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Die Dilettanten

Titel: Die Dilettanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Wieczorek
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durchaus ähnlich entwickeln könnte wie in Berlin: Mit der einzigen Vision, um
jeden
Preis an der Macht zu bleiben.
    Es spricht tatsächlich Bände, dass die Partei in einer Regierung mit dem SPD-Finanzsenator Thilo Sarrazin sitzt, der einen Mindestlohn von fünf Euro vorschlägt und mit seinem Speisenplan für Arbeitslose für einen Aufschrei sorgt. Ebenfalls nicht zufällig wird der in Offenbach geborene Wirtschaftssenator Harald Wolf, vorher Trotzkist und dann Grüner, von der Hochfinanz und dem Mittelstand hochgelobt, während er sogar von Oskar Lafontaine so offen wie eben möglich kritisiert wird.
    Übrigens spielt hier ähnlich wie bei den Grünen die Sozialisation eine Rolle: Viele Spitzenfunktionäre könnten in puncto Bedeutung, Wichtigkeit und nicht zuletzt Einkommen außerhalb der Politik nicht annähernd so viel erreichen. Für sie ist Regierungsbeteiligung ein Wert an sich, und für ehemalige SED-Kader darüber hinaus eine späte Genugtuung in Sachen »Ankommen in der Demokratie«.
    Hinzu kommt – jenseits von Karrierismus und Eigennutz – eine tiefsitzende, romantische Hassliebe zur SPD: »Pack schlägt sich, Pack verträgt sich«: Für viele westliche »Renegaten« einschließlich Lafontaine ist die SPD eine – wenn auch derzeit von Neoliberalen okkupierte – linke Partei. Ähnliches gilt für die Ostdeutschen: Wer den DDR-Staatskapitalismus mit »gescheitertem Sozialismus« verwechselt, der hält auch knallharteMarktradikale für »irrende Sozialisten«. Allerdings erlitt die damalige PDS mit ihrer streckenweise peinlichen Umarmungstaktik 1998 bösen Schiffbruch. Als sie ankündigte, im Bundestag Schröder zum Kanzler zu wählen, kam sie mit 4,0 Prozent der Zweitstimmen erst gar nicht hinein.
6. Die Grünen: Zu jeder machtpolitischen Schandtat bereit?
    Mit der lauthals hinausposaunten Option Schwarz-Grün schließt sich für die Grünen der Kreis: Von der humanistischen Friedens- und Umweltbewegung zur allseits verleumdeten, dann nur noch ungeliebten Oppositionspartei, später zum frechen und nervigen Juniorpartner in Hessen und über den staatstragenden, pflegeleichten, nahezu kritik- und prinzipienlosen Mehrheitsbeschaffer für Gerhard Schröder bis hin zum Buhler um die Gunst der traditionell »rechtesten« aller Bundestagsparteien. Damit erfüllen sie gerade archetypisch die Hauptthese des neoliberalen Mitbegründers der Neuen Politischen Ökonomie, Anthony Downs, wonach »die Parteien in der demokratischen Politik den Unternehmen in einer auf Gewinn abgestellten Wirtschaft ähnlich sind. Um ihre privaten Ziele zu erreichen, treten sie mit jenen politischen Programmen hervor, von denen sie sich den größten Gewinn an Stimmen versprechen, so wie die Unternehmer … diejenigen Waren produzieren, von denen sie sich den meisten Gewinn versprechen.« 34
    Und dies sind bei den Grünen Wahlversprechen an jene Zielgruppe der (rein formal und nur im Vergleich mit Pisa-Bürgern) »Hochgebildeten«, zu denen sich die Grünen bekanntlich selbst zählen. Wieso eigentlich? Parteichef Özdemir ist FH-Pädagoge, sein Vorgänger Reinhard Bütikofer Studienabbrecher und diefrühere Parteichefin Angelika Beer (2002 bis 2004) Arzthelferin. Als Umweltminister fungierte der Sozialwirt Jürgen Trittin und als Außenminister ein Taxifahrer.
    Jüngste Studien enthüllen allerdings, was sich hinter den »hochgebildeten Eliten« tatsächlich verbirgt: »›Statusmilieus‹, in denen nicht mehr Gesellschaftskritik geübt, sondern Luxuskonsum zelebriert wird.« 35 Der Modebegriff für diese Herrschaften lautet LOHAS (»Lifestyle Of Health And Sustainability«). Frei nach Oscar Wilde, »Mein Geschmack ist ganz einfach: Von allem nur das Beste«, prassen sie wie Lucullus in der Endphase, strikt abgegrenzt gegenüber den Normalbürgern, die man »Unterschichten« nennt und »klassisch oberschichtig als ordinär und vulgär ansieht.« Überhaupt sind die grünen LOHAS, wie Franz Walter sie beschreibt, »explizit elitär; man achtet darauf, ›entre nous‹ zu kommunizieren, mit anderen ›Gebildeten‹ in der gesellschaftlichen Beletage unter sich zu bleiben. Alt- und Neubürgerliche treffen sich daher zumindest im urbanen Raum auf den gleichen Ausstellungen, bei den üblichen Theaterpremieren, im besten Restaurant der Stadt.« 36
    Denen, die jeden Cent zweimal umdrehen müssen, empfiehlt man wie zum Beispiel Renate Künast, sie sollten die »Geiz-istgeil-Mentalität« vergessen und höhere Qualität zu entsprechenden

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