Die Dilettanten
mit nur zwei Gegenstimmen fordert, gehört eine davon der Lehrerin Caspers-Merk.
Aber kann man ihr bei so viel demonstrativer Unbelehrbarkeit und Unwissenheit wirklich böse sein? Bei
Hart, aber fair
am 15. Oktober 2008 wirkt die gemütliche Dame einfach putzig, wie sie so über die vielen gemeinen Gesundheitslobbyisten schimpft – so wie das Dienstmädchen, das ein paar Fetzen vom Gespräch der Herrschaft aufgeschnappt hat, oder wie die fidele Kneipenwirtin, deren einzige Informationsquelle eben
Hart, aber fair
ist.
Und auch als sie kurz vor Beginn des Hamburger Parteitags im Oktober 2007 ein Papier zur Verteidigung und sogar Weiterentwicklung der Agenda 2010 mit unterzeichnet, fühlen sich gehässige Zeitgenossen an jene naiven Bürger erinnert, die Bankzertifikate zeichnen, ohne auch nur im mindesten zuahnen, worum es überhaupt geht. Nun könnte man natürlich rhetorisch fragen, ob es nicht Dutzende – oder gar Millionen Bürger gibt, die mit der gleichen Nullkompetenz dieses Amt ebenso ausfüllen und dafür die fürstliche Entlohnung einstreichen würden. Andererseits sollte man sich freuen, dass Caspers-Merk – wie der Berliner sagt – »runter von der Straße« ist.
Ulrich Kasparick (SPD) Diplomtheologe, Parlamentarischer Staatssekretär für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ein gottesfürchtiger neoliberaler Krieger?
Ulrich Kasparick, geboren am 25. Oktober 1957 in Dahme/Mark, ist bei Tiefensee richtig, weil da nur noch beten hilft.
Seit 1983 ist er Diplomtheologe und bis 1989 Jugendpfarrer in Jena, ab 1989 im ostdeutschen SPD-Vorläufer SDP, ab 1991 Vizechef des SPD-Landesbüros Brandenburg, von 1992 bis 1998 Chef des Landesbüros Sachsen-Anhalt der Friedrich-Ebert-Stiftung, seit 1998 im Bundestag, von Juli 2004 bis November 2005 Parlamentarischer Staatssekretär für Bildung und Forschung, seit November 2005 für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.
»Kein Pionier, keine FDJ-Mitgliedschaft; bis 1989 parteilos und Wahlverweigerer«, betont er in seinem Bundestagslebenslauf – wohl als Abgrenzung zu Ossis wie Angela Merkel.
Aber gegen die DDR-Diktatur waren auch Ronald Reagan und
Bild
, daher sagt das über Kasparicks Politikverständnis nicht viel aus. Denn ob Darfur oder Kosovo, Libanon oder Afghanistan: wann immer es im Bundestag um Kriegseinsätze geht, ist Kasparicks Ja-Stimme mit dabei, ebenso bei der Erhöhung der eignen Diäten und der Mehrwertsteuer oder bei der Vorratsdatenspeicherung, wohingegen er den Mindestlohn im Plenum ablehnt.
Nun könnte man den Pfarrer Kasparick als lebenden Beweis für die Überflüssigkeit der parlamentarischen Staatssekretäre werten oder ihn gleich in die Rubik »Politiker, die die Welt nicht braucht« einordnen. Allerdings ist gerade in einer Behörde wie der des Skandalministers Wolfgang Tiefensee, jener Trotzburg von Lobbyismus und Inkompetenz, weder ein Selbstdarsteller noch ein echter Fachmann gefragt. Ob Kasparick etwas zu den hohen Spritpreisen sagt, oder in Dahme eine Wurst platzt … und an seinen Diäten und Altersbezügen wird unser Staat auch nicht pleitegehen. Fest steht: Wer im Ministerium eine ruhige Kugel schiebt, kann nicht gleichzeitig von der Kanzel neoliberalen Kreuzzugsmüll als Gottes Wort verkaufen.
Annette Schavan (CDU), Philosophin, Bundesministerin für Bildung und Forschung
Zwei Herzen, ach, in ihrer Brust
Annette Schavan, geboren am 10. Juni 1955 in Jüchen bei Neuss, verkörpert den Widerspruch zwischen Marktwirtschaft und Christentum innerhalb der Union.
Nach dem Studium von katholischer Theologie, Erziehungswissenschaft und Philosophie und der Promotion zur Dr. phil. ist sie ab 1980 Referentin der Bischöflichen Studienförderung
Cusanuswerk
, ab 1984 Abteilungsleiterin Außerschulische Bildung im Bistum Aachen, ab 1987 Geschäftsführerin der Frauen-Union der CDU, ab 1988
Cusanus
-Leiterin, von 1994 bis 2005 Vizepräsidentin des ZK der deutschen Katholiken, ab 1995 Ministerin für Kultus, Jugend und Sport in Baden-Württemberg, außerdem ab 1996 im Landesvorstand und ab 1998 Bundesvize der CDU, ab 2001 im Landtag. Ende 2004 scheitert ihr Versuch, Erwin Teufel als Ministerpräsidenten und CDU-Chef Baden-Württembergs zu beerben, an mageren 39,4 Prozent in einerMitgliederbefragung, und so ist sie seit 2005 im Bundestag und Ministerin.
Schon 1998, also lange vor dem 11. September 2001, profiliert sich die gottesfürchtige Laienkatholikin als abendländische Kreuz züglerin: Als Landesministerin verbietet sie
Weitere Kostenlose Bücher