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Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Titel: Die Differenzmaschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson , Bruce Sterling
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einen Arzt rufen? Oder wollen Sie sich mir anvertrauen? Ich habe bisweilen kleinere Chirurgenarbeit verrichtet, in entlegenen Gegenden.«
    »Ich auch«, sagte Mallory. »Bitte tun Sie es, wenn Sie es für nötig befinden.«
    Er nahm einen weiteren Schluck von Oliphants Brandy, während dieser Nadel und Faden holte. Dann zog Mallory den Rock aus, biss die Zähne zusammen und starrte mit wässernden Augen die blaue Blumentapete an, während Oliphant die aufgeplatzte Haut durchstach und vernähte. »Keine schlechte Arbeit«, sagte Oliphant erfreut. »Halten Sie sich fern von ungesunden Ausdünstungen, und Sie werden wahrscheinlich ohne ein Fieber davonkommen.«
    »Ganz London ist heute eine Ausdünstung. Diese höllische Hitze … Ich traue Ärzten nicht, Sie? Die meisten wissen nicht, wovon sie reden.«
    »Im Gegensatz zu Diplomaten oder Anhängern der Katast rophentheorie?« Oliphants freundliches Lächeln machte es Mallory unmöglich, Anstoß zu nehmen. Er nahm seine Jacke von der Klavierbank. Blutflecken hatten den Kragen durchtränkt. »Was nun? Soll ich zur Polizei gehen?«
    »Das ist natürlich Ihr gutes Recht«, erwiderte Oliphant. »Allerdings würde ich Ihrer patriotischen Diskretion vertrauen, dass gewisse Dinge unerwähnt bleiben.«
    »Gewisse Dinge wie Lady Ada Byron?«
    Oliphant runzelte die Stirn. »Fantastische Spekulationen über die Tochter des Premierministers würden, fürchte ich, eine sehr ernste Indiskretion sein.«
    »Ich verstehe. Und wie steht es dann mit meinem Waffenschmuggel für die Freihandelskommission der Royal Society? Dabei gehe ich von der unbegründeten Annahme aus, dass die Skandale der Kommission sich von jenen der Lady Ada unterscheiden.«
    »Nun«, sagte Oliphant, »so befriedigend es für mich persönlich wäre, die Missgriffe Ihrer Kommission bloßgestellt zu sehen, fürchte ich, dass dieses ganze Geschäft sub rosa bleiben muss – im Interesse der britischen Nation.«
    »Ich verstehe. Was genau bleibt mir dann noch, das ich der Polizei sagen kann?«
    Oliphant lächelte dünn. »Dass Sie von einem unbekannten Strolch aus unbekannten Gründen auf den Kopf geschlagen wurden.«
    »Das ist lächerlich«, entgegnete Mallory. »Seid ihr Regierungsmandarine denn für gar nichts gut? Dies ist kein Salonratespiel, wissen Sie! Ich habe diese Rothaarige identifiziert, die Lady Ada zusammen mit ihrem Gaunerfreund in der Gewalt hatte! Ihr Name ist …«
    »Florence Bartlett«, sagte Oliphant. »Und bitte sprechen Sie nicht so laut.«
    »Wie haben Sie …?« Mallory brach ab. »Ihr Freund Mr. Wakefield, nicht wahr? Ich nehme an, er ließ sich über meine Erkundigungen im statistischen Zentralamt unterrichten und stürzte sofort los, Ihnen alles zu erzählen.«
    »Es ist Wakefields – mitunter mühsame – Aufgabe, seine eigenen Maschinen zu überwachen«, erklärte Oliphant ruhig. »Tatsächlich hatte ich erwartet, dass Sie es mir sagen würden – nun, da Sie wissen, dass Sie mit einer authentischen femme fatale zusammengestoßen sind. Aber Sie scheinen nicht begierig, Ihre Information mitzuteilen, Sir.«
    Mallory grunzte.
    »Das ist keine Sache für die gewöhnliche Polizei«, erklärte Oliphant. »Ich sagte Ihnen schon letztes Mal, dass Sie besonderen Personenschutz erhalten sollten. Nach diesem Zwischenfall muss ich darauf bestehen.«
    Mallory unterdrückte eine Verwünschung.
    »Ich habe schon den richtigen Mann für diesen Auftrag. Inspektor Ebenezer Fraser von der Sonderabteilung in der Bow Street. Der ganz besonderen Sonderabteilung, also dürfen Sie das nicht zu laut sagen; aber Sie werden finden, dass Inspektor Fraser – oder besser, Mr. Fraser, wie er in der Öffentlichkeit genannt zu werden vorzieht – ein sehr fähiger, verständnisvoller und diskreter Mann ist. Ich weiß, dass Sie in Frasers Händen sicher sein werden – und ich kann Ihnen nicht sagen, welch eine Erleichterung das für mich sein wird.«
    Im Haus wurde eine rückwärtige Tür geschlossen. Schritte waren zu hören, Scharren und Klappern, fremde Stimmen. Dann kam Bligh wieder herein.
    »Meine Uhr!«, rief Mallory. »Dem Himmel sei Dank!«
    »Wir fanden sie auf einer Mauer, gestützt mit einem Stück Mörtel, ziemlich versteckt«, sagte Bligh, als er den Kasten abstellte. »Kaum ein Kratzer daran. Vielleicht ließen die Strolche den Kasten an Ort und Stelle, um ihn später mitzunehmen, Sir.«
    Oliphant nickte, mit einer hochgezogenen Augenbraue zu Mallory. »Gute Arbeit, Bligh.«
    »Und dann fand ich dies,

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