Die Dilettanten
richte damit »schwerwiegenden Schaden an«.
Der Grüne Winfried Nachtweih empfindet Jungs Äußerungen bei schwierigen Entscheidungen »immer wieder irritierend und wenig vertrauensbildend« und vermisst »die notwendige Genauigkeit und das politische Gespür«.
Die FDP-Wehrexpertin Elke Hoff nennt ihn »eine Belastung für die Bundesregierung, nicht lernfähig und instinktlos«.
Die Generäle vermissen Jungs »Stallgeruch«. 237
Und nicht nur den: Im Januar 2008 kommen interne Stellungnahmen des Heeres zu dem Schluss, für die Beteiligung der Bundeswehr an der schnellen Isaf-Eingreiftruppe im Norden Afghanistans seien deutschen Soldaten unzureichend ausgerüstet.
Entgegen allen Meldungen von einer dramatischen Zuspitzung der Kämpfe und der »Sicherheitslage« behauptet Jung am 9. Oktober 2008 in
Panorama
, ihm sei »bestätigt worden, dass 90 Prozent der Bevölkerung bereits an unserer Seite stehen«. Ein besonders peinliches Theater veranstaltet er mit seinerWeigerung, den Krieg »Krieg« zu nennen und folglich die gefallenen Soldaten als »Gefallene« zu bezeichnen. Bis Oktober 2008 lautet die Sprachregelung »ums Leben gekommen« oder »aus dem Leben gerissen«. Am 24. Oktober 2008 benutzt er auf der Trauerfeier für zwei Soldaten erstmals das Tabuwort »gefallen«.
Und so »dilettiert Jung auf einem der härtesten Posten, den dieses Kabinett zu vergeben hat« 238 – und wenn er nicht zurückgetreten ist, dann dilettiert er noch heute.
Brigitte Zypries (SPD), Juristin, Bundesministerin der Justiz
Brigitte – allein im Paragraphenwald
Brigitte Zypries, geboren am 16. November 1953 in Kassel, ist die richtige Frau am falschen Platz.
Sofort nach dem zweiten Jurastaatsexamen 1980 arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni Gießen, ab 1985 als Referentin in der Staatskanzlei Hessen unter Ministerpräsident Holger Börner, von 1988 bis 1990 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bundesverfassungsgericht. Seit 1991 ist ihre Karriere mit der von Gerhard Schröder eng verknüpft. »Ihm verdanke ich meine Karriere«, gibt sie später unverblümt zu: In seiner niedersächsischen Staatskanzlei wird sie Referatsleiterin, 1995 Abteilungsleiterin, 1997 Staatssekretärin für Frauen, Arbeit und Soziales, 1998 Staatssekretärin im Bundesinnenministerium und 2002 Schröders Justizministerin. 2005 muss der Förderer gehen, Zypries bleibt.
Doch kein Karrieregeschenk ohne Gegenleistung: Im Sommer 2002 organisiert sie die Hilfe für die Opfer des Elbehochwassers, und zwar als Wahlkampf: »Es geht um Schröder und um dessen Widerwahl.« Zypries rackert sich ab, und sollte SchrödersWiederwahl scheitern, so liegt das »nicht am mangelnden Einsatz von Schröders Deichgräfin«, wie
Welt
-Autorin Cornelia Wolber zwei Monate Wochen vor der Wahl schreibt. 239 Aber es klappt, und sogar das
Handelsblatt
lobt Zypries' entscheidende Hilfe für die Selbstinszenierung des Kanzlers als Krisenmanager und damit für den Wahlsieg.
Im Hinblick auf ihren neuen Job spottet die Wirtschaftszeitung allerdings, »dass sie sich effektiv in unbekannte Sachgebiete einarbeiten kann – eine gute Voraussetzung für ein Ministeramt«, zumal sie als »zu unpolitisch für eine Politikerin« gilt. 240
Dass eine staatlich geprüfte nicht unbedingt eine gute Juristin und erst recht nicht eine kompetente Justizministerin abgeben muss, deutet auch der Parteienforscher Hans Herbert von Arnim an. Für ihn ist Zypries »eine Frau, die aufgrund ihrer schwachen juristischen Examen keine Chance gehabt hätte, Regierungsassessorin oder Professorin zu werden, und in dieser Eigenschaft die Richter der obersten Bundesgerichte mit auswählt – wobei sie sich auch wieder den parteiinternen Patronageinteressen besonders verpflichtet fühlt«. 241
Diese Skepsis bestätigt Zypries seither im Akkord: Im Oktober 2001 setzt sie die EU-Richtlinie zum Gewährleistungsrecht, die eine Ausdehnung der Garantie auf zwei Jahre vorsieht, sinnentstellend um: Eigentlich soll der Käufer zwischen Reparatur und Umtausch wählen können – kostenlos natürlich. Dank Zypries aber verlangen viele Händler beim Umtausch
Nutzungsentgelt
. Der Münchner Professor Stephan Lorenz nennt Zypries’ Werk »rechtspolitisch verfehlt«. 242 Im Juli 2004 will sie per Gesetz den Schutz der Journalisten, Ärzte und Anwälte vor Lauschangriffen aufheben. Prompt urteilt Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), die wegen des Lauschangriffs 1996 als Justizministerin
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