Die Dirne und der Bischof
Schmuck! Sag mir, wer dir diese Sachen verehrt hat. Wessen Gunst hast du gewonnen?« Sie zog Elisabeth neben sich auf die Bank und schob ihr einen Becher mit Met hin.
»Die des Bischofs«, sagte die Meisterin trocken und ließ sich neben den Frauen auf die Bank fallen. Diese stießen Rufe des Erstaunens aus.
Elisabeth hob abwehrend die Hände. »Es ist nicht so, wie ihr denkt.«
»Was sie denken, ist ohne Belang. Sag endlich, was du zu sagen hast, und dann kehre in deine Welt zurück, bevor wir Ärger bekommen.«
»Wer bekommt Ärger?«, erklang eine Stimme von der Tür her. Alle fuhren erschrocken herum. Sie hatten die Gestalt in der noch offenen Tür gar nicht bemerkt. Der Henker trat näher und betrachtete Elisabeth mit hochgezogenen Augenbrauen, sagte aber nichts.
»Niemand bekommt Ärger. Lisa hat nur beschlossen, uns einen Besuch abzustatten. Es besteht für dich also kein Grund zu bleiben.«
Der Henker zog eine Grimasse. »Meine liebe Else, wenn ich dich nicht so gut kennen würde, käme mir jetzt vielleicht nicht der Verdacht, du wolltest mich loswerden, weil du etwas zu verbergen hast.«
»Unsinn!«, sagte sie unwirsch.
»Wenn es Unsinn ist, dann hast du ja sicher nichts dagegen, dass ich mich ein wenig zu euch setze.« Er rutschte neben Gret auf die Bank und griff ungefragt nach einem Becher. Gret schenkte ihm ein.
»Nun, fahr fort, Lisa. Ich bin gespannt zu hören, was du zu sagen hast«, forderte der Henker sie auf.
Elisabeth räusperte sich. »Ich wollte euch alle fragen, ob ihr euch vorstellen könntet, das Frauenhaus und die Meisterin zu verlassen und einer ehrlichen, wenn auch manches Mal sicher harten Arbeit als Magd nachzugehen.« Else Eberlin stieß einen unterdrückten Schrei aus, der Henker verschluckte sich an seinem sauren Wein und hustete. Die anderen starrten Elisabeth nur an, als habe sie einen schlechten Scherz gemacht.
»Ach, du meinst, wir sollen die neue Dame bedienen, ihr die Kleider säubern und die Asche aus dem Ofen kehren?«, fragte Marthe mit Abscheu in der Stimme.
»Das ist eine Möglichkeit, aber nicht die einzige. Es gibt viel Arbeit auf einer Burg - auf der Bischofsfestung ›Unser Frauenberg‹.«
Die anderen sahen sie voll Staunen an. Gret stieß einen Pfiff aus, doch Marthe wehrte ab.
»Vielen Dank auch. Ich falle auf so etwas nicht herein.«
Jeanne dagegen strahlte und schlang die Arme um Elisabeths Taille. »Ich folge dir überall hin! Ich wasche auch nicht nur deine Kleider und säubere den Ofen. Ich mache alles, was du von mir willst!«
Elisabeth umarmte sie gerührt, während Marthe verächtlich schnaubte.
»Ach ja? Und ich habe wohl kein Wort mitzureden?«, rief die Meisterin empört. Sie sprang von ihrem Schemel auf, beugte sich vor und stützte die Arme auf den Tisch. Elisabeth ließ sich nicht einschüchtern.
»Du kannst sie nicht gegen ihren Willen hierbehalten«, sagte sie in ruhigem Ton.
»Ach nein? Und was ist mit ihren Schulden, die sie bei mir haben? Wenn sie gehen, ohne mir mein Geld zurückzugeben, dann sind sie ein Fall für den Henker, nicht wahr?« Sie sah Meister Thürner an, der sich sichtlich unwohl fühlte.
»Seine Schulden muss man schon begleichen«, sagte er widerstrebend.
Die Eselswirtin warf Elisabeth einen triumphierenden Blick zu. »Da hörst du es. Du kannst nicht einfach hier eindringen und meine Frauen gegen mich aufhetzen!«
Elisabeth seufzte. »Else, ich bin nicht gekommen, um irgendjemanden gegen dich aufzubringen. Doch ich möchte den Frauen, die ein neues Leben anfangen wollen, die Möglich keit dazu bieten. Natürlich werde ich dazu ihre Schulden bei dir begleichen. Sie bekommen eine anständige Arbeit und müssen danach sehen, dass sie ihr Leben in ihre eigenen Hände nehmen.«
»Ja, das möchte ich!«, rief Jeanne und drückte Elisabeth an sich. »An deiner Seite. Auch wenn wir jetzt keine Freundinnen mehr sein können, so sind wir doch zusammen.«
»Natürlich können wir Freundinnen sein«, entrüstete sich Elisabeth und unterdrückte die Stimme, die fragte: Wirklich? Eure Welten sind nun nicht mehr dieselben.
Elisabeth ließ den Blick in die Runde schweifen. Ester schlug die Augen nieder. »Ich bin zu alt und für alle Zeiten gezeichnet. Nein, ich getraue mich nicht.«
Auch Anna und Mara lehnten ab. Marthe hatte ihre Meinung ja schon lautstark kundgetan und wollte von ihr nicht mehr abweichen.
»Und du, Gret?«
Gret sah verträumt zu den rußgeschwärzten Dachbalken hinauf. »Eine große,
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