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Die Donovans 2: Die Spur des Kidnappers

Die Donovans 2: Die Spur des Kidnappers

Titel: Die Donovans 2: Die Spur des Kidnappers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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die jahrhundertealte, unbezahlbare Kostbarkeit beäugte. „Es heißt, er gehörte Ninian.“
    „Wem?“
    „Ah, Sutherland, dein Wissen lässt wirklich zu wünschen übrig. Ninian war die Fee, der es gelang, Merlin seiner Kräfte zu berauben und ihn in dem Kristallkäfig gefangen zu setzen.“
    „So?“ Sie betrachtete den Spiegel genauer, fand ihn hübsch. Dann legte sie ihn ab und studierte eine große Kugel aus Rauchquarz. „Wozu benutzt du diese Dinge?“
    „Zum Vergnügen.“ Er brauchte keine Zauberspiegel und keine Kristallkugeln, um zu sehen. Er sammelte diese Dinge nur aus einem Sinn für Ästhetik und Tradition. Es amüsierte ihn, wie Mel mit zusammengekniffenen Augen und gerunzelter Stirn diese mächtigen Werkzeuge untersuchte.
    Sebastian wollte ihr etwas schenken. Er hatte die flüchtige Trauer in ihren Augen nicht vergessen, als die Sprache auf ihren Vater gekommen war und sie gesagt hatte, sie erinnere sich nicht mehr.
    „Möchtest du sehen?“
    „Was sehen?“
    „Einfach sehen“, sagte er sanft und ging zu ihr. „Komm.“ Er nahm die Kugel in eine Hand, ihre Hand in die andere und zog Mel in die Mitte des Raumes.
    „Ich glaube nicht, dass …“
    „Knie dich hin.“ Er zog sie mit sich auf den Boden. „Vergangenheit oder Zukunft? Was wählst du?“
    Sie lachte nervös und ging in die Hocke. „Solltest du jetzt nicht einen Turban tragen?“
    „Benutze deine Vorstellungskraft.“ Er berührte sacht ihre Wange. „Ich denke, Vergangenheit. Um deine Zukunft kümmerst du dich lieber selbst.“
    „Damit zumindest hast du recht, aber …“
    „Lege deine Hände um die Kugel, Mel. Es gibt nichts, wovor du Angst haben müsstest.“
    „Ich habe keine Angst.“ Sie rutschte unruhig hin und her, stieß langsam den Atem aus. „Es ist schließlich nur Glas, nicht wahr? Es ist nur komisch“, murmelte sie und berührte die Glaskugel. Sebastian legte seine Hände ebenfalls an die Kugel und lächelte Mel an.
    „Meine Tante Bryna, Morganas Mutter, schenkte mir diese Kugel zu meiner Taufe. Für mich war es so was Ähnliches wie Stützräder an einem Fahrrad, wenn man das Radfahren erst lernen muss.“
    Die Kugel lag kühl und glatt in ihren Händen, wie Wasser. „Als Kind hatte ich mal so eine Kugel. Sie war schwarz. Man musste eine Frage stellen und sie dann schütteln, und dann würde eine geschriebene Antwort erscheinen.
    Meist stand da immer nur: ‚Frage unklar. Wiederholen.‘“
    Er fand ihre Befangenheit rührend. Die Macht strömte ihm zu, erfüllte ihn, süß wie Wein, erfrischend wie eine Frühlingsbrise. Es war etwas Einfaches, das er ihr zeigen wollte.
    „Blicke hinein“, sagte er, und seine Stimme hallte fremd von den Wänden wider. „Und sehe.“
    Sie folgte seiner Aufforderung. Zuerst erkannte sie nichts anderes als eine hübsche Glaskugel, in deren Innern sich das Licht zu den Farben des Regenbogens brach. Doch dann trübte sich das Glas langsam, wurde dunkler. Schatten in Schatten, Farben, die zusammenschmolzen, Formen, die Gestalt annahmen.
    „Oh“, entfuhr es ihr, als die Kugel in ihren Händen nicht mehr kühl war, sondern warm wurde wie ein Sonnenstrahl.
    „Sehe“, sagte er noch einmal, und seine Stimme schien direkt in ihrem Kopf zu sein. „Mit deinem Herzen.“
    Da war ihre Mutter, so jung, so hübsch, auch wenn der Eyeliner viel zu dick war und der Lippenstift viel zu hell. Ihr Lachen war es, das sie trotz des Make-ups hübsch machte. Ihr blondes Haar, schulterlang, wehte im Wind.
    Sie lachte zu einem jungen Mann auf, in einer weißen Uniform, die Matrosenmütze keck in die Stirn gezogen.
    Der Mann hielt ein Kind auf dem Arm, ein Mädchen, ungefähr zwei Jahre alt, in einem rosa Rüschenkleidchen und mit schwarzen Lackschuhen.
    Das ist nicht nur irgendein Mädchen, dachte Mel. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Das bin ich. Ich bin dieses Kind.
    Im Hintergrund war ein Schiff zu sehen, ein großes graues Marineschiff.
    Eine Militärkapelle spielte einen Marsch, Menschen drängten sich auf dem Pier, umarmten einander. Mel konnte keine Worte verstehen, hörte nur das allgemeine Gemurmel.
    Sie sah, wie der Mann das kleine Mädchen lachend in die Luft warf. Und hier, in der Kammer, spürte sie das Gefühl in ihrem Magen. Und noch etwas spürte sie. Liebe und Vertrauen und Unschuld. Seine Augen strahlten gut gelaunt vor Stolz und Aufregung. Starke Hände, die sie sicher hielten. Der Hauch eines Aftershaves. Das Kichern, das in ihrer Kehle kitzelte.
    Die Bilder

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