Die Dilettanten
der SPD-Linken wird sich niemand Oskar Lafontaine anschließen.« 245
Dies schreit geradezu nach einer handfesten Anerkennung. »Der nächste freie Staatssekretärsposten ist deiner«, mag ihm Schröder signalisiert haben. Mit der Wahl ist der Agendakanzler zwar weg – aber Müller erhält die Belohnung trotzdem. Und er weiß, was sich gehört: Im Vorfeld des Wahlkampfes 2009 versucht er jede Diskussion über die Agenda 2010 im Keim zu ersticken. So verdreht er im Oktober 2007 in einem gemeinsamen Papier von »Linken« und Vertretern des marktradikalen Seeheimer Kreises Ursache und Wirkung bei Agenda 2010 und Zukunftsangst der Bürger dahingehend, Schröders Sozialabbauhabe »den Selbstbetrug beendet, wir lebten noch in gesicherten Verhältnissen«. 246
Am 8. September 2008 erklärt er parteiinterne Forderungen nach Rücknahme der Agenda für »Quatsch« und mutmaßt: »Manche sehnen sich nach Opposition.« 247
Und wenige Tage später verrät auch sein Abstimmungsverhalten im Bundestag ein originelles Verständnis von linker Politik: Er ist gegen die Rückkehr zur alten Pendlerpauschale, für die Fortsetzung des Darfur-Einsatzes der Bundeswehr, und zur Verlängerung des Libanon-Einsatzes hat er keine Meinung.
Peter Hintze (CDU), Pastor, Parlamentarischer Staatssekretär für Wirtschaft und Technologie
Mit Gott gegen die Roten Socken
Peter Hintze, geboren am 25. April 1950 in Bad Honnef, ist ein gottesfürchtiger Diener im Kreuzzug gegen
Das Böse
.
Von 1980 bis 1983 ist er Pastor, von 1983 bis 1990 Bundesbeauftragter für den Zivildienst, seit 1990 im Bundestag, ab 1991 Parlamentarischer Staatssekretär für Frauen und Jugend, von 1992 bis 1998 CDU-Generalsekretär, ab 2002 europapolitischer Fraktionssprecher und Vizepräsident der Europäischen Volkspartei (EVP), seit November 2005 Parlamentarischer Staatssekretär für Wirtschaft und Technologie, seit Februar 2007 außerdem Koordinator der Bundesregierung für die Luft- und Raumfahrt.
Leider wurde Pastor Hintze nie gefragt, ob er wie sein Glaubensbruder George W. Bush das Alter der Erde auf 6000 Jahre schätzt, seine Anweisungen zum Kreuzzug gegen den Weltbolschewisten ebenfalls von Gott persönlich im Traum erhält und sich als Koordinator der Bundesregierung für die Luft- undRaumfahrt vom Gedenken an Christi Himmelfahrt leiten lässt. Und da sich in seinem Lebenslauf nicht der leiseste Hinweis auf irgendeine Art irdischer Wirtschaftskompetenz findet, ist nicht ausgeschlossen, dass er fehlendes Fachwissen durch seinen Glauben ersetzt. Letzteres kann nichts schaden, da sein ehemaliger Chef Michael Glos als Müllermeister ebenfalls recht ahnungslos wirkte. Und da wir momentan Wirtschaftskrise haben, heißt es ja wirklich: »Da hilft nur noch beten.«
Jedenfalls gilt der Stromberg der Politszene über alle Parteigrenzen hinweg als seltsamer Zeitgenosse, zumindest als treuer Gehilfe. So findet
FAZ
-Autor Eckart Lohse, Hintze stehe »mit großer Kontinuität in der zweiten Reihe. Er ist der Typ Politiker, der in dienender Funktion einem anderen gegenüber auftritt. Die Begriffe Sekretär und Stellvertreter tauchen unentwegt in seiner Vita auf.« 248
Als CDU-Generalsekretär zum Beispiel stellt er im Wahlkampf 1994 mit der legendären »Rote-Socken-Kampagne« die damalige PDS als größte Bedrohung des freien Westens dar und verhilft ihr damit in den Bundestag. Mitte 2004 dagegen boxt er unter CDU-Chefin Angela Merkel parteipolitische Interessen in Europa durch: Kanzler Schröder will den belgischen Liberalen Verhofstadt als neuen Präsidenten der EU-Kommission, was Merkel und Hintze gemeinsam vereiteln.
Möglicherweise aber will die Kanzlerin ihn auch nur raus aus Deutschland haben und, wie nicht nur die
FAZ
vermutet, als Nachfolger des scheidenden EU-Industriekommissars Günter Verheugen durchsetzen.
Karl-Josef Wasserhövel (SPD), Geschichtsmagister, Bundesgeschäftsführer
Müntes Muttersöhnchen
Karl-Josef Wasserhövel, geboren am 17. August 1962 in Aachen, gehört zu Franz Müntefering »wie dessen weiße Packung Zigarillos«. 249
Seit 1978 ist er in der SPD, von 1987 bis 1989 im Bundesvorstand der Juso-Hochschulgruppen, seit 1991 Magister der neueren Geschichte. 1995 wird er Redenschreiber des NRWArbeitsministers Franz Müntefering, später sein persönlicher Referent und Büroleiter, als dieser Karriere als SPD-Generalsekretär, Verkehrsminister und SPD-Fraktionschef im Bundestag macht. 2002 organisiert Wasserhövel den Online-Wahlkampf der
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