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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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zufrieden mit ihr ist, wenn nicht, dann nur die Hälfte. Und nun beeile dich, die Herren sitzen bereits zu Tisch!«
    Else nickte huldvoll und zog Elisabeth mit in ihre Kammer. Sie riss den Deckel der Truhe auf und wühlte in den Kleidungsstücken, bis sie das Gewand fand, das ihr für diese Gelegenheit passend erschien. Sie hob einen schweren, dunkelroten Rock hoch und lächelte zufrieden. Er wäre einer reichen Ratsherrenfrau angemessen gewesen!
    »Du hast ihn gehört«, mahnte sie Elisabeth. »Er muss zufrieden sein, sonst will er nur zwei Schillinge bezahlen.«
    Die Wirtin verzichtete auf den Hinweis, dass Elisabeth an den meisten Abenden gerade einmal acht Pfennige für sie einbrachte. Sie zog ihr ungeduldig ihre Kleider aus und half ihr dann in ein bodenlanges Hemd und den roten Rock. Er lag unter dem Busen eng an und fiel dann in weiten Falten herab. Vorn war er geschlitzt, sodass bei jedem Schritt das seidige Hemd zum Vorschein kam. Mit raschen Bewegungen steckte Else ein paar von Elisabeths Locken auf. Sie kramte noch einmal in der Truhe und nahm einen weit schwingenden Tasselmantel aus dunkelblauer Wolle mit Kapuze heraus. Als sie ihn um Elisabeths Schultern legte, rutschte etwas aus seinen Falten und fiel zu Boden. Elisabeth bückte sich und hob ein schweres Medaillon an einer Goldkette hoch. Der tropfenförmige Rubin warf feurige Facetten an die Wand. Die Perlen schimmerten seidig im Licht der Lampe.
    »Es ist so wunderschön«, hauchte Elisabeth und legte das Medaillon zögernd in die vorgestreckte Handfläche der Meisterin. Einen Augenblick wog Else es zögernd in der Hand, dann trat sie zu Elisabeth und befestigte die Kette um ihren Hals. Das Medaillon blieb am bestickten Rand des Hemdes zwischen den sich wölbenden Ansätzen ihrer Brüste liegen.
    »Ja, das ist gut«, murmelte Else und betrachtete ihr Werk. »Du siehst aus wie ein Edelfräulein, also benimm dich auch so. Und wage es nicht, meinen Schmuck zu verlieren. Du würdest deines Lebens nicht mehr froh werden!«
    Elisabeth ließ die Fingerspitzen zitternd über die Goldfläche gleiten. Es war ihr, als habe ein Fieber sie befallen. Ihr ganzer Leib war plötzlich in Aufruhr. War es, weil sie in das Haus eines Domherrn gerufen wurde, oder konnte es die Angst sein, Elses Kleinod zu verlieren? Am liebsten hätte sie ihr die Kette gleich zurückgegeben.
    Andererseits schien ihr der Gedanke, das Medaillon überhaupt irgendwann weggeben zu müssen, unerträglich.
    Else packte sie am Handgelenk. »Und nun komm, ehe der Gast es sich anders überlegt.« Mit gerafften Röcken eilten sie den Trampelpfad zum Frauenhaus zurück, wo der Schreiber unruhig auf und ab ging.
    »Ah!«, sagte er und nickte wohlwollend mit dem Kopf. »Ja, das wird gehen. Der Domherr wird zufrieden sein. Mädchen, komm mit mir, und trödle nicht.« Er gab Else die ersten bei den Schillinge als Vorschuss und winkte Elisabeth, ihm zu folgen. »Ihr habt was?« Die Stimme des Mannes, der sich mit dem Gastgeber in flüsterndem Ton unterhalten hatte, wurde lauter.
    »Sch...!«, mahnte der Dompropst. »Ich sagte, ich habe ihm eine Dirne besorgt.«
    Domherr Hans von Grumbach hustete. Es hätte aber auch ein unterdrücktes Lachen sein können. »Und Ihr meint, das könnte der Sache dienlich sein? Er ist ein päpstlicher Legat!«
    Nun war es an Anthoni von Rotenhan zu schnauben. »Ja, und? Wenn er es gewohnt ist, sich wie sein Herr aufzuführen, hätte ich ihm ein Dutzend Jungfrauen und ein paar Knaben dazu besorgen müssen!«
    Domherr von Grumbach hob die Augenbrauen. Solche Reden war er aus dem Mund des Dompropstes nicht gewohnt.
    »Auch mir sind die wilden Geschichten seines Vorgängers Johannes - ich meine natürlich einen der drei Vorgänger in diesem Durcheinander von Päpsten und Gegenpäpsten - zu Ohren gekommen. Sagt man nicht, er habe bereits im ersten Jahr seines Pontifikats zweihundert verheiratete Frauen, Jungfrauen und Nonnen verführt? Von Martin V. jedoch kenne ich keine solchen Verfehlungen.«
    Anthoni von Rotenhan machte eine wegwerfende Handbewegung. »Das tut jetzt nichts zur Sache. Jedenfalls weiß ich, dass der Legat weiblicher Gesellschaft nicht abgeneigt ist.«
    »Und wo habt ihr das... äh... Wesen seines Vergnügens herbekommen, wenn ich so neugierig fragen darf?«
    »Ich habe meinen Sekretär zur Eselswirtin geschickt.«
    Der Domherr sah ihn nur stumm an.
    »Das Frauenhaus der Stadt, draußen beim Judenfriedhof«, fügte der Propst hinzu, der die Reaktion

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