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Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Titel: Die Differenzmaschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson , Bruce Sterling
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auf.
    Es klopfte. Huxley wischte die Wandtafel mit dem staubigen Filz an einem Ebenholzgriff. »Herein!« Ein untersetzter Mann in einer gipsbespritzten Schürze erschien. »Sie werden sich an Mr. Trenham Reeks erinnern, unseren stellvertretenden Kurator.«
    Reeks hatte eine große Mappe unter dem Arm und schüttelte Mallory die Hand. Seit dieser ihn zuletzt gesehen hatte, hatte Reeks Haare verloren und zugenommen. »Verzeihen Sie die Verspätung, Sir«, sagte Reeks. »Wir haben im Studio mit dem Guss dieser Wirbel alle Hände voll zu tun. Erstaunliche Struktur. Der bloße Maßstab stellt uns vor enorme Probleme.« Huxley räumte einen Teil der Schreibtischoberfläche frei. Noel zupfte am Ärmel seines Vaters und flüsterte etwas. »Ach so, ja, gut«, sagte Huxley. »Entschuldigen Sie uns einen Augenblick, meine Herren.« Er führte Noel aus dem Büro.
    »Meinen Glückwunsch zu Ihrer Beförderung, Mr. Reeks«, sagte Mallory.
    Reeks bedankte sich, schlug die Mappe auf und setzte sich einen Zwicker auf die Nase. »Und danke für diese große Entdeckung. Obwohl ich sagen muss, dass sie die Möglichkeiten und Größenverhältnisse unserer Institution herausfordert!« Er klopfte mit dem Finger auf ein Skizzenblatt. »Wie Sie sehen können.«
    Mallory betrachtete die Skizze, einen Grundriss der Haupthalle des Museums mit dem Skelett des Leviathans darin. »Wo ist der Schädel?«, fragte er.
    »Der Hals erstreckt sich bis hinaus in die Eingangshalle«, sagte Reeks stolz. »Wir werden mehrere Vitrinen umstellen müssen …«
    »Haben Sie eine Seitenansicht?«
    Reeks zog sie aus dem Bündel der Skizzen. Mallory betrachtete sie; seine Miene verfinsterte sich. »Worauf stützen Sie diese anatomische Anordnung?«
    »Es gibt bislang sehr wenige Veröffentlichungen über dieses Lebewesen«, sagte Reeks. »Die längste und gründlichste stammt von Dr. Foulke in der letzten Ausgabe von Trans actions .« Er nahm das Journal aus der Mappe.
    Mallory wischte sie beiseite. »Foulke hat die Natur des Exemplars völlig verzerrt dargestellt.«
    Reeks war verblüfft. »Dr. Foulkes Ruf …«
    »Foulke ist ein Uniformitarier! Er war Rudwicks Vertrauter, einer seiner engsten Verbündeten. Foulkes Abhandlung ist ein Geflecht von Absurditäten. Er behauptet, dass das Tier ein Kaltblüter mit amphibischer Lebensweise gewesen sei! Dass es sich von Wasserpflanzen genährt und träge bewegt habe.«
    »Aber ein Lebewesen von dieser enormen Größe, Dr. Mallory, von diesem kolossalen Gewicht! Schon um die Masse zu tragen, würde ein Leben im Wasser …«
    »Verstehe«, unterbrach Mallory. Er wahrte mit Mühe die Beherrschung. Es hatte keinen Sinn, den armen Reeks zu ärgern; der Mann war ein Funktionär, der es nicht besser wusste und im Übrigen wohlmeinend war. »Das erklärt, warum Sie seinen Hals schlaff ausgestreckt haben, beinahe in Bodenhöhe … und es erklärt auch die echsenartige – nein, die amphibische – Gelenkstellung der Beine.«
    »Ja, Sir«, sagte Reeks. »Man stellt sich vor, dass es mit diesem langen Hals Wasserpflanzen abweidet, sehen Sie, und seinen mächtigen Körper selten sehr weit oder sehr schnell bewegen muss. Es sei denn, um sich watend vor Raubtieren in Sicherheit zu bringen, wenn welche hungrig genug waren, solch ein Ungetüm anzugreifen.«
    »Mr. Reeks, dieses Lebewesen war kein großer Salamander mit weichem Körper. Sie sind zum Opfer eines ernsten Missverständnisses gemacht worden. Dieses Lebewesen war wie ein Elefant unserer Tage, wie eine Giraffe, aber in einem weit größeren Maßstab. Es hatte sich spezialisiert, Baumwipfel abzuweiden.«
    Mallory nahm einen Bleistift vom Schreibtisch und begann, rasch und fachmännisch zu skizzieren. »Er verbrachte einen guten Teil seiner Zeit auf den Hinterbeinen, abgestützt auf den Schwanz, mit dem Kopf hoch über dem Boden. Beachten Sie diese Verdickung der Schwanzwirbel. Ein sicheres Zeichen für enormen Druck, und zwar wegen der zweibeinigen Haltung.« Er klopfte mit dem Bleistift auf die Skizze und fuhr fort: »Eine Herde dieser Tiere konnte in kurzer Zeit einen ganzen Wald zerstören. Sie wanderten, Mr. Reeks, wie Elefanten es tun, über weite Entfernungen, und durchaus nicht langsam; mit ihrem verheerenden Appetit veränderten sie die Landschaft. Der Brontosaurus hatte eine aufrechte, schmalbrüstige Haltung, mit säulenartigen und vertikalen Beinen für einen raschen, elefantenartigen Schritt. Nichts von diesem froschartigen Zeug.«
    »Ich entwarf die Haltung nach

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