechnete: »Wenn wir 90   Sekunden für je zwei Würfe brauchen, bleiben
Rico 450   Sekunden,
um hier aufzutauchen. Siebeneinhalb Minuten.«
    Kiki blieb
optimistisch: »Mit ein bisschen Recken zehn.«
    Judith machte den
Freundinnen Mut. »Das klappt. Ich weiß es. Worüber macht ihr euch Sorgen?«
    Caroline machte sich
als Erste bereit.
    »Einfach mit zwei
Würfen alle zehn Pins abräumen«, gab ihr Estelle mit auf den Weg. »Dann kann
nichts schiefgehen.«
    Die Mannschaften um sie
herum feixten über die Damen, die kaum den Unterschied zwischen Bowle und
Bowling kannten. Solche ahnungslosen Hühner konnte man als Gegner nicht ernst
nehmen. Nicht mal unter Hobbyisten.
    Caroline nahm den
ersten Bowling-Ball. Kikis Blick flog zwischen den Schachfanatikern und der
eigenen Bahn hin und her. Es krachte. Caroline schaffte acht Pins, Eva sieben,
Judith zweimal die Bande. Vor Publikum und unter Druck zu spielen, machte sie nervös.
    »Ich hatte schon immer
Prüfungsangst«, gab sie zu. »Deswegen ist aus mir nie was Gescheites geworden.«
    Niederschmettern konnte
sie der Misserfolg dennoch nicht: »Wenn man die Gewissheit hat, am Ende zu
gewinnen, ist es viel leichter, mit Niederlagen umzugehen«, verkündete sie.
    Kiki schaute wie
paralysiert zur Eingangstür, in der Rico jeden Moment erscheinen musste. Der
Schiedsrichter zückte bereits den Rotstift, um die Dienstagsfrauen aus dem
Klassement zu streichen. Estelle beförderte mittelprächtige sechs Pins in die
Horizontale. Zufrieden war sie nicht: »Ist doch merkwürdig, dass mein Arm nicht
das macht, was ich ihm befohlen habe.«
    Aber wer tat
gegenwärtig schon noch, was Estelle sagte?
    Als Vorletzte war Kiki
an der Reihe. Sie war als Einzige der

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