Die Dilettanten
erzeugte in den Umfragen eine »Oettinger-Delle« (
Handelsblatt
), mit Schwulenhass braucht man seit einem CDUBürgermeister Ole von Beust erst gar nicht mehr zu kommen, und durch Polizeistaat-Propaganda dürfte die Union in der »Mitte der Gesellschaft« mehr verlieren, als sie am rechten Rand gewinnt.
Fritz Rudolf Körper (SPD), Theologe, Fraktionsvize
Der Bonsai-Schily: Mehr order als law
Fritz Rudolf Körper, geboren am 14. November 1954 in Rehborn, ist ein gottesfürchtiger Bush-Krieger.
Seit 1973 ist er in der SPD, ab 1979 im Landtag Rheinland-Pfalz, seit 1982 evangelischer Berufstheologe, ab 1990 im Bundestag, ab 1994 innenpolitischer Fraktionssprecher, ab 1998 Parlamentarischer Innenstaatssekretär unter Otto Schily, ab 2005 Fraktionsvize für Innen- und Rechtspolitik.
Wer ist das: Null Ausbildung in Politik oder Jura, dafür aber streng gottesfürchtig und in vorderster Front in Sachen »Innere Sicherheit«? Wer jetzt an George W. Bush denkt, liegt gar nicht so verkehrt. »Fritz Rudolf Körpers Rückgrat ist sein Glaube«, schreibt die Bundestagspostille
Das Parlament
. »Schon als 13-Jähriger beginnt er sich in der evangelischen Jugendarbeit im heimatlichen Rehborn zu engagieren … Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ist er maßgeblich an der Ausarbeitung eines Sicherheitspakets beteiligt.« 224
Es muss kaum betont werden, dass Herrn Körper vom christlichen Menschenbild etwa der »Herz-Jesu-Marxisten« Norbert Blüm oder Heiner Geißler ein Universum trennt, von dem der »Gotteskrieger« Bush und Schäuble aber kaum ein Blatt Altes Testament. Dass er momentan weit weniger gefährlich ist, liegt offenbar an seinen Fähigkeiten. »Körper ist ein Totalausfall«, heißt es Ende 2007 laut
taz
in der Fraktionsspitze.
Aber der Wille ist da: Körper kämpft für sämtliche von Schäuble durchs Parlament gepeitschten und dann vom Bundesverfassungsgericht kassierten Gesetze zum Abbau des Rechtsstaats. Selbst als Schäuble das Abstimmungsverfahren im Bundesrat ändern will, ist Körper zum Ärger der eigenen Genossen mit von der Partie.
Schon im März 2004 steht Körper fest an der Seite von Otto Schily bei dessen Verteidigung von Guantánamo, schließlich säße dort eine nicht resozialisierbare »Bande von Verbrechern«, was wiederum zu einer scharfen Kritik von
Amnesty International
führt.
Im März 2006 versucht er folgerichtig, den von der Opposition angestrebten Untersuchungsausschuss zur Rolle der Geheimdienste im sogenannten Anti-Terror-Krieg zu verhindern. Ein solches Gremium sei nicht im Sicherheitsinteresse Deutschlands.
Im Juli 2007 ist für ihn sogar bei Jugendlichen »der Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor gefährlichen Gewalttätern vorrangig und rechtfertigt den Freiheitsentzug über die schuldangemessene Strafe hinaus allein aus Gründen der Präven tion«. 225
Guido Westerwelle meint dazu, nicht die parlamentarische Kontrolle von Regierung und Geheimdienst gefährde die Sicherheit, sondern die Vertuschung der Vorwürfe. »Auch in Zeiten der Terrorismusbekämpfung sollten wir den Rechtsstaat und unsere Verfassung als unbestrittenen Kompass beachten.« 226
Nun können die deutsche Demokratie und sogar der Bundestag einen vielleicht bibeltreuen, aber juristisch unbeleckten Schily-Schüler ohne weiteres verkraften – irgendwo zwischen Hinterbank und Getränkeautomaten. Wenn die SPD-Fraktion einer solchen pastoralen Lichtgestalt aber die Rechtspolitik anvertraut, so scheint dahinter die Idee des »Anti-Schäuble«(
taz
) zu stecken, also bei der Bundestagswahl die Stimmen des klerikalrechten Sumpfes nicht kampflos der Union zu überlassen.
9. Unkündbare – Gekommen, um zu bleiben
Keiner weiß mehr so recht, woher sie kamen, was sie in der Spitzenpolitik überhaupt zu suchen haben und wie lange sie noch zu bleiben gedenken. Vielleicht sind sie angeleimt an ihren Sesseln, die wiederum fest im Fußboden verschraubt sind. Vielleicht steht »unkündbar« in ihrer Ernennungsurkunde, vielleicht wurde ihnen im Testament der alten Regierung ein lebenslanges Amt garantiert. Da denkt man natürlich zuerst an Ulla Schmidt und Brigitte Zypries, die allerdings im Kapitel
Komplett inkompetent
noch besser aufgehoben scheinen. Aber es gibt noch mehr, die schon immer da waren und wohl immer da sein werden.
Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), Lehrerin, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Die leibhaftige Symbolpolitik
Heidemarie Wieczorek-Zeul, geboren
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