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Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Titel: Die Differenzmaschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson , Bruce Sterling
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Fenstern, aus denen man in die friedliche Stille des Green Park hinausblicken konnte. Es war ein sehr angenehmes, kultiviertes Haus, ganz und gar ungeeignet für einen Mann, der halb betäubt, unter Schmerzen und Blut verlierend Einlass begehrte. Mallory schlug mit dem Türklopfer aus Messing, der einem Elefantenkopf nachgebildet war, heftig gegen die Tür.
    Ein Diener öffnete. Er musterte Mallory von oben bis unten. »Kann ich Ihnen helfen …? Ach du lieber Gott.« Er wandte sich um, legte die Hände an den Mund und rief: »Mr. Oliphant!«
    Mallory betrat die Eingangshalle mit ihren eleganten Flie sen und der gewachsten Wandvertäfelung. Nur wenige Augen blicke später erschien Oliphant. Trotz der Tageszeit war er für einen Empfang gekleidet, mit einer winzigen Schleife und einer Chrysantheme im Knopfloch.
    Oliphant schien die Situation mit einem Blick zu erfassen. »Bligh, gehen Sie sofort in die Küche, lassen Sie sich vom Koch Brandy geben. Eine Schüssel Wasser und ein paar saubere Handtücher.«
    Der Diener verschwand. Oliphant trat zur offenen Haustür, blickte wachsam die Straße hinauf und hinunter, dann schloss er die Tür und sperrte sie ab. Darauf nahm er Mallory am Arm und führte ihn in den Salon, wo Mallory sich erschöpft auf eine Klavierbank sinken ließ.
    »Also hat man Sie angegriffen«, sagte Oliphant. »Von hinten überfallen. Ein feiger Hinterhalt, wie es aussieht.«
    »Wie schlimm ist es? Ich kann es nicht sehen.«
    »Ein Schlag mit einem stumpfen Gegenstand. Eine Platzwunde und eine beträchtliche Beule. Es hat ziemlich stark geblutet, ist aber jetzt geronnen.«
    »Ist es ernst?«
    »Ich habe Schlimmeres gesehen.« Oliphants Ton war von ironischer Munterkeit. »Aber ich fürchte, Ihre schöne Jacke ist durch das Blut ganz verdorben.«
    »Sie verfolgten mich durch die halbe Stadt«, sagte Mallory. »Den Zweiten gewahrte ich erst, als es zu spät war.« Er richtete sich plötzlich auf. »Verdammt! Meine Uhr! Eine Standuhr, ein Hochzeitsgeschenk. Ich ließ sie in einem Durchgang am Shepherd Market auf einer Mauer zurück. Diese Gauner werden sie inzwischen gestohlen haben.«
    Bligh kam mit einer Wasserschüssel und Handtüchern zurück. Er war kleiner und älter als sein Herr, glatt rasiert und stiernackig, mit etwas vorquellenden braunen Augen. Seine haarigen Handgelenke waren dick wie die eines Bergarbeiters. Er und Oliphant begegneten einander mit ungezwungenem Respekt, als sei der Mann ein alter und vertrauter Hausdiener der Familie. Oliphant tauchte ein Handtuch in das Wasserbecken und trat hinter Mallory. »Halten Sie still, bitte.«
    »Meine Uhr«, wiederholte Mallory.
    Oliphant seufzte. »Bligh, glauben Sie, Sie könnten nach dem verlegten Eigentum dieses Herren sehen? Es könnte natürlich mit einer gewissen Gefahr verbunden sein.«
    »Ja, Sir«, sagte Bligh gleichmütig. »Und die Gäste, Sir?«
    Oliphant überlegte, während er Mallorys Hinterkopf mit dem nassen Handtuch betupfte. »Nehmen Sie die Gäste mit, Bligh. Der Ausflug wird ihnen bestimmt gefallen. Aber nehmen Sie den rückwärtigen Ausgang und versuchen Sie, kein allzu großes öffentliches Aufsehen zu erregen.«
    »Was soll ich ihnen sagen, Sir?«
    »Sagen Sie ihnen die Wahrheit! Sagen Sie ihnen, dass ein Freund des Hauses von ausländischen Agenten überfallen worden ist. Sagen Sie ihnen, sie sollen niemanden töten. Und wenn sie Dr. Mallorys Standuhr nicht finden, müssen sie darin nicht eine Widerspiegelung ihrer Fähigkeiten sehen. Machen Sie einen Spaß daraus, wenn Sie müssen, aber lassen Sie nicht zu, dass sie das Gefühl haben, Prestige einzubüßen.«
    »Ich verstehe, Sir«, sagte Bligh und ging.
    »Tut mir leid, dass ich Ihnen Umstände mache«, murmelte Mallory.
    »Unsinn, dazu sind wir da.« Oliphant bot ihm einen Kristallschwenker mit zwei Fingern sehr gutem Brandy an.
    Der Brandy vertrieb den Schock und den üblen Geschmack, der sich in Mallorys Mund gehalten hatte. Der Schmerz blieb, aber weniger betäubend und störend. »Sie hatten recht, und ich hatte unrecht«, sagte er. »Sie pirschten sich an mich heran wie Jäger! Das waren keine gewöhnlichen Raufbolde; ich bin überzeugt, dass sie mir etwas antun wollten.«
    »Texaner?«
    »Londoner. Ein großer Magerer mit einem Backenbart, und ein kleiner Rundlicher mit Melone.«
    »Gemietete Strolche.« Oliphant drückte das Handtuch im Wasserbecken aus und machte sich erneut an die Arbeit. »Ich glaube, Sie könnten ein paar Stiche vertragen, da oben. Soll ich

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