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Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Titel: Die Differenzmaschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson , Bruce Sterling
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aufgenommen, die auf dem Teppich standen. Es gab auch ein federbetriebenes Sendegerät und einen modernen Verschlüsselungsapparat mit Bandschneider. Die verschiedenen Kabel für diese Geräte, in Isolierungen, die mit fein gewebter burgunderroter Seide ummantelt waren, führten hinauf zu einem floralen Ringbolzen, der vom zentralen Kronleuchter hing, von wo sie in einer Girlande zu einem in die Vertäfelung eingelassenen polierten Messingschild mit dem Zeichen der Postbehörde führten.
    Einer der Empfänger begann sogleich zu rattern. Oliphant schritt die Länge des Tisches ab und las die Botschaft, als sie aus der Mahagoniplatte der Maschine herauskam.
    SEHR BESCHÄFTIGT MIT BESONDEREN SCHWIERIGKEITEN STOP ABER JA KOMMEN SIE STOP WAKEFIELD
    Bligh betrat das Arbeitszimmer mit dem aufgeschnittenen kalten Hammelbraten und Eingelegtem auf einem Tablett. »Ich habe eine Flasche Ale gebracht, Sir«, sagte er und deckte einen Teil des Tisches, der für diesen Zweck freigehalten wurde, mit Tischtuch und Silberbesteck.
    »Danke, Bligh.« Oliphant hob den Lochstreifen von Wakefields Botschaft mit der Fingerspitze, ließ ihn dann wieder in den Drahtkorb hängen.
    Bligh schenkte das Bier ein, dann ging er mit seinem Tablett und der leeren Keramikflasche. Oliphant schob den Bürosessel um den Tisch und setzte sich an sein Abendessen.
    Erneuertes Geklapper von einem seiner drei Empfänger riss ihn aus der Beschaulichkeit seiner einsamen Mahlzeit. Er blickte den Tisch entlang und sah den Streifen aus der rechten Maschine abspulen. Die Maschine zur Linken, die ihm Wakefields Einladung überbracht hatte, war auf seine persönliche Nummer eingestellt. Rechts bedeutete irgendwelche Polizeiangelegenheiten, wahrscheinlich Betteredge oder Fraser. Er legte Messer und Gabel auf den Teller und stand auf. Dann las er den Lochcode vom Streifen ab, als er aus seinem Messingschlitz kroch.
    RE F B SIE WERDEN SOFORT BENÖTIGT STOP FRASER
    Er zog seines Vaters deutsche Doppelkapseluhr aus der Westentasche, um die Zeit abzulesen. Dann steckte er sie wie der ein und berührte den Glassturz über dem mittleren der drei Telegrafenempfänger. Dieser hatte seit dem Tod des letzten Premierministers keine Botschaft übermittelt.
    Die Anschrift, zu der ihn die Droschke trug, war in der Brigsome Terrace, der Seitenstraße einer jener Hauptverkehrsstraßen, die von spekulativen Stadterneuerern mit Vorliebe durch die alte und noch immer weitgehend unerforschte Wildnis von Ostlondon gebrochen wurden.
    Brigsome Terrace selbst, befand Oliphant, als er aus seiner Droschke stieg, gehörte zu den düstersten und trostlosesten Häuserblocks, die je aus Mauersteinen und Mörtel errichtet worden waren. Der Bauherr, der mit diesen zehn öden Gefängnishäusern spekuliert hatte, hatte sich wahrscheinlich zusammen mit dem Architekten im Hinterzimmer einer be nachbarten Schankwirtschaft erhängt, bevor die scheußlichen Kästen fertiggestellt waren.
    Die Straßen, durch die er mit der Droschke gekommen war, waren von der Art gewesen, wie man sie in Zeiten wie diesen zu durchfahren schien – eine glich der anderen, und alle wa ren um diese Zeit beinahe menschenleer, sodass man sich fragte, ob der gewöhnliche Fußgänger jemals in diese Gegend kam. Ein feiner Regen ging nieder, und Oliphant bedauerte, dass er den Regenmantel nicht angenommen hatte, den Bligh ihm an der Tür hatte mitgeben wollen. Die beiden Männer vor dem Haus Nummer 5 trugen lange schwarze Umhänge aus gewachster ägyptischer Baumwolle. Eine Neuerung aus Neusüdwales, wusste Oliphant, vielgepriesen während des Krimkrieges und hervorragend geeignet, Waffen zu verstecken, die sich sonst schlecht verbergen ließen.
    »Sonderabteilung«, sagte Oliphant und ging an den Wacht posten vorbei. Eingeschüchtert von seinem Akzent und seiner forschen Art, ließen sie ihn durch. Es würde nichtsdestoweniger notwendig sein, Fraser davon zu unterrichten.
    Er betrat das Haus und sah sich nach kurzer Suche in einem Wohnzimmer, das von einer starken Karbidlaterne auf einem Dreifuß grell ausgeleuchtet wurde. Eine konkave Runde von blank poliertem Zinngeschirr verstärkte das erbarmungslos weiße Licht. Das Wohnzimmer war eingerichtet mit Stücken, die aus den Ruinen des Adels geborgen worden waren. Es gab ein Pianino und auch einen Schubladenschrank, der allerdings für den Raum mehrere Nummern zu groß war. Dieser Schrank war ein prachtvolles Stück mit Einlegearbeiten und angelaufenen vergoldeten Beschlägen. Ein

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