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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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nickte. »Ah, dann bist du die nächtliche Freude des Herrn Legaten, der vermutlich oben in seinem Gemach noch immer den Schlaf des Gerechten genießt und seinen Rausch ausklingen lässt.«
    Ein Kichern stieg in ihrer Kehle auf. »Ja, so könnte man das ausdrücken.«
    »Du kommst also aus dem Frauenhaus am Judenfriedhof?«, forschte der Fremde weiter.
    Elisabeth errötete, nickte aber. »Ja, und ich bekomme noch zwei Schillinge. So war es vereinbart. Ihr könnt den Legaten gerne selbst fragen, ob er mit meinen Diensten zufrieden war.« Etwas trotzig schob sie das Kinn vor.
    Der Besucher hob abwehrend die Hände. »Der Himmel bewahre mich davor, mit einem päpstlichen Legaten über dessen nächtliche Sünden sprechen zu müssen. Ich glaube dir und muss dich bitten, meine Neugier zu befriedigen. Warst du schon öfter hier im Haus des Dompropstes oder bei einem der anderen Chorherren?«
    Des Dompropstes? Dann hatte also der Propst persönlich sie holen lassen?
    Elisabeth schüttelte den Kopf. »Nein, und ich glaube auch keine der anderen Frauen. Die Meisterin wirkte über den Besuch des Sekretärs sehr überrascht.«
    Der Besucher nickte. Unentschlossen schweifte sein Blick über die junge Frau und dann zum gedeckten Tisch hinüber.
    »Vielleicht sollte ich jetzt gehen und später noch einmal wiederkommen«, schlug Elisabeth vor. »Ihr wisst nicht zufällig, wann der Sekretär wieder hier anzutreffen sein wird?«
    Der Herr schüttelte den Kopf. »Nein, aber wenn du noch ein wenig warten willst, dann kannst du dich mit mir hier an den Tisch setzen und derweil etwas essen.«
    Elisabeth schrak zurück. »Ihr macht Euch über mich lustig. Das schickt sich ganz und gar nicht!«
    Er seufzte. »Nein, da hast du sicher recht, dennoch frage ich mich, welche Sünde in den Augen des Herrn wohl schwerer wiegt. Die, zu dessen Zweck du in dieses Haus gekommen bist, oder meine, wenn ich dich hier an meinem Frühmahl teilnehmen lasse? Ich setze große Hoffnung darauf, dass mir die meine verziehen wird, also setz dich hierher, und greif zu. Du hast doch Hunger, nicht wahr?«
    Das konnte Elisabeth nicht bestreiten. Sie rutschte auf den gepolsterten Stuhl und ließ sich vorsichtig auf der Kante nieder. Nach kurzem Zögern nahm sie sich eine der kleineren Würste und brach sich ein Stück Brot ab.
    »Nur nicht so schüchtern. Hier, probier die Pastete. Und diese Süßspeise wird dir sicher auch schmecken. Ich bin übrigens Domherr Hans von Grumbach.«
    Er legte ihr auch noch ein Stück Braten auf den Teller und schenkte ihr Wein ein.
    »Ich habe keine Ahnung, wo sich die Diener des Propstes wieder herumtreiben, aber in diesem Fall ist es vielleicht ganz gut so. Da kannst du mir ganz in Ruhe über dich erzählen.«
    Ihr Herz schlug ganz unangemessen rasch. Es sprang sogar in unregelmäßigem Rhythmus und klopfte ihr im Hals, der sich seltsam eng anfühlte. Was wollte ein Domherr von einer Dirne hören?
    »Da gibt es nichts Interessantes zu berichten«, wehrte sie ab.
    »Mich interessiert es aber, wie das Leben jenseits unserer aufstrebenden Kirchenmauern und Herrenhöfe dort draußen in der Vorstadt aussieht. Wie bist du dorthin geraten? Woher kommst du? Nun zier dich nicht so. Ich verspreche dir auch, dir die Schillinge zu geben, wenn der Schreiber bis zum Ende deines Mahls noch nicht aufgetaucht ist.«
    Elisabeth ließ sich noch ein wenig Wein nachschenken und sprach dann von den Tagen und Nächten im Frauenhaus, wobei sie sich redlich mühte, den Domherrn nicht mit unschönen Details zu schockieren. Als ihr Teller geleert war, schob sie ihn weg und erhob sich.
    »Jetzt muss ich aber wirklich gehen.«
    »Wenn du meinst.« Domherr von Grumbach begleitete sie bis zur Haustür und reichte ihr dann die versprochenen Schillinge.
    »Hast du vor, länger im Frauenhaus... äh... zu arbeiten?«
    Sie sah ihn erstaunt an. »Ja, was bleibt mir anderes übrig?«
    »Nun ja, darüber lohnt es sich nachzudenken. Ich wohne übrigens in dem linken Hof zwischen Dom und Katzenwicker. Es ist nicht zu verfehlen. Nur falls... ja, falls du meinst, dass die Situation es erfordert, dann kannst du nach mir fragen.« Er hob die Hand und strich über das Medaillon um ihren Hals. »Sehr hübsch!«
    Sie sah ihn überrascht an. Was konnte er mit diesen Worten meinen? Warum nannte er ihr sein Haus? Sie knickste noch einmal und ging dann davon. Vielleicht war er doch nicht so keusch, wie sie bei seinem ersten Anblick gedacht hatte. War es eine versteckte Aufforderung

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