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Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Titel: Die Differenzmaschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson , Bruce Sterling
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Sir.« Bligh brachte einen zerdrückten Hut zum Vorschein.
    »Er gehört diesem Halunken«, erklärte Mallory. Der zertrampelte Hut des hüstelnden Herren hatte, nach dem Geruch zu urteilen, in einer Pfütze abgestandenen Urins gelegen, aber niemand sah darin einen Anlass, diesen unaussprechlichen Umstand zu erwähnen.
    »Es tut mir leid, dass ich Ihren Hut nicht fand, Sir«, sagte Bligh. »Wahrscheinlich von einem Straßenjungen gestohlen.«
    Oliphant untersuchte den Hut mit einem leichten Naserümpfen unwillkürlichen Widerwillens, drehte die ruinierte Kopfbedeckung um und kehrte das Futter nach außen. »Keine Herstellermarke.«
    Mallory warf einen Blick auf den Hut. »Maschinenware. Von Moses & Son, würde ich sagen. Ungefähr zwei Jahre alt.«
    Oliphant stutzte. »Hm. Ich nehme an, dass dieser Tatbestand ausländische Beteiligung ausschließt. Sicherlich ein Londoner Veteran. Ein Verwender von billigem Makassaröl, aber ein Mann von hinreichender Schädelkapazität, um eine gewisse Schlauheit zu haben. Werfen Sie den Hut in den Abfalleimer, Bligh.«
    »Ja, Sir.« Bligh ging.
    Mallory tätschelte den Uhrenkasten mit tiefer Befriedigung.
    »Ihr Mann Bligh hat mir einen großen Dienst erwiesen. Glauben Sie, er würde gegen eine Belohnung Einspruch erheben?«
    »Ganz entschieden«, sagte Oliphant.
    »Wie steht es mit Ihren Gästen? Könnte ich mich bei ihnen bedanken?«
    Oliphant lächelte fröhlich. »Warum nicht?«
    Er führte Mallory ins Speisezimmer. Die Mahagonibeine waren von Oliphants Esstisch abgenommen worden, und die große, glänzend polierte Oberfläche stand auf ihren geschnitzten Eckenornamenten, wenige Handbreit über dem Boden. Fünf Asiaten saßen in fremdartiger Würde mit untergeschlagenen Beinen darum; fünf nüchterne Männer in Strumpfsocken und maßgeschneiderten Abendanzügen aus der Savile Row. Alle trugen hohe schwarze Seidenhüte auf den geschorenen Köpfen. Ihr Haar war sehr kurz und sehr dunkel.
    Auch eine Frau war unter ihnen. Sie kniete an einer Schmalseite des Tisches und hatte einen Ausdruck maskenhafter Starrheit unter einer schwarzen Masse seidigen Haares. Sie war in voluminöse einheimische Kleidung gewickelt, bunt bestickt mit Schwalben und Ahornblättern. »Dr. Edward Mallory san o gashokai shimasu «, sagte Oliphant. Die Männer erhoben sich mit eigentümlicher Anmut, indem sie ein wenig rückwärts schaukelten, einen Fuß unter sich schoben und ganz plötzlich zu einem geschmeidigen Stand auf die Beine kamen, als ob sie Balletttänzer wären.
    »Diese Herren stehen im Dienst Seiner Kaiserlichen Majestät des Mikado von Japan«, sagte Oliphant. »Mr. Matsuki Koan, Mr. Mori Arinori, Mr. Fusukawa Yukichi, Mr. Kanaye Nagasawa, Mr. Sameshima Kisanobu.« Die Männer verbeugten sich nacheinander aus den Hüften.
    Oliphant hatte es nicht für nötig erachtet, die Frau vorzustellen. Sie saß mit ausdrucksloser Starrheit da, und Mallory hielt es für weise, nichts davon zu erwähnen und ihr keine besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Stattdessen wandte er sich an Oliphant. »Japaner, nicht wahr? Sie sprechen die Landessprache?«
    »Eine oberflächliche Kenntnis, als Diplomat.«
    »Würden Sie ihnen bitte danken, dass sie meine Uhr wiederbeschafften?«
    »Wir verstehen Sie, Dr. Mallori«, sagte einer der Japaner. Mallory hatte ihre unmöglichen Namen sofort wieder vergessen, dachte aber, dass dieser der Mann namens Yukichi sein könne.
    »Es ist uns Ehre, britischen Freund von Mr. Laurence Oliphant zu helfen, dem unser Souverän Verpflichtung ausgedrückt hat.« Mr. Yukichi verbeugte sich wieder.
    Mallory war völlig ratlos. »Danke für diese höfliche An sprache, Sir. Ich muss sagen, Sie sind sehr höflich im Ausdruck. Ich bin selbst kein Diplomat, aber ich danke Ihnen herzlich. Es ist sehr freundlich von Ihnen allen …«
    Die Japaner berieten untereinander. »Wir hoffen, Sie sind nicht schwer verletzt durch barbarischen Überfall von Ausländern auf Ihre britische Person«, sagte Mr. Yukichi.
    »Nein«, antwortete Mallory.
    »Wir sahen weder Ihren Feind noch irgendeine grobe oder gewalttätige Person.« Mr. Yukichis Ton war – unabhängig von der gewöhnungsbedürftigen Aussprache – sanft, aber seine blitzenden Augen ließen wenig Zweifel daran, was er und seine Freunde getan hätten, wäre ihnen solch ein Grobian in die Quere gekommen. Als Gruppe hatten die fünf Japaner ein kultiviertes, gelehrtes Aussehen; zwei trugen rand lose Brillen und einer hatte ein Monokel an einer

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