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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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verkaufen. Zweimal hatten die Scharwächter die Domgasse bereits gekreuzt, doch keiner war gekommen, um sie zu verjagen. Elisabeth hatte ein Stück Brot und einen Apfel gegessen. Den Rest wollte sie sich für den nächsten Tag aufheben, von dem sie nicht wusste, was er ihr bringen würde. Die Decke des Ratsherrn um die Schultern gelegt, saß sie auf den Stufen und wartete. Worauf? Sie wusste es nicht. Auf den Morgen oder darauf, dass irgendetwas geschehen möge. Ein paarmal versuchte sie zu beten, wusste aber nicht so recht, an wen sie sich mit ihrem Anliegen wenden sollte. Und was war überhaupt ihr Anliegen? Schließlich bat sie die Muttergottes, dass alles gut werden möge.
    Die Turmuhr schlug Mitternacht. Schritte näherten sich. Nun hatten die Scharwächter sie also entdeckt und würden sie verjagen. Oder in eine Zelle stecken? Vielleicht würde sie dort ja schlafen können. Inzwischen wäre ihr sogar der Turm willkommen.
    Elisabeth sah nicht auf, als die Beine und Schuhe in ihr Blickfeld kamen. Der Mann blieb kurz vor ihr stehen und setzte sich dann neben sie.
    »Willst du mir nicht verraten, was du hier machst?«, fragte Meister Thürner mit beiläufiger Stimme, als wäre es nichts Besonderes, sie hier mitten in der Nacht auf diese Weise anzutreffen.
    »Hat die Meisterin es Euch nicht gesagt? Sie hat mich davongejagt - nein, freigelassen! Ich weiß nicht, ob es einen Unterschied gibt.«
    »Aha, wie ungewöhnlich«, sagte der Henker und ließ sich die Geschichte berichten, doch auch er konnte sich keinen Reim darauf machen.
    »Und wie geht es nun weiter?«, fragte Meister Thürner. »Auf den Domstufen wirst du nicht wohnen können.«
    Er erntete nur ein schwaches Lächeln. »Sagt Ihr es mir. Ich weiß mir keinen Rat. Die Meisterin hat gesagt, ich solle Würzburg verlassen und weit, weit weggehen, doch die einsame Landstraße schreckt mich.«
    Der Henker stieß einen ärgerlichen Laut aus. »Das sollte sie auch. Das ist kein Ort für dich. Ich werde mit Else reden. Das ist sonst gar nicht ihre Art. Mich würde interessieren, was da in sie gefahren ist.«
    »Ja, fragt sie. Es ist alles so seltsam. Ich weiß gar nicht, worauf ich hoffen soll. Habe ich mir nicht immer gewünscht, den Fesseln des Frauenhauses zu entfliehen? Und nun ist alles viel schlimmer, und ich sollte mir wünschen, dorthin zurückkehren zu dürfen.«
    Der Henker hob die Brauen und sah sie fragend an. »Du solltest?«
    Elisabeth nickte. »Ja, und dennoch frage ich mich, ob Gott nicht noch etwas anderes mit mir und meinem Leben vorhat. Ob sein Fingerzeig die Meisterin in ihrer Entscheidung gelenkt hat.«
    Der Henker schnaubte. »Ich habe bisher noch nicht erlebt, dass Gott sich in die Belange der kleinen Leute einmischt, um ihr Los zu verbessern. Aber wenn du meinst, du wärst etwas Besonderes, dann kannst du gerne daran glauben.«
    »Was nützt mir der Glaube, wenn ich den nächsten Schritt nicht erkenne?«
    Der Henker erhob sich. »Gut, dann werde ich dir deinen nächsten Schritt sagen. Du kommst mit mir und wirst in unserer Scheune schlafen. Und ich werde morgen mit Else reden.«
    Elisabeth erhob sich steif und reckte die kalten Glieder. »Danke!«
    »Nicht der Rede wert«, wehrte der Henker ein wenig verlegen ab. »Ich kann dich nur in die Scheune lassen, und es wäre mir recht, wenn du dich ruhig verhieltest...« Er brach ab.
    »Keine Sorge«, versicherte sie ihm. »Es wird mich niemand hören oder sehen.«
    Sie ahnte, dass seine Bedenken mit seinem burschikosen Eheweib zusammenhingen, über die sie die anderen Frauen hatte spotten hören. Elisabeth konnte sich vorstellen, dass selbst die Frau des städtischen Henkers es nicht gerne sah, wenn der Gatte eine Dirne mit nach Hause brachte - aus welchen Gründen auch immer.
    So verbrachte sie den Rest der Nacht auf einem Strohsack in der Scheune des Henkers. Zwei gefleckte Katzen und ein kleiner, struppiger Hund leisteten ihr Gesellschaft, wohl in der Hoffnung, ein Stück der Wurst zu ergattern, die Meister Thürner ihr mit einem Krug Wein und einem halben Brot hinausbrachte, ehe er sein eigenes Lager aufsuchte. Erschöpft schlief Elisabeth ein, obwohl sie im Frauenhaus oft viel später erst zur Ruhe gekommen war.
    In ihren Träumen verfolgten sie düstere Schatten. Angst lähmte ihren Schritt und fesselte sie an den Boden, der zu zähem Sumpf zu werden schien. Dann hörte sie Stimmen. Mehrere männliche Stimmen. Wortfetzen wehten zu ihr herüber. Sie erkannte seine geliebte Stimme sofort. Er

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