Die Dirne und der Bischof
vom Rat vorgeschlagen werden, sollte aber in Zukunft nicht mehr an den Ratssitzungen teilnehmen. Dafür war der Rat bereit, die Gefangenen gegen einen Urfehdeeid aus dem Turm zu entlassen.
Gret bezweifelte, dass man sich dieses Mal auf das Wort des Bischofs würde verlassen können. Elisabeth dagegen hoffte, der Streit würde endlich beigelegt werden.
»Wir werden sehen, was passiert, wenn die Gefangenen heute Abend entlassen werden!«
Nicht nur die Frauen der Eselswirtin warteten gespannt auf den Abzug der Besatzung der Neuenburg und auf den Boten, der die Schlüssel der Stadt bringen sollte, doch nichts geschah. Stattdessen erschienen Briefe des Bischofs bei den Viertelmeistern der Stadt, in denen er beteuerte, im Recht zu sein, und die Bürger an ihre Pflichten und Treueschwüre, die sie ihm geleistet hatten, gemahnte. Es wurde mehr als deutlich, dass er - nun, da die drei Gefangenen frei und in Sicherheit waren gar nicht daran dachte, die zugesicherten Punkte des Vertrags zu erfüllen.
Die Bürger schäumten vor Wut, und wie so oft waren es die Häcker, die sich als Erste bewaffneten. Die jungen Handwerkersöhne und Gesellen folgten ihnen. Bald mischten sich auch die Kaufleute, Wirte und Meister unter sie, und auch einige Mägde griffen nach etwas, das man als Waffe benutzen konnte. Dieses Mal versuchten die Ratsherren und Viertelmeister nicht, die Menge zur Besonnenheit aufzufordern. Wenn sie die Burg in ihre Hand bekommen wollten, dann mussten sie jetzt handeln! Dass der Bischof den Vertrag doch noch erfüllen und die Neuenburg den Bürgern kampflos übergeben würde, daran glaubte niemand mehr.
Gret hielt einen langen Spieß in der einen, ein Messer in der anderen Hand. Die Kampfeslust stand ihr ins Gesicht geschrieben.
»Macht ihr nun mit oder nicht?«, wollte sie wissen. Die Frauen blickten einander unbehaglich an.
»Ich will auch kämpfen«, sagte Anna und erntete von Gret ein Lächeln.
»Gut, ich weiß, wo wir eine Waffe für dich herbekommen. - Und ihr anderen? Versteht ihr denn nicht, wie wichtig das ist? Noch haben sie erst ein paar leichte Kanonen auf der Burg, und die Befestigung ist noch nicht beendet. Es gibt Schwachstellen in der Mauer, durch die man eine Bresche schlagen könnte. Wenn wir sieden Bau zu Ende bringen lassen, dann können wir mit unseren Spießen und Äxten nichts mehr ausrichten. - Vor allem, solange der Hauptmann der Neuenburg die Schlüssel zu den anderen Stadttürmen in Verwahrung hat, auf der unsere Büchsen stehen!«
Sie kennt sich gut aus und hat einen klaren Verstand, dachte Elisabeth. Und sie weiß, wie man Menschen überzeugt und begeistert. Nun stellten sich auch Jeanne und Mara an ihre Seite. Jeanne reckte die Faust in die Luft.
»Wir siegen oder wir sterben ehrenvoll auf dem Schlachtfeld!«
Was für heroische Worte! Sie wurden häufig vor einer Schlacht gesprochen, und dann kam das große Sterben, und es war nichts Ehrenvolles dabei! Nur Elend, Gestank, Blut und Verzweiflung. Und diese Schreie, die man niemals wieder vergessen konnte. Hatte eine der Frauen schon einmal eine Schlacht erlebt? Hatten sie eine Ahnung, wovon sie sprachen? Elisabeth starrte Gret an, die den Blick erwiderte.
»Du willst uns nicht folgen?«, wollte Gret wissen.
»Was wird die Meisterin dazu sagen?«, gab Elisabeth zurück. Etwas anderes konnte und wollte sie nicht einwenden.
»Dass das eine gute Rede war, Gret«, erklang Elses Stimme von der Tür her. Zu Elisabeths Erstaunen trug die Meisterin ein altes Kettenhemd über einem gefütterten Wams und brachte gleich drei Spieße und eine Pike mit.
»Es gibt Zeiten, in denen man Ruhe und Frieden bewahren sollte. Aber es gibt auch Zeiten, da man sich entscheiden muss, was wichtig ist - so wichtig, dass man bereit ist, auch seine eigene Haut zu Markte zu tragen!« Sie reichte Jeanne, Mara und Anna je einen Spieß.
»Ich kann es nicht glauben«, schimpfte Marthe. »Sind denn jetzt alle übergeschnappt? Überlasst das lieber den Männern, die zu kämpfen gelernt haben. Was könnt ihr schon ausrichten? Vor den Mauern zornig herumschreien und mit euren Spießen winken? Wollt ihr wirklich dort rausgehen, um den Armbrustbolzen und Kanonenkugeln ein einfaches Ziel zu bieten? Denn das werdet ihr sein. Ihr spielt keine Rolle bei der Entscheidung, ob die Bürger siegen oder die Männer des Bischofs. Ihr werdet nur dazu beitragen, die Zahl der Opfer zu vergrößern, wenn es zum Blutvergießen kommt!«
Elisabeth sah Marthe erstaunt an. Es kam
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