Die Dilettanten
Debatte. Sie bedient sich populärer Themen, ohne wirklich Stellung oder Einfluss zu nehmen … vermeidet systematisch politische Zuspitzung und politische Führung. Das schadet dem ganzen politischen System …« 79
Entschieden zur Tat schreitet sie offenbar nur, wenn der Profit des Großkapitals und damit das gesamte Wirtschafts- und Gesellschaftssystem in Gefahr gerät. So verspricht sie im Oktober 2008 »den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind«. Und kurz nach Verkündigung des 700-Milliarden-Rettungspakets ernennt sie am 15. Oktober 2008 den Ex-Bundesbankchef Hans Tietmeyer zum Finanzberater, der gerade im Aufsichtsrat der Katastrophenbank
Hypo Real Estate
sitzt … Auch während der Wirtschaftkrise macht Merkel eine unglückliche Figur. Ende 2008 gerät sie wegen ihres durch Bundestagswahltaktik bestimmten Managements der Finanzkrise zusehends international in die Isolation und wird »von der eisernen Lady Europas zur Pappkameradin«
(Süddeutsche)
, aber auchnational sieht’s nicht besser aus. »Von der sozialen Marktwirtschaft spricht sie wie von Klosterfrau Melissengeist – nie war sie so wertvoll wie heute«, lästert Heribert Prantl. »Ihr Heilmittel verabreicht die Kanzlerin mit großen Löffeln – und verkauft eine gute Sache doch schlecht.« 80
Vor allem in Sachen Macht um der Macht willen hat Merkel allerdings beträchtlich hinzugelernt und sich die richtigen Souffleure und Gehilfen gesucht, allen voran Beate Baumann, Merkels Büroleiterin und engste Vertraute. So eine darf natürlich nicht mehr von politischen Inhalten und Hintergründen verstehen als die Kanzlerin selbst, und diese Gefahr besteht bei der gelernten Osnabrücker Lehrerin Baumann ja auch nicht.
Beate Baumann (CDU), Lehrerin, Leiterin des Kanzlerbüros
»Warte mal«, rief Christian Wulff
Beate Baumann, geboren am 28. März 1963 in Osnabrück, hat in der Politik von nichts eine fundierte Sachkenntnis und redet überall mit.
Als Kind von CDU-Eltern geht ihr schon früh der »linke Gruppenzwang« 81 – sprich: die Friedensbewegung – auf die Nerven, und so landet sie zwangsläufig bei den Nachrüstungsfanatikern von der Jungen Union. Aber auch hier mag sie niemand: »Nichts als ein ›Was will die denn hier?‹ war der Studentin Beate Baumann bis zu diesem Zeitpunkt im Sitzungszimmer entgegengeschlagen«, berichtet Baumann-Kurzbiograph Christoph Schwennicke in der
Süddeutschen Zeitung
, »als diese still für sich beschloss, dass ihre erste JU-Sitzung auch ihre letzte sein sollte.« 82 Aber just in diesem Moment, im Spätsommer 1984, ruft ihr Christian Wulff die schicksalsschweren Worte »warte mal« hinterher. Baumann wartet, und Wulff wartet seinerseits,bis sie 1990 ihr Examen gemacht hat, und drückt sie 1992 der damaligen Familienministerin Merkel als Referentin aufs Auge – quasi als Trainerin in Sachen Wessikultur. Die Ostfrau kennt ja nicht die Leiden westlicher CDU-Kinder: »Man versteht sich, weiß, wie es war, als man auf dem Schulhof als Mitglied der Schülerunion ausgelacht wurde.« 83
Keinerlei Fachkompetenz, aber jede Menge Ehrgeiz, dazu ein Weltbild irgendwo zwischen
Bayernkurier
und
Focus
, so etwas schweißt zusammen: Es ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.
Ab 1995 ist Baumann Büroleiterin der Umweltministerin Merkel, ab 1998 der CDU-Generalsekretärin Merkel, ab 2002 der Partei- und Fraktionschefin Merkel und seit 2005 der Kanzlerin Merkel.
Insider berichten, dass Baumann »gnadenlos alles weggebissen hat, was der Chefin zu nahe kam und wie potenzielle Konkurrenz aussah … Regelrecht wesensverändert und beaufsichtigt habe die in ihrem natürlichen Kern unbekümmerte Merkel immer gewirkt, sobald Beate Baumann dabei gewesen sei und sie beobachtet habe.« Sogar Merkels CDU-Landesverband soll sich mit der »strukturellen Amtsanmaßung« Baumanns einmal befasst haben. Von Anfang an habe Baumann ein »Klima der Angst« geschaffen und sich »wie ein Terrier in Waden verbissen, wenn sie den Eindruck hatte, da will einer ihrer Herrin Böses«. 84 Ralf Neukirch vom
Spiegel
urteilt über die verhinderte Vokabelpaukerin: »Beate Baumann ist die Frau, der selbst die Kanzlerin gehorcht.« 85
Thomas de Maizière (CDU), Jurist, Chef des Bundeskanzleramts und Bundesminister für besondere Aufgaben
Macht und Einfluss vom stillen Kämmerlein aus
Thomas de Maizière, geboren am 21. Januar 1954 in Bonn, ist als krasser Gegensatz zur Betriebsnudel Baumann eher unauffällig und »The
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