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Die Dilettanten

Titel: Die Dilettanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Wieczorek
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Kollege« habe ihm »etwas übelgenommen«. Aber die Gewerkschafter hätten nicht kapiert, dass er im Kanzleramt»nicht hundertprozentige Gewerkschaftspolitik machen konnte«. 232
    Im Gesundheitsressort wiederum ist er Schröders Aufpasser bei Ulla Schmidt. Er sorgt dafür, dass seine Chefin die Wünsche des Kanzleramts ausführt, also im Zweifelsfall vor der neoliberalen Reformwut kapituliert.
    Und auch sein Wechsel ins Außenamt hat weniger etwas mit Fachkompetenz zu tun. Frank-Walter Steinmeier war für ihn schon immer ein »toller Typ als Vorgesetzter, Mensch und Politiker«, der ihn auf seinem Weg nach oben besonders geprägt habe. Für sein Umfeld ist er ein »kluger Apparatschik« und »extrem flexibel, was die Inhalte angeht«. Auch »Opportunist« nennt man ihn zuweilen. Er könne sich jedenfalls beim besten Willen nicht erinnern, so verrät er Annette Jensen in der Zeitschrift
Mitbestimmung
, dass ihn je »eine politische Entscheidung geschmerzt« oder er »je einen Kompromiss als Niederlage empfunden« habe. Bei dieser Art von Politik ist Kungelei natürlich Ehrensache: »Die wichtigsten Kontakte macht man bei informellen Treffen nach 17 Uhr.« 233
10. Belohnte Lakaien
    Treue Dienste werden mitunter fürstlich belohnt. Manch eine Dienstmagd erbt das Haus der Herrschaft, einem korrupten Betriebsrat wird das Callgirl bezahlt, und dem Firmenspitzel winkt die Beförderung. Wer in der Politik weniger dem Gemeinwohl als vielmehr der Regierung, der Parteiführung oder anderen »einflussreichen Leuten« zu Diensten ist, der wird nicht selten mit einem Amt belohnt. Es soll dem loyalen Helfer zu mehr Ansehen und Einkommen verhelfen, ohne dass er dort viel Schaden anrichten kann. Dies allerdings gelingt nicht immer.
Klaus Brandner (SPD), Feinmechaniker, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Soziales
    Steinmeiers Herold
     
    Klaus Brandner, geboren am 13. Januar 1949 in Kalletal-Bentorf, hat das, was Franz »Glückauf« Müntefering gern angedichtet wird, nämlich eine wenn auch kurze Erfahrung mit körperlicher Arbeit.
    Nach der Realschule und dreijähriger Lehre arbeitet er bis 1969 immerhin ein ganzes Jahr als Elektromechaniker. Nach je zwei Jahren Wehrdienst und Arbeit als technischer Angestellter kommt er zunächst bei der IG Metall Gütersloh groß raus: Von 1973 bis 1983 ist er Gewerkschaftssekretär, danach bis 1998 Geschäftsführer und Bevollmächtigter. Letzteres noch bis 2007, allerdings nur als Teilzeitjob, denn 1998 ruft der Bundestag. Par allel läuft nämlich die Ochsentour in der SPD: 1969 Eintritt, 1975 Vizevorsitz im Ortsverein Rietberg, von 2000 bis 2005 Vizechef und von Juli 2005 bis Juni 2006 Chef des Kreisverbandes Gütersloh sowie im Vorstand der SPD Region Ostwestfalen-Lippe. Im Bundestag ist er von 2001 bis 2002 sozialpolitischer, von 2002 bis 2005 wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischer und von 2005 bis 2007 arbeits- und sozialpolitischer Fraktionssprecher, außerdem von 2001 bis Januar 2008 im Fraktionsvorstand. Im November 2007 dann der verdiente Lohn: der Posten als Parlamentarischer Staatssekretär.
    Brandner ist ein Paradebeispiel für das Verhältnis von SPD und Gewerkschaften. Er vertritt nicht etwa die Arbeitnehmerinteressen in Partei und Parlament, sondern kämpft im Rahmen seiner Möglichkeiten für den prinzipienlosen Schulterschluss: Für ein Stillhalten der IG Metall gegenüber dem marktradikalen rot-grünen und später schwarz-roten Regierungskurseinschließlich Agenda 2010 und Hartz IV, den er im Parlament als 150-prozentiger Gehilfe der jeweiligen Parteiführung blind unterstützt, im Einzelfall sogar im Widerspruch zur Gewerkschaft. So stimmt er im März 2007 für die vom DGB verbal bekämpfte Rente mit 67 Jahren ebenso wie für die mittlerweile unzähligen globalen Bundeswehreinsätze Marke »Vaterlandsverteidigung am Hindukusch«. Andererseits unterstützt er den damaligen Parteichef Kurt Beck im Herbst 2007 bei dessen Krittelei an den skandalösen Bedingungen für Leiharbeiter. Als Beck abgesägt ist und Steinmeier sich erfolgreich als Kanzlerkandidat aufgedrängt hat, lobt er die Nominierung auf seiner Internetseite als »richtig und gut«. Solche Männer braucht vielleicht nicht das Land, aber die Parteiführung allemal.
    Riesenärger mit der Gewerkschaft bringt Brandner allerdings seine Zustimmung zur Rente ab 67 im Bundestag ein. So wirft ihm die Delegiertenversammlung der IG Metall Saarbrücken im März 2007 vor: »Dieser Abgeordnete,

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