Die Donovans 3: Das geheime Amulett
herauszulachen. „Es bedeutet nur, dass wir uns alle mögen und zusammen essen wollten.“ Sie sah aus dem Fenster, um sicherzugehen, dass Boone nicht schon wieder zurückkam. „Kocht er eigentlich immer so?“
„Er macht immer ganz schlimme Unordnung, und manchmal sagt er auch diese Wörter … du weißt schon … die man nicht sagen soll.“
„Ja, ich weiß.“
„Die sagt er dann, wenn er aufräumen muss. Und heute hatte er ganz schlechte Laune, weil Daisy sein Kissen zerrissen hat und überall Federn herumflogen. Und dann ist auch noch die Waschmaschine explodiert, und vielleicht muss er auf Geschäftsreise gehen.“
„Das ist ziemlich viel an einem Tag, was?“ Ana biss sich auf die Lippe. Sie wollte das Mädchen nicht ausfragen, aber sie war einfach neugierig. „Er muss verreisen?“
„Vielleicht. Dahin, wo sie Filme machen, weil die Leute jetzt aus einem seiner Bücher einen großen Film machen wollen.“
„Das ist ja toll.“
„Er sagt, er muss darüber nachdenken. Das sagt er immer, wenn er nicht Ja sagen will, aber schon weiß, dass er es tun wird.“
Dieses Mal strengte Ana sich nicht an, um sich das Lachen zu verbeißen. „Du kennst deinen Daddy ziemlich genau, was?“
Als die Küche aufgeräumt und sauber war, gähnte Jessie ausgiebig.
„Willst du dir mein Zimmer ansehen? Ich habe auch aufgeräumt, so wie Daddy mir gesagt hat, weil wir Besuch bekommen.“
„Aber gern.“
Keine Umzugskartons mehr, stellte Ana fest, als sie in das geräumige Wohnzimmer mit der hohen Decke und der Galerie gingen, zu der eine geschwungene Treppe hinaufführte. Die Möbel wirkten gemütlich, die farbenfroh gemusterten Polster schienen robust genug, um die Hände und Füße eines lebhaften Kindes auszuhalten.
Ein paar Zimmerpflanzen fehlen vielleicht am Fenster, überlegte Ana.
Einige Duftkerzen in Messinghaltern auf dem Kaminsims, hier und da noch ein paar bunte Kissen. Aber da waren durchaus die typischen Kleinigkeiten und Krimskrams, die ein Heim ausmachten. Familienfotos in Silberrahmen, das Ticken der alten Standuhr, ein Drachenkopf aus Messing, der neben dem Feuerbock Wache hielt, das Schaukelpferd, das eigentlich ein Einhorn war, in einer Zimmerecke.
Und wenn eine dünne Schicht Staub auf dem Treppengeländer lag, dann machte es das nur umso sympathischer in ihren Augen.
„Ich durfte mir mein Bett selbst aussuchen“, erzählte Jessie fröhlich.
„Und wenn erst mal alles ausgepackt ist, darf ich mir auch meine Tapete aussuchen. Hier schläft Daddy.“ Sie zeigte nach rechts, und Ana erhaschte einen Blick auf ein großes Bett mit einer jadegrünen Tagesdecke – keine Kissen! –, eine altmodische Kommode, an deren einer Schublade ein Griff fehlte, und vereinzelte Daunenfedern, die der Aufräumaktion entwischt waren.
„Er hat auch ein eigenes Bad, mit einer riesigen Badewanne mit Düsen und einer Dusche mit Glaswänden, aus denen Wasser von allen Seiten kommt. Ich benutze das andere Bad, das mit den zwei Waschbecken und diesem Ding, das aussieht wie eine Toilette, aber keine ist.“
„Du meinst ein Bidet.“
„Ich glaub schon. Daddy sagt, das ist etwas ganz Feines und meistens für Ladys. Das hier ist mein Zimmer.“
Es war der Traum eines jeden kleinen Mädchens, von einem Mann erfüllt, der offensichtlich verstand, dass die Kindheit viel zu kurz und sehr wertvoll war. Ganz in Pink und Weiß gehalten, stand das Bett in der Mitte, ein Zentrum, umgeben von Regalen, vollgestopft mit Puppen und Büchern und Spielzeug. Eine schneeweiße Kommode mit einem runden Spiegel und ein Kinderschreibtisch, über und über mit verschiedenfarbigem Zeichenpapier und Buntstiften bedeckt.
An der Wand hingen hübsch gerahmte Illustrationen aus Märchen.
Aschenbrödel, wie sie die Prunktreppe vor dem Schloss hinunterhastete und dabei ihren Schuh verlor. Rapunzel, die ihr goldenes Haar aus dem Turmfenster zu ihrem angebeteten Prinzen herunterließ. Die listige Elfe, eine Hauptfigur aus einem von Boones Büchern, und – Ana war völlig verblüfft – eine der preisgekrönten Illustrationen ihrer Tante. Sie konnte es kaum fassen, das Bild hier zu sehen.
„Das ist aus ‚Der goldene Ball‘“, entfuhr es ihr.
„Die Lady, die es geschrieben hat, hat es Daddy geschickt. Für mich, als ich noch ganz klein war. Außer Daddys Geschichten mag ich ihre am liebsten.“
„Ich hatte ja keine Ahnung“, murmelte Ana. So viel sie wusste, hatte ihre Tante sich nie von ihren Zeichnungen getrennt, es sei
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